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fußt ebenfalls auf französischen Werken, etwa Maison de Galepin (Abb. 60) in Antueil
von Nicolas Dulin 128. Für die Gesamtanlage in ihrer aufgelösten Form gaben das Tria-
non de Porcelaine und Marly die thematische Anregung; Graf Johann Ernst erstrebte
einen Ort der Ruhe und Abgeschiedenheit, getrennt von seiner Residenz und doch auf
sie bezogen, geeignet zur höfischen Unterhaltung (Irrgarten und Gartenlusthaus 12°) und
umgeben von ländlicher Atmosphäre („Entenlogis“ im Schloßteich, Landwirtschaftsbe-
trieb). Die künstlerischen Yorbilder liegen in Adelsschlössern aus dem Kreis Hardouin-
Mansarts, vielleicht auch in holländischen Bauten (Satteldächer auf den Seitenflügeln!).
Schloß Louisenthal wiederholt im ersten Entwurf (Abb. 151) ziemlich getreu den Wind-
hof, knüpfl im zweiten Entwurf (Abb. 152 f.) dagegen enger an das Trianon an, be-
sonders in der Eingeschossigkeit und in dem nicht zentrierten Grundriß des Hauptbaues,
ferner in der Bestimmung als Lusthaus einer Dame ohne die Iandwirtschaftlichen Zu-
taten. Für den Wirtschaftsbetrieb sah Rothweil gesonderte Gebäude (Abb. 148) vor,
charakteristischerweise wieder in aufgelöster Form wie ein Spiegelbild des Lustschlosses
selbst. Die Anregung dazu kam sicher wieder aus Holland, wo es verwandte Anlagen
gibt (z. B. Haus ten Bosch) (Abb. 150). Die nachträgliche Verlagerung des Hauptbaues
der Meierei auf Plan Arolsen Nr. 56 (Abb. 148) beweist, wie Rothweil selbst in der
Gruppierung einfacher Gebäude auf proportionale Bezüge sorgsam achtete 129a.
KIRCHENBAUTEN
Der protestantische Kirchenbau des 16. und frühen 17. Jahrhunderts schöpfte noch aus
der Tradition der Spätgotik. Die Bauentwicklung des späteren 17. Jahrhunderts führte
theoretisch (Furtenbach) und praktisch zu neuen, vom katholischen Kirchenbau getrenn-
ten Lösungen, indem alle denkbaren Grundrißtypen vom Winkelhaken bis zum Oval
ausprobiert wurden. Erst ab etwa 1700 entstanden die großen schöpferischen Bauleistun-
gen des Protestantismus; Praxis und Theorie (L. Chr. Sturm) lösten nicht nur die künst-
lerischen, sondern auch die religiösen und gottesdienstlichen Anliegen. Am Anfang dieser
128 Dadureh, daß Sdiloß Windhof ein ausgebautes Mansardgeschoß hat, ist der Mittelsaal drei-
gesdiossig (Abb. 57) Maison de Galepin besitzt ein flaches, unbewohnbares Satteldach, der Mittel-
saal ist folglich nur zweigeschossig (Abb. 60). Rothweil schuf also die reichere Lösung.
129 Über dieses türkische Lusthaus und drei weitere Gartenhäuser im Park des Windhofes vgl.
F. A. Schmidt, Nass. Annalen, Bd. 60, 1943, S. 72 und Abb. 2.
129a Seit i715/20 verbreitete sich der aufgelöste Grundriß überall in Deutschland und blieb bis ins
späte 18. Jahrhundert beliebt. Einige Beispiele mögen die Entwicklung verdeutlichen: Hollän-
disches Palais Dresden, 1715 von J. R. Fäsch (später durch Pöppelmann umgebaut).
Schloß Bruchsal, 1720 Entwurf von M. v. Welsdi.
Schloß Jesberg in Kurhessen, 1723.
Schloß Louisenthal bei Zweibrücken, um 1725 von Ch. Dudiesnois.
Schloß Übigau in Dresden, 1724/26 von Eosander v. Göthe.
Bauten des Ritters von Grünstein, so die Jägersburg bei Forchheim 1721 und das Mainzer
Deutschordenshaus 1730
Schlofi Körtlinghausen (Kreis Lippstadt), Hauptbau 1710/13, Vorbauten 1731 und 1745.
Schloß Birkenfeld (Franken), 1738/41 von J. D. Steingruber.
Palais Brühl in Dresden, 1745 nach Entwurf J. C. Knöffels.
Schloß Wilhelmsthal, 1747 nach Gesamtentwurf von Cuvilles, vermutl. unter Einfluß Rothweils.
Lustschloß Jägersburg bei Homburg (Saar), um 1755.
Schloß Benrath, 1756/80 von Nieolas de Pigage.
Haus Beck bei Gladbeck, 1766/71 von K. Sdilaun.
Schloß Sdiwarzenraben (Kreis Lippstadt), 1765/68.
Fürstlich Lippesdies Haus, Oberkassel, 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Schloß Wabern, Hauptbau 1704, die Flügql 1770 durch S. L. du Ry hinzugefügt.
Schlofi in Münster, 1767/72 von K. Schlaun.
Rumpenheim am Main, Landhaus 1680, die Seitenflügel 1787.
fußt ebenfalls auf französischen Werken, etwa Maison de Galepin (Abb. 60) in Antueil
von Nicolas Dulin 128. Für die Gesamtanlage in ihrer aufgelösten Form gaben das Tria-
non de Porcelaine und Marly die thematische Anregung; Graf Johann Ernst erstrebte
einen Ort der Ruhe und Abgeschiedenheit, getrennt von seiner Residenz und doch auf
sie bezogen, geeignet zur höfischen Unterhaltung (Irrgarten und Gartenlusthaus 12°) und
umgeben von ländlicher Atmosphäre („Entenlogis“ im Schloßteich, Landwirtschaftsbe-
trieb). Die künstlerischen Yorbilder liegen in Adelsschlössern aus dem Kreis Hardouin-
Mansarts, vielleicht auch in holländischen Bauten (Satteldächer auf den Seitenflügeln!).
Schloß Louisenthal wiederholt im ersten Entwurf (Abb. 151) ziemlich getreu den Wind-
hof, knüpfl im zweiten Entwurf (Abb. 152 f.) dagegen enger an das Trianon an, be-
sonders in der Eingeschossigkeit und in dem nicht zentrierten Grundriß des Hauptbaues,
ferner in der Bestimmung als Lusthaus einer Dame ohne die Iandwirtschaftlichen Zu-
taten. Für den Wirtschaftsbetrieb sah Rothweil gesonderte Gebäude (Abb. 148) vor,
charakteristischerweise wieder in aufgelöster Form wie ein Spiegelbild des Lustschlosses
selbst. Die Anregung dazu kam sicher wieder aus Holland, wo es verwandte Anlagen
gibt (z. B. Haus ten Bosch) (Abb. 150). Die nachträgliche Verlagerung des Hauptbaues
der Meierei auf Plan Arolsen Nr. 56 (Abb. 148) beweist, wie Rothweil selbst in der
Gruppierung einfacher Gebäude auf proportionale Bezüge sorgsam achtete 129a.
KIRCHENBAUTEN
Der protestantische Kirchenbau des 16. und frühen 17. Jahrhunderts schöpfte noch aus
der Tradition der Spätgotik. Die Bauentwicklung des späteren 17. Jahrhunderts führte
theoretisch (Furtenbach) und praktisch zu neuen, vom katholischen Kirchenbau getrenn-
ten Lösungen, indem alle denkbaren Grundrißtypen vom Winkelhaken bis zum Oval
ausprobiert wurden. Erst ab etwa 1700 entstanden die großen schöpferischen Bauleistun-
gen des Protestantismus; Praxis und Theorie (L. Chr. Sturm) lösten nicht nur die künst-
lerischen, sondern auch die religiösen und gottesdienstlichen Anliegen. Am Anfang dieser
128 Dadureh, daß Sdiloß Windhof ein ausgebautes Mansardgeschoß hat, ist der Mittelsaal drei-
gesdiossig (Abb. 57) Maison de Galepin besitzt ein flaches, unbewohnbares Satteldach, der Mittel-
saal ist folglich nur zweigeschossig (Abb. 60). Rothweil schuf also die reichere Lösung.
129 Über dieses türkische Lusthaus und drei weitere Gartenhäuser im Park des Windhofes vgl.
F. A. Schmidt, Nass. Annalen, Bd. 60, 1943, S. 72 und Abb. 2.
129a Seit i715/20 verbreitete sich der aufgelöste Grundriß überall in Deutschland und blieb bis ins
späte 18. Jahrhundert beliebt. Einige Beispiele mögen die Entwicklung verdeutlichen: Hollän-
disches Palais Dresden, 1715 von J. R. Fäsch (später durch Pöppelmann umgebaut).
Schloß Bruchsal, 1720 Entwurf von M. v. Welsdi.
Schloß Jesberg in Kurhessen, 1723.
Schloß Louisenthal bei Zweibrücken, um 1725 von Ch. Dudiesnois.
Schloß Übigau in Dresden, 1724/26 von Eosander v. Göthe.
Bauten des Ritters von Grünstein, so die Jägersburg bei Forchheim 1721 und das Mainzer
Deutschordenshaus 1730
Schlofi Körtlinghausen (Kreis Lippstadt), Hauptbau 1710/13, Vorbauten 1731 und 1745.
Schloß Birkenfeld (Franken), 1738/41 von J. D. Steingruber.
Palais Brühl in Dresden, 1745 nach Entwurf J. C. Knöffels.
Schloß Wilhelmsthal, 1747 nach Gesamtentwurf von Cuvilles, vermutl. unter Einfluß Rothweils.
Lustschloß Jägersburg bei Homburg (Saar), um 1755.
Schloß Benrath, 1756/80 von Nieolas de Pigage.
Haus Beck bei Gladbeck, 1766/71 von K. Sdilaun.
Schloß Sdiwarzenraben (Kreis Lippstadt), 1765/68.
Fürstlich Lippesdies Haus, Oberkassel, 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Schloß Wabern, Hauptbau 1704, die Flügql 1770 durch S. L. du Ry hinzugefügt.
Schlofi in Münster, 1767/72 von K. Schlaun.
Rumpenheim am Main, Landhaus 1680, die Seitenflügel 1787.