Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 30.1914

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.42063#0692
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1914,12

Architektonische Rundschau

Seite VII

Zweiter Dorfkirchentag in Berlin :
Von Dipl.-Ing. Br eit fuß, Neukölln
■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■
Vor kurzem wurde in Berlin der Zweite Deutsche
Dorfkirchentag abgehalten. Der Festsaal des
Abgeordnetenhauses, in dem die Versammlung tagte,
war außerordentlich zahlreich aus den verschieden-
sten Kreisen von Stadt und Land besucht. Der Vor-
sitzende, Superintendent v. Lüpke in Auma, eröffnete
mit einer die Dorfkirchenarbeit begründenden An-
sprache die Sitzung. Den Hauptteil der Verhand-
lungen nahmen drei interessante Vorträge ein, die
sämtlich von Landpfarrern gehalten wurden. Über-
einstimmend war man der Ansicht, daß die Dorf-
kirchenarbeit mit der Heimatpflege zusammengehöre,
und daß beide nicht voneinander getrennt werden
dürfen. Die Dorfkirche müsse wieder zum Mittel-
punkte des dörflichen Lebens gemacht werden, um
dadurch die Heimatpflege in sittlich-religiösem, er-
zieherischem Sinne zu unterstützen und zu fördern.
Es ist mit besonderer Freude zu begrüßen, daß
die Geistlichen auf dem Lande sich der Heimatschutz-
bestrebungen mit Begeisterung und richtigem Ver-
ständnis annehmen. Dadurch werden diese die beste
und sicherste Förderung finden. Denn die Geistlichen
auf dem Lande zusammen mit den Lehrern sind die
berufensten Förderer aller ländlichen Kulturbestre-
bungen. Und nur mit ihrer Hilfe wird es möglich
sein, die noch vielfach vorhandenen wertvollen Schätze
heimatlicher Ideale und Kunst zu retten und zu erhalten.


Aufnahme von
L. Peters, Neukölln

Kirche in Bobbin
auf Rügen

Aufnahme von Kirche in Brands-
L. Peters, Neukölln hagen (Pommern)


Es ist aber zum vollständigen Gelingen unbedingt
nötig, was in der anschließenden Aussprache angeregt
wurde, daß die Geistlichen ohne Ausnahme in das
richtige Wesen der Denkmalpflege und in das Ver-
ständnis für die Wertschätzung und Erhaltung der
Kultur- und Kunstschätze des Dorfes richtig einge-
führt werden, damit nicht weiterhin die guten alten
Heimatwerte verloren gehen. Dieser Gedanke ver-
dient vollste Anerkennung, dessen Voraussetzung
aber ist, daß die Geistlichen und auch die Lehrer
auf dem Lande zu richtiger Geschmacksbildung und
damit zur vollen Würdigung künstlerischer Werte
geführt werden. Sobald die Kunstwerte als solche
erkannt werden, wird auch ein Eintreten für den
Fortsetzung auf Seite VIII

Bücherbesprechungen (Fortsetzung)
Stoff ist auch hier mit glücklichstem Geschick bewältigt und in
knapper Form zu lebensvoller Darstellung gebracht. Es ist wirklich
bewundernswert, wie die drei Bearbeiter ihre Anteile an dem Werk
auf den gleichen Ton zu stimmen gewußt haben, so daß das Ganze
völlig einheitlich wirkt und doch jeder Verfasser auf dem ihm
besonders vertrauten Gebiete sein Bestes zu geben vermochte.
In straffer, übersichtlicher Gliederung enthüllt sich vor uns das
gewaltige Bild der hellenistisch-römischen Kulturwelt, die in der
Forschung der letzten Jahrzehnte eine immer steigende Bedeutung
für die gesamte Menschheitsgeschichte gewonnen hat. Denn
unmittelbarer und klarer als in der klassischen Epoche' des Griechen-
tums liegen im Hellenismus, in seinem Staatswesen wie seinem
Geistesleben und vor allem in seiner Kunst heutzutage die Wurzeln
aller folgenden Entwicklung zutage. Die oft überraschenden
Parallelen zu den Erscheinungen der Jetztzeit herauszuheben, ist
eine Aufgabe, die die Verfasser sich mit Recht angelegen sein
ließen.
So verstand es sich für sie wohl auch von selbst, daß sie
ihre Darstellung bis zu Justinian und Augustin fortspannen und
die „christliche Antike“ als einen durchaus konformen Bestandteil

dem Gesamtbilde der spätrömischen Kultur eingliederten. Gerade
für den jugendlichen Leserkreis, den das Buch wohl hauptsächlich
im Auge hat — obwohl es auch jeder andere Freund des Altertums
mit Vergnügen und Nutzen zur Hand nehmen wird -—, ist es von
besonderer Wichtigkeit, daß ihm der ununterbrochene Zusammen-
hang aller Kulturentwicklung recht lebhaft zum Bewußtsein ge-
bracht wird. — Mit großer Sorgfalt sind überall die neuesten Resul-
tate der Forschung berücksichtigt, ja die erst während des Druckes
erfolgte Veröffentlichung der neuen Kallimachusfragmente ist
noch in einem Nachtrag verarbeitet worden.
Die Ausstattung des Buches mit Abbildungen ist reich und
gut; die Schärfe und Klarheit des Drucks läßt die Klischees trotz
des verhältnismäßig kleinen Maßstabes voll zur Wirkung kommen.
Nur in einzelnen Fällen, wie z. B. bei der Marc-Aurel-Statue (Abb.
427) wünschte man eine andere Aufnahme zugrunde gelegt. Er-
freulich ist es, neben den unvermeidlichen, immer wiederkehrenden
alten Bekannten auch einmal neuem Abbildungsmaterial zu be-
gegnen, wie der schönen Blumenpflückerin aus Stabiae oder
dem feinen Römerkopf in Boston. Ein besonderes Lob verdient
die treffliche Ausführung der farbigen Tafeln.
Professor Dr. Sem rau, Greifswald.
Fortsetzung auf Seite VIII
 
Annotationen