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ihr berufliches Unterkommen ein (Brief 30). Zwei seiner Töchter blieben auf seinen
besonderen Wunsch auch nach seiner zweiten Heirat 1745 bei ihm, trotz einiger Ein-
sprüche der neuen Gattin (Brief 40 und 44). An seinen ältesten Sohn band ihn eine
väterliche Freundschaft. Die Briefe zeigen, wie die beiden bei der gemeinsamen Arbeit
in Arolsen einander unterstützten und sich ergänzten, der Vater meist anweisend und
lenkend, der Sohn ratholend und helfend.
Ende Juli 1719 schied Rothweil aus dem Weilburger Bauwesen aus. Zwei Jahre lang
führte er noch eine gelegentliche Bauaufsicht für 45 Gulden pro Jahr, da Schloß Wind-
hof noch unvollendet war; dann war seine erste Weilburger Tätigkeit abgeschlossen 24.
Der Tod des Grafen und die Beendigung aller wesentlichen Bauvorhaben mögen die
äußeren Gründe gewesen sein; doch der eigentliche Anlaß ist bei Rothweil selbst zu
suchen. Er hatte mit Neuwied, Arolsen und Hachenburg drei umfangreiche Nebenauf-
träge übernommen — Zeichen dafür, wie sein Ruhm immer mehr im rheinischen und
westerwäldischen Gebiet wuchs. Durch diese Aufträge war er von Weilburg meist ab-
wesend, so daß es nur weniger äußerer Anstöße zu seinem Abschied bedurfte. Rothweil'
schied in Ehren und Freundschaft. Schon anderthalb Jahrzehnte später berief ihn Graf
Karl August erneut an den Weilburger Hof, um neue große Bauideen zu verwirklichen.
Neuwied
Graf Friedrich Wilhelm zu Wied, geb. 1664, ein Vetter des Grafen Johann Ernst von
Weilburg, übernahm nach einer mehrjährigen Erziehung in Berlin 1706 die Regierung
der Grafschaft Wied. Dieses Territorium mit seiner erst 1653 gegründeten Hauptstadt
Neuwied verband als das einzige protestantische Herrschaftsgebiet am Mittelrhein (ab-
gesehen von Katzenellenbogen) die protestantischen Gebiete von Westerwald und Lahn
mit dem Rhein. Graf Friedrich Wilhelm beschloß unmittelbar nach seinem Regierungs-
antritt die „hoch nöthige wieder Erbauung“ seines von den Franzosen 1694 zerstörten
Residenzschlosses. Im November 1706 rief er seine Untertanen auf, daß sie ihm „etwan mit
1000 Rtlr. alljährlich ahn handt gehen, undt damit gehorsambst unter die arme greifen“
sollten, jeder entsprechend seinem Verdienst 25. Dennoch stand über dem Beginn des
Schlosses der gleiche Unstern wie über so vielen deutschen Barockbauten: die Geldnot.
Am 2. Mai 1707, als die Fundamentierungsarbeiten gerade begonnen hatten, klagte
schon der Amstverwalter Lohe in einem Brief an den Grafen: „Aber gnädiger Herr, das
geldt, ich sage das liebe geldt will mir fehlen . . ,“ 20. Rothweil selbst, der am 1. Januar
1707 fest angestellt wurde (Brief 1), hatte erhebliche Schwierigkeiten wegen seiner Gage.
Er forderte jährlich 100 Reichsthaler, dazu freie Wohnung und Kost für sich und sein
Pferd in Neuwied und freie Kost in Grenzhausen, wo er bei seinem Ritt von Weilburg
nach Neuwied Mittagsrast machte (Brief 1). Darauf ging der Graf nicht ein und Roth-
weil war sehr erbittert. Lohe berichtete darüber am 29. Juni dem Grafen: die Maurer
fürchteten sehr, sie könnten den Zorn Rothweils über seine zu niedrige Gage zu spüren
bekommen, besonders da er den Weilburger Maurermeister zu beeinflussen suche; aber
Rothweil möge sagen was er wolle, „es will doch nichts helfen“ 26. Sein Grollen half
in der Tat nichts, er erhielt jährlich nur 40 Rtlr. Die Bestallungsurkunde wurde wegen
dieses Streites erst am 29. Juni 1712 ausgestellt, als der Hauptbau schon stand (Anhang
24 Lohmeyer, Nass. Lebb., S. 147; F. A. Schmidt: Fürst Ivarl August und seine Bautätigkeit in und
um Weilburg. In: Nassauische Annalen, Bd. 60, 1943, S. 67, mit Aktenhinweisen und mit ausfiihr-
lichen Angaben iiber die Nachfolger Rothweils.
22 Wiedsches Archiv 17, 1, 6.
26 Wiedsdies Archiv 29, 8, 1.
ihr berufliches Unterkommen ein (Brief 30). Zwei seiner Töchter blieben auf seinen
besonderen Wunsch auch nach seiner zweiten Heirat 1745 bei ihm, trotz einiger Ein-
sprüche der neuen Gattin (Brief 40 und 44). An seinen ältesten Sohn band ihn eine
väterliche Freundschaft. Die Briefe zeigen, wie die beiden bei der gemeinsamen Arbeit
in Arolsen einander unterstützten und sich ergänzten, der Vater meist anweisend und
lenkend, der Sohn ratholend und helfend.
Ende Juli 1719 schied Rothweil aus dem Weilburger Bauwesen aus. Zwei Jahre lang
führte er noch eine gelegentliche Bauaufsicht für 45 Gulden pro Jahr, da Schloß Wind-
hof noch unvollendet war; dann war seine erste Weilburger Tätigkeit abgeschlossen 24.
Der Tod des Grafen und die Beendigung aller wesentlichen Bauvorhaben mögen die
äußeren Gründe gewesen sein; doch der eigentliche Anlaß ist bei Rothweil selbst zu
suchen. Er hatte mit Neuwied, Arolsen und Hachenburg drei umfangreiche Nebenauf-
träge übernommen — Zeichen dafür, wie sein Ruhm immer mehr im rheinischen und
westerwäldischen Gebiet wuchs. Durch diese Aufträge war er von Weilburg meist ab-
wesend, so daß es nur weniger äußerer Anstöße zu seinem Abschied bedurfte. Rothweil'
schied in Ehren und Freundschaft. Schon anderthalb Jahrzehnte später berief ihn Graf
Karl August erneut an den Weilburger Hof, um neue große Bauideen zu verwirklichen.
Neuwied
Graf Friedrich Wilhelm zu Wied, geb. 1664, ein Vetter des Grafen Johann Ernst von
Weilburg, übernahm nach einer mehrjährigen Erziehung in Berlin 1706 die Regierung
der Grafschaft Wied. Dieses Territorium mit seiner erst 1653 gegründeten Hauptstadt
Neuwied verband als das einzige protestantische Herrschaftsgebiet am Mittelrhein (ab-
gesehen von Katzenellenbogen) die protestantischen Gebiete von Westerwald und Lahn
mit dem Rhein. Graf Friedrich Wilhelm beschloß unmittelbar nach seinem Regierungs-
antritt die „hoch nöthige wieder Erbauung“ seines von den Franzosen 1694 zerstörten
Residenzschlosses. Im November 1706 rief er seine Untertanen auf, daß sie ihm „etwan mit
1000 Rtlr. alljährlich ahn handt gehen, undt damit gehorsambst unter die arme greifen“
sollten, jeder entsprechend seinem Verdienst 25. Dennoch stand über dem Beginn des
Schlosses der gleiche Unstern wie über so vielen deutschen Barockbauten: die Geldnot.
Am 2. Mai 1707, als die Fundamentierungsarbeiten gerade begonnen hatten, klagte
schon der Amstverwalter Lohe in einem Brief an den Grafen: „Aber gnädiger Herr, das
geldt, ich sage das liebe geldt will mir fehlen . . ,“ 20. Rothweil selbst, der am 1. Januar
1707 fest angestellt wurde (Brief 1), hatte erhebliche Schwierigkeiten wegen seiner Gage.
Er forderte jährlich 100 Reichsthaler, dazu freie Wohnung und Kost für sich und sein
Pferd in Neuwied und freie Kost in Grenzhausen, wo er bei seinem Ritt von Weilburg
nach Neuwied Mittagsrast machte (Brief 1). Darauf ging der Graf nicht ein und Roth-
weil war sehr erbittert. Lohe berichtete darüber am 29. Juni dem Grafen: die Maurer
fürchteten sehr, sie könnten den Zorn Rothweils über seine zu niedrige Gage zu spüren
bekommen, besonders da er den Weilburger Maurermeister zu beeinflussen suche; aber
Rothweil möge sagen was er wolle, „es will doch nichts helfen“ 26. Sein Grollen half
in der Tat nichts, er erhielt jährlich nur 40 Rtlr. Die Bestallungsurkunde wurde wegen
dieses Streites erst am 29. Juni 1712 ausgestellt, als der Hauptbau schon stand (Anhang
24 Lohmeyer, Nass. Lebb., S. 147; F. A. Schmidt: Fürst Ivarl August und seine Bautätigkeit in und
um Weilburg. In: Nassauische Annalen, Bd. 60, 1943, S. 67, mit Aktenhinweisen und mit ausfiihr-
lichen Angaben iiber die Nachfolger Rothweils.
22 Wiedsches Archiv 17, 1, 6.
26 Wiedsdies Archiv 29, 8, 1.