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Menschen gewöhnt ist. Selten oder gnr nie
vertraut sie dem Menschen ganz, selbst bei der
wärmsten Darlegung von Wohlwollen. Sie ist
reizbar und empfindlich, sehr auf ihre Behag-
lichkeit erpicht, sehr unbekümmert und sorglos,
außer in Betreff der Fortdauer ihres eigenen
Vergnügens. Allein trotz all' dem Vorurtheil,
welches gegen das treulose und hchlerische We-
sen der Katze im Schwünge ist, läßt sich doch
nicht leugnen, daß eine wohlerzogene Katze Ei-
genschaften besitzt, welche sie der Berücksichtigung
und dem Schutze des Menschen empfehlen. Wenn
sie auch nicht die lebhafte, treue und ausdauernde
Anhänglichkeit des Hundes bethätigt, so ist sie
doch im Allgemeinen zuthunlich und sanft und
dankbar gegen ihre Wohlthätcr. Wer sich län-
gere Zeit mit Katzen abgegeben und deren Trei-
ben genau beobachtet hat, der findet namentlich
Einen schönen Charakterzug an ihnen, welcher
ihn einigermaßen mit den Schattenseiten des
Thieres aussöhnt: kaum Ein Thier zeigt nämlich
einen höheren Grad von mütterlicher Liebe und
Zärtlichkeit; die außerordentliche Aufmerksamkeit
und unverdrossene Thätigkeit, womit sie ihre
Jungen verpflegt und versorgt, und die Anhäng-
lichkeit und beeiferte Liebe, welche sie für die-
selben an den Tag legt, verfehlen niemals, den
aufmerksamen Beobachter für dieses Thier ein-
zunehmen.
Von der Gelehrigkeit der Katzen für gewisse
kleine Künste und Fertigkeiten habe ich schon
viel gelesen und gehört, aber noch kein einziges
Beispiel gesehen. Der Engländer Jesse, ein sehr
genauer und scharfblickender Naturforscher von
entschiedener Beobachtungsgabe, erzählt Beispiele
von Katzen, welche zum Fischfang, zum Fang
von Kaninchen, Rebhühnern, Fasanen u. s. w.
abgerichtet worden seien. Ich wiederhole seine
Versicherung, ohne mir ein Urtheil darüber zu
erlauben. Von Natur aus und aus Instinkt
stellt die Katze jenen Geschöpfen allerdings be-
eifert nach; allein daß sie bei ihrer angeborenen
Wildheit und Selbstsucht dazu gewöhnt werden
könne, die erhaschte Beute ihrem Herrn abzu-
liefern, das ist mir nicht ganz klar. Jene
Selbstverleugnung, welche wir an einem gut-
dressirten Jagdhunde mit Staunen und Ver-
gnügen wahrnehmen, scheint nicht ganz im Cha-
rakter der Katze zu liegen. Jedenfalls setzt eine
Jagd der Katze auf Kaninchen und wildes Geflügel
voraus, daß der Herr derselben immer in der
Nähe ist, wie bei der Kaninchcnjagd mit Frett-
chen; allein wenn dies der Fall und der Herr
der Katze jagdberechtigt und kein Wilddieb ist,
so wird er mit einer Flinte oder Windbüchse
weiter kommen, als mit der Katze.
Ich will mich hier nicht auf das Ansammeln
von Anekdoten über Katzen einlassen, denn sol-
cher gibt es eine Legion, will auch nicht von
bekannteren Dingen, wie z. B. vom Bau des
Auges der Katze, von der Elektrizität ihres Fells,
von ihrer Vorliebe für starkriechende Pflanzen,
wie Baldrian, Kätzenmünze, Katzengamander u.
dcrgl. reden, noch von der zähen Lebenskraft,
noch von der Reinlichkeit der Katze, die fort-
während an ihrem Balge glättet und strehlt
und ihre Excremente vergräbt; aber einige Bei-
trage zur Geschichte dieses Thieres dürften hier
nicht unwillkommen sein. Daß sich die Haus-
katze vom Morgenlande und namentlich von
Egypten aus über Europa verbreitete, ist be-
kannt. Die alten Griechen und Römer kannten
schon die Katze und ihre Eigenschaften. Aber
höher hinauf in die gemäßigte und kalte Zone
von Europa scheint sie sich nur langsani ver-!
breitet zu haben. Es existirt in London noch
eine Urkunde, welche ein von Howel Lebau,
Fürsten von Wales, erlassenes Gesetz wegen der
Katzen vom Jähr 948 enthält, woraus hervor-
geht, welch hohen Werth man in früherer Zeit
auf eine tüchtige Katze legte. Jenes Gesetz be-
stimmt den Marktpreis der jungen Katze bis zu
dem Augenblicke, wo sie die erste Blaus fing,
von wo an sie den doppelten Werth hatte. Der
Käufer durste Garantie verlangen, daß sie eine
tüchtige Mauserin, daß Gehör, Gesicht und
Krallen bei ihr fehlerlos seien, daß sie, wenn
eine Kätzin, ihre Jungen gut erziehe. War
hierin ein Fehler nachzuweisen, so mußte der
Verkäufer dem Käufer ein Dritttheil des Kauf-
preises zurückerstatten. Wer auf den Getraide-
speichern des Fürsten eine Katze stahl oder töd-
tete und darob ertappt oder überwiesen wurde,
der mußte zur Strafe ein erwachsenes unge-
schorenes Schaf nebst Lamm oder so viel Wei-
zen geben, daß die Katze davon bedeckt ward,
wenn man sie an der Schwanzspitze so aufhing,
daß sie mit der Nasenspitze den Boden berührte.
Nach Amerika wurde die Hauskatze erst durch
die Spanier gebracht, und nach Australien ist sie
ebenfalls erst durch die Engländer gekommen,
wenn auch der Norden jenes Festlandes sie von
den Sunda-Jnseln aus erhalten haben mag.
Der Hekla auf Island.
tS. das Bild auf Seite 3dl.)
Hoch oben im Norden von Großbritannien
erhebt sich aus der grünen Fluth des Polar-
meers eine gewaltige Insel, Island oder Eis-
land genannt, von einer Menge größerer und
kleinerer Meerbusen, Buchten und Meerengen
durchschnitten, umstarrt von Klippen, die oft bis
zu 2000 Fuß Höhe aus der Meeresfluth sich
erheben, und von kleineren felsigen Eilanden.
Nur an ihrem Südrande zeigt die Insel einen
niedrigen sandigen Küstenstrich zwischen dem
Ocean und dem Tafellande, aus welchem sich
einzelne Bergzüge und starre vulkanische Kegel
erheben. Die ganze Insel ist unverkennbar durch
vulkanische Gewalten aus den Tiefen des Oceans
emporgetrieben und besteht zum größten Theil
aus sogenanntem plutonischem Gestein, aus ver-
härteten Lavaströmen, aus Bimsstein und' ande-
ren Erzeugnissen jenes unversiegbaren unterirdi-
schen Feuers, welches nach der Ansicht der Ge-
lehrten den Kern unseres Erdinneren bilden soll.
Während aber ein sechsmonatlicher Winter die
Oberfläche der Insel unter einer Decke von Eis
und Schnee vergräbt und doch wiederum die
Nähe des Golfstroms diesen Winter milder macht,
als derselbe z. B. unter gleichen Breiten auf
den Festländern der alten und neuen Welt ist,
macht das schon erwähnte unterirdische Feuer
sich auf der ganzen Insel in zahlreichen Er-
scheinungen geltend, welche zu dcni Großartigsten
und Erhabensten gehören, was die unorganische
Natur unseres Planeten aufzuweisen hat. Be-
sonders gilt dies von einer ganzen Reihe von
Jökuls oder feuerspeienden Bergen, welche meist
noch in Thätigkeit sind und von denen der Hekla
der bekannteste und augenfälligste ist. Aeser
Vulkan, im südwestlichen Theil von Island
gelegen, wie überhaupt die meisten seiner Vul-
kane, erhebt sein schimmerndes Schneehaupt
auf der Grenze zwischen dem unfruchtbaren
niedrigen Küstenstrich von vulkanischem Sande
und dem sterilen Hochland des Inneren zu einer
Höhe von 4300 und 5600 Fuß, noch nicht
der höchste Berg der Insel, noch der furcht-
barste, denn der Oeräfa erreicht eine Meeres-
höhe von 6000 Fuß, und andere Vulkane sind
noch gefürchteter, namentlich der Skaptar, dessen
Ausbrüche jedesmal die entsetzlichsten Zerstörun-
gen auf der Insel angerichtet haben. Wie ein
Vorposten der ungeheuren Gletscherwelt, welche
das noch ganz unerforschte Innere der Insel
bedeckt, erhebt sich der Hekla hier aus einer gan-
zen Kette von Vulkanen, am besten von allen
gekannt wegen der Häufigkeit seiner Ausbrüche,
die jedoch seit Menschengedenken nicht mehr all-
zu, großen Schaden gethan haben, und ist dem
Schiffer, welcher sich der südwestlichen Küste Is-
lands naht, schon von Weitem erkennbar.
HoHschlitten in den Vogesen.
(S. das Bild auf S. 309.)
Die Vogesen, jener westliche Ausläufer der
großen Alpenkette, sind ein Gebirgszug, welcher
einen ungemein energischen Reiz in seinen kühn-
geformten und mit dunklen Nadelwäldern bewach-
senen Bergen besitzt. Der Hauptreichthum der
Vogesen sind die verschiedenen weichen Holz-
arten, welche auf den Kuppen und Hängen wach-
sen. Hierin, wie in ihrem ganzen Charakter,
ihren Produkten, dem Charakter ihrer Bewohner
u. drgl., sind die Vogesen das Seitenstück zu
unserem Schwarzwald, nur mit dem Unter-
schiede, daß dieser französische weder so besie-
delt, noch so gewerbereich, noch in forstlicher
Hinsicht so gut und sorglich bcwirthschaftet ist,
wie unser süddeutscher Schwarzwald, der be-
kanntlich einer der reichsten Landstriche Süd-
deutschlands ist. Der Bewohner der Vogesen
ist von deutscher Abkunft, ein Allemanne, wie
unser Schwarzwälder, aber wenn er auch noch
mit einer gewissen Zähigkeit an der deutschen
Bibel, dem deutschen Kirchen- und Volkslied
und gewissen deutschen Sitten hängt, so haben
zwei Jahrhunderte der politischen Abtrennung von
Deutschland doch ganz dazu beigetragen, ihn in
politischer Beziehung zum Franzosen umzuwandeln.
Einen Charakterzug des deutschen Bauern aber
verleugnet selbst der heutige Vogesenbewohncr
nicht, und dies ist die Zerstörungswuth im Walde,
der kopflose Raubbau in der Beforstung. Wohin
wären unsere deutschen Wälder gekommen, wenn
man den Bauer nach seinem Belieben hätte
wirthschasten lassen? Ueberall haben die vergange-
nen Generationen und selbst die gegenwärtige noch
die steilen bewaldeten Hänge beinahe kahl abge-
trieben und die Gefahr herbeigeführt, daß die
Nachkommen in den nächsten 60—80 Jahren
an Holzmangel leiden, und in Frankreich hat
erst neuerdings, und beinahe zu spät, die Gesetz-
gebung diesem Raub am Walde Einhalt zu
thun gesucht. — Wie in unserem Schwarzwalde,
so geschieht auch in den Vogesen der Transport
des Scheiter- oder Klafterholzes aus den steilen
Berghalden herab, wo cs geschlagen und aufge-
klaftert ward, an die fahrbaren Waldwege oder
flößbaren Bäche durch das sogenannte Schlit-
ten des Holzes.
In welcher Weise dieses Schlitten geschieht,
das zeigt unser Bild auf S. 309 am deutlichsten.
Ein Schlitten, beladen mit einem Holzstoße im
Gewicht von 20 bis 40 Centnern, wird von
dem stämmigen Holzknechte nur mittelst des Ge-
wichts seines eigenen Körpers und der beiden
aufrecht stehenden Enden (Schwingen) der Schlit-
tenläufe gelenkt und auf den rauhesten Wald-
pfaden an den steilsten Hängen heruntcrgeschafft.
Menschen gewöhnt ist. Selten oder gnr nie
vertraut sie dem Menschen ganz, selbst bei der
wärmsten Darlegung von Wohlwollen. Sie ist
reizbar und empfindlich, sehr auf ihre Behag-
lichkeit erpicht, sehr unbekümmert und sorglos,
außer in Betreff der Fortdauer ihres eigenen
Vergnügens. Allein trotz all' dem Vorurtheil,
welches gegen das treulose und hchlerische We-
sen der Katze im Schwünge ist, läßt sich doch
nicht leugnen, daß eine wohlerzogene Katze Ei-
genschaften besitzt, welche sie der Berücksichtigung
und dem Schutze des Menschen empfehlen. Wenn
sie auch nicht die lebhafte, treue und ausdauernde
Anhänglichkeit des Hundes bethätigt, so ist sie
doch im Allgemeinen zuthunlich und sanft und
dankbar gegen ihre Wohlthätcr. Wer sich län-
gere Zeit mit Katzen abgegeben und deren Trei-
ben genau beobachtet hat, der findet namentlich
Einen schönen Charakterzug an ihnen, welcher
ihn einigermaßen mit den Schattenseiten des
Thieres aussöhnt: kaum Ein Thier zeigt nämlich
einen höheren Grad von mütterlicher Liebe und
Zärtlichkeit; die außerordentliche Aufmerksamkeit
und unverdrossene Thätigkeit, womit sie ihre
Jungen verpflegt und versorgt, und die Anhäng-
lichkeit und beeiferte Liebe, welche sie für die-
selben an den Tag legt, verfehlen niemals, den
aufmerksamen Beobachter für dieses Thier ein-
zunehmen.
Von der Gelehrigkeit der Katzen für gewisse
kleine Künste und Fertigkeiten habe ich schon
viel gelesen und gehört, aber noch kein einziges
Beispiel gesehen. Der Engländer Jesse, ein sehr
genauer und scharfblickender Naturforscher von
entschiedener Beobachtungsgabe, erzählt Beispiele
von Katzen, welche zum Fischfang, zum Fang
von Kaninchen, Rebhühnern, Fasanen u. s. w.
abgerichtet worden seien. Ich wiederhole seine
Versicherung, ohne mir ein Urtheil darüber zu
erlauben. Von Natur aus und aus Instinkt
stellt die Katze jenen Geschöpfen allerdings be-
eifert nach; allein daß sie bei ihrer angeborenen
Wildheit und Selbstsucht dazu gewöhnt werden
könne, die erhaschte Beute ihrem Herrn abzu-
liefern, das ist mir nicht ganz klar. Jene
Selbstverleugnung, welche wir an einem gut-
dressirten Jagdhunde mit Staunen und Ver-
gnügen wahrnehmen, scheint nicht ganz im Cha-
rakter der Katze zu liegen. Jedenfalls setzt eine
Jagd der Katze auf Kaninchen und wildes Geflügel
voraus, daß der Herr derselben immer in der
Nähe ist, wie bei der Kaninchcnjagd mit Frett-
chen; allein wenn dies der Fall und der Herr
der Katze jagdberechtigt und kein Wilddieb ist,
so wird er mit einer Flinte oder Windbüchse
weiter kommen, als mit der Katze.
Ich will mich hier nicht auf das Ansammeln
von Anekdoten über Katzen einlassen, denn sol-
cher gibt es eine Legion, will auch nicht von
bekannteren Dingen, wie z. B. vom Bau des
Auges der Katze, von der Elektrizität ihres Fells,
von ihrer Vorliebe für starkriechende Pflanzen,
wie Baldrian, Kätzenmünze, Katzengamander u.
dcrgl. reden, noch von der zähen Lebenskraft,
noch von der Reinlichkeit der Katze, die fort-
während an ihrem Balge glättet und strehlt
und ihre Excremente vergräbt; aber einige Bei-
trage zur Geschichte dieses Thieres dürften hier
nicht unwillkommen sein. Daß sich die Haus-
katze vom Morgenlande und namentlich von
Egypten aus über Europa verbreitete, ist be-
kannt. Die alten Griechen und Römer kannten
schon die Katze und ihre Eigenschaften. Aber
höher hinauf in die gemäßigte und kalte Zone
von Europa scheint sie sich nur langsani ver-!
breitet zu haben. Es existirt in London noch
eine Urkunde, welche ein von Howel Lebau,
Fürsten von Wales, erlassenes Gesetz wegen der
Katzen vom Jähr 948 enthält, woraus hervor-
geht, welch hohen Werth man in früherer Zeit
auf eine tüchtige Katze legte. Jenes Gesetz be-
stimmt den Marktpreis der jungen Katze bis zu
dem Augenblicke, wo sie die erste Blaus fing,
von wo an sie den doppelten Werth hatte. Der
Käufer durste Garantie verlangen, daß sie eine
tüchtige Mauserin, daß Gehör, Gesicht und
Krallen bei ihr fehlerlos seien, daß sie, wenn
eine Kätzin, ihre Jungen gut erziehe. War
hierin ein Fehler nachzuweisen, so mußte der
Verkäufer dem Käufer ein Dritttheil des Kauf-
preises zurückerstatten. Wer auf den Getraide-
speichern des Fürsten eine Katze stahl oder töd-
tete und darob ertappt oder überwiesen wurde,
der mußte zur Strafe ein erwachsenes unge-
schorenes Schaf nebst Lamm oder so viel Wei-
zen geben, daß die Katze davon bedeckt ward,
wenn man sie an der Schwanzspitze so aufhing,
daß sie mit der Nasenspitze den Boden berührte.
Nach Amerika wurde die Hauskatze erst durch
die Spanier gebracht, und nach Australien ist sie
ebenfalls erst durch die Engländer gekommen,
wenn auch der Norden jenes Festlandes sie von
den Sunda-Jnseln aus erhalten haben mag.
Der Hekla auf Island.
tS. das Bild auf Seite 3dl.)
Hoch oben im Norden von Großbritannien
erhebt sich aus der grünen Fluth des Polar-
meers eine gewaltige Insel, Island oder Eis-
land genannt, von einer Menge größerer und
kleinerer Meerbusen, Buchten und Meerengen
durchschnitten, umstarrt von Klippen, die oft bis
zu 2000 Fuß Höhe aus der Meeresfluth sich
erheben, und von kleineren felsigen Eilanden.
Nur an ihrem Südrande zeigt die Insel einen
niedrigen sandigen Küstenstrich zwischen dem
Ocean und dem Tafellande, aus welchem sich
einzelne Bergzüge und starre vulkanische Kegel
erheben. Die ganze Insel ist unverkennbar durch
vulkanische Gewalten aus den Tiefen des Oceans
emporgetrieben und besteht zum größten Theil
aus sogenanntem plutonischem Gestein, aus ver-
härteten Lavaströmen, aus Bimsstein und' ande-
ren Erzeugnissen jenes unversiegbaren unterirdi-
schen Feuers, welches nach der Ansicht der Ge-
lehrten den Kern unseres Erdinneren bilden soll.
Während aber ein sechsmonatlicher Winter die
Oberfläche der Insel unter einer Decke von Eis
und Schnee vergräbt und doch wiederum die
Nähe des Golfstroms diesen Winter milder macht,
als derselbe z. B. unter gleichen Breiten auf
den Festländern der alten und neuen Welt ist,
macht das schon erwähnte unterirdische Feuer
sich auf der ganzen Insel in zahlreichen Er-
scheinungen geltend, welche zu dcni Großartigsten
und Erhabensten gehören, was die unorganische
Natur unseres Planeten aufzuweisen hat. Be-
sonders gilt dies von einer ganzen Reihe von
Jökuls oder feuerspeienden Bergen, welche meist
noch in Thätigkeit sind und von denen der Hekla
der bekannteste und augenfälligste ist. Aeser
Vulkan, im südwestlichen Theil von Island
gelegen, wie überhaupt die meisten seiner Vul-
kane, erhebt sein schimmerndes Schneehaupt
auf der Grenze zwischen dem unfruchtbaren
niedrigen Küstenstrich von vulkanischem Sande
und dem sterilen Hochland des Inneren zu einer
Höhe von 4300 und 5600 Fuß, noch nicht
der höchste Berg der Insel, noch der furcht-
barste, denn der Oeräfa erreicht eine Meeres-
höhe von 6000 Fuß, und andere Vulkane sind
noch gefürchteter, namentlich der Skaptar, dessen
Ausbrüche jedesmal die entsetzlichsten Zerstörun-
gen auf der Insel angerichtet haben. Wie ein
Vorposten der ungeheuren Gletscherwelt, welche
das noch ganz unerforschte Innere der Insel
bedeckt, erhebt sich der Hekla hier aus einer gan-
zen Kette von Vulkanen, am besten von allen
gekannt wegen der Häufigkeit seiner Ausbrüche,
die jedoch seit Menschengedenken nicht mehr all-
zu, großen Schaden gethan haben, und ist dem
Schiffer, welcher sich der südwestlichen Küste Is-
lands naht, schon von Weitem erkennbar.
HoHschlitten in den Vogesen.
(S. das Bild auf S. 309.)
Die Vogesen, jener westliche Ausläufer der
großen Alpenkette, sind ein Gebirgszug, welcher
einen ungemein energischen Reiz in seinen kühn-
geformten und mit dunklen Nadelwäldern bewach-
senen Bergen besitzt. Der Hauptreichthum der
Vogesen sind die verschiedenen weichen Holz-
arten, welche auf den Kuppen und Hängen wach-
sen. Hierin, wie in ihrem ganzen Charakter,
ihren Produkten, dem Charakter ihrer Bewohner
u. drgl., sind die Vogesen das Seitenstück zu
unserem Schwarzwald, nur mit dem Unter-
schiede, daß dieser französische weder so besie-
delt, noch so gewerbereich, noch in forstlicher
Hinsicht so gut und sorglich bcwirthschaftet ist,
wie unser süddeutscher Schwarzwald, der be-
kanntlich einer der reichsten Landstriche Süd-
deutschlands ist. Der Bewohner der Vogesen
ist von deutscher Abkunft, ein Allemanne, wie
unser Schwarzwälder, aber wenn er auch noch
mit einer gewissen Zähigkeit an der deutschen
Bibel, dem deutschen Kirchen- und Volkslied
und gewissen deutschen Sitten hängt, so haben
zwei Jahrhunderte der politischen Abtrennung von
Deutschland doch ganz dazu beigetragen, ihn in
politischer Beziehung zum Franzosen umzuwandeln.
Einen Charakterzug des deutschen Bauern aber
verleugnet selbst der heutige Vogesenbewohncr
nicht, und dies ist die Zerstörungswuth im Walde,
der kopflose Raubbau in der Beforstung. Wohin
wären unsere deutschen Wälder gekommen, wenn
man den Bauer nach seinem Belieben hätte
wirthschasten lassen? Ueberall haben die vergange-
nen Generationen und selbst die gegenwärtige noch
die steilen bewaldeten Hänge beinahe kahl abge-
trieben und die Gefahr herbeigeführt, daß die
Nachkommen in den nächsten 60—80 Jahren
an Holzmangel leiden, und in Frankreich hat
erst neuerdings, und beinahe zu spät, die Gesetz-
gebung diesem Raub am Walde Einhalt zu
thun gesucht. — Wie in unserem Schwarzwalde,
so geschieht auch in den Vogesen der Transport
des Scheiter- oder Klafterholzes aus den steilen
Berghalden herab, wo cs geschlagen und aufge-
klaftert ward, an die fahrbaren Waldwege oder
flößbaren Bäche durch das sogenannte Schlit-
ten des Holzes.
In welcher Weise dieses Schlitten geschieht,
das zeigt unser Bild auf S. 309 am deutlichsten.
Ein Schlitten, beladen mit einem Holzstoße im
Gewicht von 20 bis 40 Centnern, wird von
dem stämmigen Holzknechte nur mittelst des Ge-
wichts seines eigenen Körpers und der beiden
aufrecht stehenden Enden (Schwingen) der Schlit-
tenläufe gelenkt und auf den rauhesten Wald-
pfaden an den steilsten Hängen heruntcrgeschafft.