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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 2.1867

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Heft 8
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https://doi.org/10.11588/diglit.44082#0221
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Der

Mensch deillri — Ggss lenlrl! deutschen Scepter, daß man wenigstens mit ei- Doppeladler, und die Tedcschi haben schon sehr

Novelle von Alfried Wistius.

Vas Ässyrische Lönigsschioß ;n Khorsabad. (S. Seite 237.)

Niger Bereitwilligkeit anerkannte: man befinde viel für die Hebung der gesunkenen Gröhe der
sich im Grunde gar nicht so übel unter dem alten

scebeherrschenden Venezia gethan, deren
Wiederbelebung zum alten Glanze aber
auch der bis zur Adria freien und einigen
italienischen Nation unter dem grün-weiß-
rothen Banner und dem weißen Kreuz
im rothen Feld niemals wieder gelingen
wird.
Es war eine Zeit, wo das Leben in
Venedig etwas heiterer unh unbefangener
war und der Deutsche nicht offenem Haß
und Abneigung begegnete, und daher na-
mentlich auch die Deutschen ein hübsches
Kontingent zu den Wintergästen lieferten,
welche zum Vergnügen oder aus Gesund-
heits-Rücksichten den linden Himmel und
die milderen Lüste Italiens aussuchten und
die zu Gasthöfen umgcwandelten Paläste
altvenezianischer Adelsgeschlechter während
der Wintermonate bevölkerten.
Es war Abend. Die kurze Dämmerung
wich der niedersinkenden Nacht und drun-
ten auf dem Canal grande glitten geister-
haft leise die dunklen Gondeln dahin, mit
ihren beiden Laternen am Bug gespenstigen
Seeungeheuern zu vergleichen, deren feu-
rige Augen sich ties in den schwarzen Fluthen
spiegelten. Aber in den Gondeln waren
bleiche jugendliche Frauen und bärtige
Männer, in allerhand bunter Maskentracht
oder wenigstens im landesüblichen Do-
mino und Bajute und mit der Halbmaske
vor dem Gesicht, durch deren Augenlöchcr
aufgeregte erwartungsvolle dunkle Augen-
sterne funkelten, denn -die meisten dieser
Gondeln lenkten ja dem Markusplatze zu,
wo an diesen Abenden eine ungeheure
frohbewegte Menschenmenge durcheinander
wogte, weil beinahe Alles, was nur
Füße hatte, Einheimische und Fremde,
sich auf der Piazzetta das große Stell-
dichein gab.

1.
Es war an einem sonnenhellen März-
tage des Jahres 183—. Der herrlichste
Frühlings-Sonnenschein lag auf den La-
gunen von Venedig: die wenigen Bäume
und Sträucher in den seltenen Gärten der
alten Jnselstadt begannen schon zu sprossen
und zu grünen und der Karneval war
in voller Blüthe.
Die politischen Zuckungen, welche die
Juli-Revolution auch in Italien hervor-
gerufen, hatten sich wenigstens scheinbar
wieder zur Ruhe begeben, wenn auch das
glühende Verlangen der Italiener nach
nationaler Einheit und nach Unabhängig-
keit von der Fremdherrschaft noch immer
zu heimlichen Umtrieben, Verschwörungen
und vergeblichen Putschen trieb. Aber
Venedig war ruhig und in den Taumel
der Karnevalsfreuden versunken. Es tän-
delte und lärmte, um sich zu vergessen,
und — es fürchtete sich vor der starken
österreichischen Garnison, vor den Ka-
nonen der drohenden Forts, womit die
„Kaiserlichen" die Lagunenstadt umgeben
hatten.
Schon seit Jahren war kein Fasching
mehr so laut und glänzend begangen
worden, als dieser; ein Ball folgte dem
andern, und die Scheidung zwischen den
verhaßten Deutschen und den Italienern
ward noch nicht so schroff vollzogen, wie
nach dem unglücklichen.Kriege von 1849.
Man fürchtete die österreichische Mili-
tärmacht noch zu sehr, um die schon da-
mals vorhandene Abneigung gegen die
weiße Uniform und den österreichischen
Doppeladler zu zeigen, und man fühlte
sich auch materiell so wohl unter dem

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