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Badische Fundberichte: amtl. Nachrichtenbl. für die ur- u. frühgeschichtl. Forschung Badens — 14.1938

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Heck, Karl; Revellio, Paul: Der römische Gutshof auf der Schlüchtterrasse zwischen Gurtweil und Tiengen: nach den Plänen und dem eingehenden Grabungsbericht von Prof. Karl Heck
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https://doi.org/10.11588/diglit.42535#0068
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P. Revellio

Ecken scheinen diese Kacheln einen dreieckigen Querschnitt gehabt zu haben. Raum 8 hatte
zwei Ausgänge: Ich. Aon Raum K, der Wohl als Windfang anzusprechen ist und Wohl
durch eine leichte Wand nach außen verschlossen war, stieg man auf zwei Stufen nach 8
hinab. Eine weitere Stufe (8?) führte von Raum 3 nach 8. In dem Raum 3 lagen Bruch-
stücke von 4 Leistenziegeln mit Legionsstempeln, 2 von der XXI. Legion und 2 von der
11. Legion. Die 21. ist mit 2 verschiedenen Stempeln vertreten, die 11. mit einem.
Das Bad zeigt dieselbe Anordnung der Haupträume wie zahlreiche Bäder
größerer Gutshöfe der Dekumatenlande z. B. Enzberg, Pleidelsheim, Brötzingens
Wie seine Gröhe (16,2/17,8 rn) den größeren dieser Bäder gleichkommt, so ist auch
seine Ausstattung mit Baderäumen etwas reicher als der Durchschnitt der genannten
Bäder. Diese reichere Ausstattung braucht man nicht auf nachträgliche Erweiterung
zurückzuführen. Heck glaubte aus der Tatsache, daß die Räume L, 8 und L mit ihren
Amsassungswänden nicht im Verband mit dem Kernbau gemauert waren, schließen
zu dürfen, daß sie erst später errichtet waren. Ich kann ihm hierin, was die Räume
8 und E anbetrifft, nicht folgen, denn sowohl Auskleideraum wie Heizraum gehören
zum notwendigen Bestand einer Badeanlage.
Die einzige Veränderung an dem Bau, die sicher nachgewiesen werden kann, ist
die Entfernung der Hhpokausteneinrichtung aus Raum 8, und auch diese kann erst
geschehen sein, als das Bad als solches nicht mehr oder nur noch teilweise benutzt
wurde. Gerade diese Veränderung störte den Benutzungsweg des Badenden
empfindlich, da sie ihn im Winter zwang, aus dem geheizten Raum 3 den Raum 8
zu passieren, der ungeheizt war, um in das Heihlustbad X zu gelangen. Daß übrigens
die Heizungsanlagen von Raum 8 und 8 gleichzeitig im Betrieb waren, zeigt die
Rücksicht, die man bei Anlage des Feuerplatzes (ch auf den Aebenheizkanal (ch
nahm. Andererseits macht es gerade die Anlage der Feuerung zu 8 - es fehlt ein
längerer Heizkanal im Gegensatz zu den beiden andern Heizungen - wahrscheinlich,
daß diese erst nachträglich eingebaut wurde, vermutlich aus klimatischen Gründen.
Auch das Frigidarium O erregt den Verdacht, daß es erst nachträglich angebaut
wurde, wenn auch Mauerfugen hier nicht beobachtet wurden. Vor diesem Anbau
wäre dann Wohl 6 zusammen mit Ick das Frigidarium gewesen. Das würde der
Raumanordnung entsprechen, die wir in den oben genannten Bädern sehen, wo in
der Axe der Schwitzstube fast regelmäßig das Frigidarium angelegt ist.
Das Bad ist in folgender Weise benutzt worden: Man betrat das Bad durch
den Vorraum der gleichzeitig als Windfang diente; dann kleidete man sich in dem
im Winter geheizten Auskleideraum 8 aus, um sich dann in der Schwitzstube 8 auf
das eigentliche Bad vorzubereiten. Mit dem Schwitzen war das Salben und
Massieren verbunden, das man in den Räumen st und tck vornahm. Darauf ging
man in das Kaltbad 6 und v. Man wollte durch solchen Wechsel von warmen und
kalten Bädern die Blutzirkulation fördern (vgl. meine Ausführungen oben in dieser
Zeitschrift). Jetzt erst benutzte man gewöhnlich den Heißluftraum X. Hier nahm man
zunächst in der Badewanne Xz ein warmes Bad. Außerdem hatte man in dem
flachen Becken 8 Gelegenheit, sich zwischenhinein mit lauwarmem Wasser zu be-
sprengen und zu begießen.
Diese weitgehende Differenzierung der Baderäume zeigt, daß das Bad einen
sehr entwickelten Typ des Villenbades darstellt, der erst im 2. und 3. nachchristlichen
Iahrhundert möglich war^. Wie Villenbäder im 1. Jahrhundert aussahen, zeigt der
in die Hüsinger Villa eingebaute schlichte Baderaum. Ich kann deshalb auch Heck

Lgl. Hertlein, Paret, Gößler, Die Römer in Württemberg III S. 78 ff. E. Wagner,
Fundstätten und Funde II S. 126 ff. und 136 ff.
5 Paret a. a. O. S. 71 und Fundberichte arrs Schwaben NF. V 1930 S. 84.
 
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