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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 2.1867

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Heft 6
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https://doi.org/10.11588/diglit.44082#0187
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-»N 1?9 <2^-

1,700,000 Einwohner faßt und bei einer Breite
von 2 Stunden, einer Länge von 2V- Stunden
einen Umfang von 8 Stunden hat, war um die
Zeit, welche unser Plan darstellt, ein winziger
Bruchtheil von dem heutigen Paris, indem es
bei einer Bevölkerung von vielleicht 13,000 Ein-
wohnern nur die größere Seineinsel und eine
vielleicht je viermal so große Fläche auf dem
rechten und linken Flußufer einnahm. Wollten
wir in der gegenwärtigen Stadt die alte ab-
grenzen, so dürften wir der letzteren höchstens
ein Drittel der Arrondissements Louvre und
Hotel de Ville, nebst einem Fünftel der Arron-
dissements Pantheon und Luxembourg einverlei-
ben. Die Stadt hatte sich ursprünglich auf die
größere Seineinsel beschränkt, von der aus sie
sich zunächst mehr nach dem nördlichen als dem
südlichen Seineuser ausbreitete. Als mit dem
sich hebenden Wohlstände auch die Schulen in
Aufschwung kamen, wurden diese auf das linke
Seineufer verlegt und die in vier Viertel abge-
theilte Stadt durch Mauern befestigt. Der auf
dem Nordufer gelegene Theil erhielt den Namen
la villo, der südliche wurde Io paz-s latin ge-
nannt, während der aus der Insel gelegene als
Bischofssitz den Namen la cito erhielt. Im
Jahre 1034 legte eine Feuersbrunst fast die
ganze Stadt in Asche. König Philipp August
befahl nun den Bürgern, während seines Kreuz-
zuges Paris in seiner ganzen Ausdehnung zu
befestigen. Demgemäß wurde die Stadt mit ei-
ner 7 — 8 Fuß dicken Mauer, an die sich 500
Thürme anlehnten, und von einem tiefen Graben
umgeben, auch die Seine durch auf Pfählen und
Kähnen ruhende Ketten abgesperrt. Unter Phi-
lipp August wurde der Thurm des Louvre er-
baut; der Kirchhof clos iniiooons und die Hallen
erhielten Mauern, die Straßen Pflaster, und die
Kirchen St. Honorö, St. Thomas, St. Nicolas
du Louvre, Notre-Dame, sowie das Hospital
Trinito erhoben sich. Die Tempelherren erbauten
sich einen stattlichen Hof auf dem jetzigen Uar-
vliö cku tomxlo, und eine neue, oberhalb des
Uonts au obaugo angelegte Brücke beförderte
den Verkehr. Philipp August theilte die Stadt
in 8 Quartiere. Nur die Kirchen und die Pa-
läste des Königs und des Erzbischofs waren da-
mals von Stein, alle übrigen Gebäude von Holz.

Die Haiden (les Lanctos).
Das Departement 1o8 Imnckes besteht in ei-
nem 170 Quadratmeilen großen Landstrich, der
sich bei 15—20 Stunden Breite gegen dreißig
Stunden weit zwischen der Gironde und den
Pyrenäen an der Küste des biscayischcn Meer-
busens hinzieht und eine Verödung wie kaum
sonst irgend ein Theil von Europa bietet. Der
weite Raum ist nur von etwa 300,000 Ein-
wohnern bevölkert und besteht größtentheils aus
Sümpfen, dürren Haiden und Fichtenwäldern,
in denen man meilenweit reisen kann, ohne eine
Ortschaft zu treffen. Die Versumpfung rührt von
den bis 150 Fuß hohen Dünen der Küste her,
die den Gewässern keinen Abfluß gestatten; die
Dünen sind aus beweglichem Flugsand gebildet
und würden aller Vegetation baar sein, wenn
nicht durch die Thäler, welche sie durchschneiden,
das Meer Feuchtigkeit genug einließe, um Salz-
kräutern Nahrung zu geben, welche von dem
Vieh gern gefressen werden und dem Fleisch des-
selben einen großen Wohlgeschmack verleihen.

Für die Thierwelt überhaupt scheint der Strich
ein sehr geeigneter Tummelplatz zu sein; Heerden
von wilden Gänsen, Kranichen, Störchen, Reihern
und andern Sumpfvögeln bevölkern die nassen
Wiesen und Seegründe; die Wälder enthalten
wilde Schweine, Rehe, Hirsche, Füchse und wilde
Katzen in Menge, und auch die Wölfe und die
großen Raubvögel werden nicht selten den Schaf-
heerden, welche während des Winters nicht un-
ter Dach kommen, gefährlich. Jndeß sind die
Schafe und Pferde, welche letztere wild umher-
schweifen, nur von schlechter Rasse und auch die
Bewohner ein körperlich verkommenes Volk, das
großentheils beschäftigungsuchend in einem Ochsen-
karren (das Haus der Nomaden) umherzieht
oder, die großen Heerden hütend, den ganzen
Sommer unter kein Dach kommt. Die Kleidung
der Hirten besteht gemeiniglich aus schwarzen
Schaffellen, über die sie zur Regenzeit einen mit
Oel getränkten Mantel von ähnlichem Material
tragen, die Haarseite nach Innen gekehrt; ein
Strohkragen mit niederhängenden Halmen um-
fängt ihren Hals, und ihren Kops bedeckt eine
Strohkappc von der Form einer chinesischen Mütze.
Um dem Vieh bequemer nachkommen zu können,
gehen sie auf hohen Stelzen, wobei ihnen ein
langer Stecken als Stütze dient. Jeder Hirte
ist mit einer Flinte versehen, die ihm zur Nah-
rung verhilft und zum Heerdenschutz benutzt wird.

Die Neuseeländer.
Von vr. K. Kolb.
Wir haben auf Seite 89 dieses Jahrgangs
unseres Journals dem Leser ein Bild von der
häßlichen australischen Kontinentalrasse vorge-
führt, und bringen jetzt, zur Vergleichung, eine
Probe des polynesischen Typus (welche wir dem
bekannten Hochstetter'schen Reisewerk entnehmen)
zur Anschauung, der, eine Schattirung der malayisch-
polynesischen Rasse darstellend, in Gesichtszügen so-
wohl als in geistiger Begabung sich sehr der kaukasi-
schen nähert, auch eine viel hellere Hautfarbe zeigt,
als die Mikronesier und Australneger. Die Po-
lynesier bewohnen die östliche Hälfte der Samoa-
und Tonga-Inseln bis zur Oster-Insel sammt
den Sandwich-Jnseln und Neuseeland, reden
trotz der Entfernungen, durch welche die einzel-
nen Stämme getrennt sind, dieselbe, nur dem
Dialekt nach verschiedene Sprache, haben den-
selben Schöpfungsmythus, leben in engem kom-
merziellem Verkehr mit den Europäern und neh-
men schnell europäische Sitten und Einrichtun-
gen an.
Tasman, der die ersten Nachrichten über die
Eingeborenen Neuseelands giebt, schildert sie als
Menschen von riesigem Körperbau, mit braun-
gelber Hautfarbe und schwarzem, hinten auf dem
Kopf in einem Knoten zusammengebundenem
Haar (Bild 1). Sie riefen ihn mit starken,
schreienden Stimmen an, machten einen wüthen-
den Angriff auf eine landen wollende Matrosen-
Abtheilung, und erschlugen viere derselben mit
Rudern und Keulen. Die Bucht, in der dies
geschah, erhielt den Namen Mörderbucht, und
die späteren Reisenden können nicht genug erzäh-
len von dem aüf Neuseeland herrschenden gräu-
lichen Kannibalismus, zu welchem, nebenbei be-
merkt, die Eingeborenen durch den Mangel an
warmblütig thierischer Nahrung auf den Inseln
gezwungen waren, da es auf Neuseeland ur-
sprünglich fast gar keine Landsäugethiere gab.

Wie ganz anders ist dies seitdem geworden! Die
Mörderbucht heißt jetzt Goldenbay; europäische
Städte und Ansiedelungen blühen an den Ge-
staden des fernen Neuseeland, und geraume Zeit
haben europäische Kolonisten mit den Eingebo-
renen friedlich zusammen gelebt. Letztere, die
sich selbst Maoris (Einheimische) nennen, beken-
nen sich großentheils zum Christenthum, nament-
lich dem Protestantismus, besitzen neben den
Missionsschulen gute Volksschulen mit eingebore-
nen Lehrern und Predigern, können meistenlheils
lesen und schreiben und entwickeln oft stauncns-
werthe Kentnisse in der Geschichte und Geo-
graphie. Ihre Hauptbeschäftigung besteht in
Ackerbau und Viehzucht; doch nehmen sie auch
Theil an Handel und Gewerbe, und namentlich
ist ein großer Theil der Küstenschifffahrt in den
Händen der Eingeborenen, die als gewandte und
unerschrockene Seefahrer einen weitgehenden Rus
sich erworben haben. Diese Umwandelung eines
wilden, aber bildsamen Volkes ist hauptsächlich
das Werk der Missionen, die von dem Jähre
1828 an eine fruchtbare Thätigkeit entwickeln
konnten, und wie die Civilisation auch auf das
Aeußere der Maoris wirkte, mag man aus un-
seren Bildern 2 und 3 (Mann und Frau) ent-
nehmen, in welchen man ganz einen europäischen
Typus zu erkennen glaubt. Gleichwohl hat die
Berührung mit den Europäern auf das Volk
selbst keinen günstigen Einfluß geübt, sofern ihre
Kopfzahl sich mehr und mehr vermindert und
den bis auf 50,000 zusammengeschmolzcnen In-
dianern mehr als noch einmal so viel europäische
Kolonisten gegenüberstehen. Leider hat trotz der
Vorstellungen der Missionäre, welche, wie wei-
land die Jesuiten in Südamerika, von ihren
Schützlingen die sittliche Verderbniß der alten
Welt abzuhaltcn bemüht waren, die englische
Regierung nur die materiellen Interessen der
Kolonisten zu wahren gesucht, und die Folge
davon war, daß die eingeborenen Herren des
Bodens den fremden Eindrinlingen gegenüber
sich selbst Recht zu verschaffen suchten. So ist
denn neuester Zeit auf der Nordinsel wieder ein
unheilvoller Rasienkrieg ausgebrochcn, und die
Maoris haben sich sogar unter ihrem tapferen
Häuptling Thompson von dem Christenthume
wieder losgesagt. Wohl scheint das Schweigen
der neuesten Berichte auf eine gewaltsam herge-
stellte Ruhe zu deuten; allein man steht den
Gang der Dinge voraus. Der jüngst entdeckte
Goldreichthum Neuseelands zieht Schaaren hab-
gieriger Abenteurer von allen Seiten heran;
was steht da anderes zu erwarten, als die völ-
lige Unterdrückung und das schließliche Ver-
schwinden eines edlen Volkes?

Der glückliche Schnsterlucke
oder:
Die Äusty muß halt ihre» Lauf habe»!
Humoreske von Ir- Mck-
In einer der elegantesten Straßen Wiens,
wo im Winter die vornehme Welt spazieren ging
und im Sommer ein „Gefrorenes mit Hohlhip-
pen" zu haben war, hatte zur Zeit des weltbe-
rühmten Congresses ein unternehmender Italiener
mit hoher obrigkeitlicher Bewilligung eine „Uo-
loZa" aufgeschlagen, mit der Aufschrift: „-Tom-
bola", eine Art Lotteriespicl. Der Einsatz be-
trug nur einen Gulden, wofür sehr hübsche Ge-
 
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