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verwandtschaftliche Beziehungen Rothweil nach Hachenburg. Georg Friedrich Graf zu
Sayn, Burggraf zu Kirchberg und Herr zu Farnrode, der von 1715 bis 1749 regierte,
hatte eine Gemahlin aus dem Hause Nassau.

1717 beschloß der Graf die völlige Erneuerung seiner spätmittelalterlichen Burganlage.
Seit 1719 ritt Rothweil jeweils in den Frühjahrs- oder Sommermonaten für ein bis
zwei Wochen in die Westerwaldresidenz, zuerst von Weilburg aus, dann von Arolsen,
zum letztenmal im Jahre 1726. Er wohnte in dem noch heute bestehenden Gasthof
„Zur Krone“; seine Tagesspesen betrugen 4 Gulden 31. Der Arbeitsbereich des Architek-
ten war der gleiche wie in Neuwied.

Waldeck

Die geographische Lage Waldecks zwischen dem mittleren und nördlichen Westdeutsch-
land bestimmte den Ausbildungsweg des Fiirsten Friedrich Anton Ulrich (1706 bis 1728
regierend, verheiratet mit einer Prinzessin von der Pfalz-Birkenfeld). Die Enklave Bad
Pyrmont verband Waldeck mit Braunschweig-Wolfenbüttel und Hannover — beides
sollte für Rothweil bedeutsam werden. Ober die Hälfte der Grenzen des Landes Wald-
eck berührte Hessen-Kassel. So studierte der Fürst auf der Ritterakademie in Wolfen-
büttel und leistete Militärdientse in Hessen. Das sich zwischen Stammland und Enklave
schiebende Westfalen wurde ein Arbeitsfeld von Rothweil-Sohn.

Die Kavaliersreise führte in den 90er Jahren den jungen Fürsten nach Paris. Die Her-
zogin von Orleans urteilte 1717 sehr scharf über ihn (Nicolai S. 19): der Fürst er-
scheine ihr nicht gar schlau, er ist dick, fett und spricht kein Wort einen Tag lang.
Bereits 1706, also unmittelbar nach seinem Regierungsantritt, äußerte er eine rege Bau-
lust an den Schlössern von Pyrmont und Alt-Wildungen, wobei er vermutlich den
Braunschweigischen Baumeister Hermann Korb heranzog. Trotz der gründlichen For-
schungen Meddings 32 ist immer noch unklar, wann und wie Rothweil in Arolsen begann.
Medding wie auch Lohmeyer stellten zwar vom Stil her fest, daß Rothweil und nicht der
vorher tätige Heinrich Horst Schloß Arolsen entworfen habe 33, aber dem widersprachen
bisher die historischen Tatbestände: 13. Mai 1710 Grundsteinlegung, 1710/12 Vorberei-
tungsarbeiten, erst ab 1713 Hochführen des Mauerwerks. Bis zum September 1713 leitete
Horst die Bauarbeiten 34. Rothweil erscheint zuerst am 6. Februar 1714 mit einer Zah-
lung von 100 Rtlr. 35. Diese 'Tatsachen sprechen für Horst und gegen Rothweil. So kam
auch Nicolai (S. 44) dazu, Schloß und Stadt Rothweil abzuschreiben und in ihm den
technischen „Helfer“ des planenden Fürsten zu sehen. Bleibaum (S. 22) versucht die Er-
klärung: „Als die eigentlichen Bauarbeiten . . . begannen, trat Horst . . . zurück.“ Dem
widerspricht erstens, daß ein so umfangreiches Werk nicht einmal mit den vorbereiten-
den Steinbruch- und Steinhauerarbeiten begonnen werden kann, ohne daß genauere
Planungen vorliegen, zweitens, daß im Winter 1713/14 die Mauern bereits in halber bis
ganzer Erdgeschoßhöhe errichtet waren, eine dann erst einsetzende Planung Rothweils

31 Wie Anm. 1, 1720 bis 1726; ferner Brief 5, 8, 11, 15, 17, 18, 19.

32 Die archivalischen Forschungen in Kunstdenkmäler. Inventar von Bleibaum, Kr. d. Twiste, fiihrte
Wolfg. Medding durdi.

33 Lohmeyer, Stengel 1911, und Medding in: Bleibaum, Kr. d. Twiste 1938. Über Horst vgl. Lohmeyer
im Thieme-Becker XVII, S. 532.

34 Es ist ein von Fr. Weinitz („Das fiirstl. Rcsidenzschloß Arolsen“, Leipzig 1907) aufgebrachter Irr-
tum, daß Horst schon Anfang des Jahres 1713 die Waldeckisdien Dienste verlassen habe. Im Sep-
tember 1713 stellte er noch eine Lohnspezifikation auf (St. A. Wiesbaden 118, 1873, fol. 44 ff.).

33 Akte wie bei Anm. 34; ferner 118, 2865, fol. 51 ff. Die Angabe bei Lohmeyer, Stengel, 1911, S. 40,
und Nass. Lebb., S. 150, der Architekt habe schon Anfang 1713 100 Rtlr. erhalten, beruht auf einer
irrigen Lesung von Weinitz, S. 20.
 
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