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auch beim ärgsten Regenwetter schon aushalten, man sitzt m
hübschen Lesezimmern bei angenehmer Gesellschaft, im sicheren
Glassalon, auf gedeckten Balkonen und plaudert und vertreibt
sich die Zeit, oder man Leslicht Museen und Sehenswürdig-
keiten, welche das schlechte Wetter gar nicht empfinden lassen.
Ganz anders wird die Sache jedoch, falls man auf einer Berg-
parthie vom schlechten Wetter ereilt wird. Der Himmel war
so rein und blau, als man von: Thale aufstieg — der Führer
Das Buch für All e.
sah zwar lächelnd zum Himmel und hielt einen Grashalm
gegen den Wind, meinte aber, bös sähe es nicht aus. Das
Programm für die nächsten Tage war festgestellt und so ging
man denn munter und guter Dinge bergauf. Es war auch
wunderschön, die Blumen blühten so srischfarbig auf den
Matten, mair ging wie auf Sammet, und der dunkelgrüne
Wald stach so herrlich ab gegen das Helle Grün der Wiesen;
man begegnete, und das war so echt tirolerisch, der feschen
M 3.
Sennerin mit dem kleinen grünen Hut, den vielfarbigen Kühen,
dem Hirtenbub und dein Jäger. Dort oben über der Wiesen-
kuppe stiegen schon die gewaltigen Felsmauern des Hoch-
gebirges auf, und in Heller, greller Sonne erglänzten die
Schneealpen zwischen den Felsgraten. Man freute sich auf
die weltberühmte Aussicht, auf das erhabene Alpenpanorama.
Der Führer drängte zwar zur Eile und machte eine Bemer-
kung über die grelle Sonne und den gar zu klaren Himmel —
Humoristisches.
Der geprellte U n rr dritte r.
WoS nur dcr Krämer Pfeffersack
Den ganzen Tag dort treiben mag?
Ein Jeder spricht, dcr ihn erblickt:
„Dcr gute Mann ist wohl verrückt!"
Ein Ritter hinter'm Busch verwahrt
Da naht ein Wagen: „Hurrah! heute
Winkt hoffentlich mir reiche Beute!
Er prallt zurück in starrem Schrecken,
Ein Graus Packt ihn und seinen Schecken.
Er sprengt davon mit wildem Fluchen,
Den Weg zur Burg zurück zu suchen.
Der Kaufmann aber. Dank dcr List,
Fortan nicht mehr behelligt ist.
darauf achtete jedoch iu der Lust des Aufstiegs Niemand.
Mit einem Male jedoch umschwebte ein weißlicher Nebel die
Tannenspitzen oben. „Es kommt ein Wetter," drückte der
Führer sich deutlicher aus. Ferner Donner ließ sich vernehmen;
es kam überraschend schnell. Nach kaum zehn Minuten war
der Himmel schwarzgrau und machte ein sehr böses Gesicht,
verschwunden waren die Felsengrate, man sah nur noch in
nächster Nähe, es tröpfelte, ein starker Donner, ein gewaltiger
W'indstoß, und der Regelt brach los. Er machte recht naß,
dieser Alpenregen, er ging so schnell durch und durch, und
inan war herzlich froh, als inan eine Almhütte erreicht hatte.
lvo man Schutz faild. Freilich, in dem engen Gemach roch
es nicht gerade lieblich, es war wenig hell, auch nicht sehr
sauber, und die Stühle hart und die Bänke nicht weicher,
dazu rauchte der geheizte Ofen, es waren noch andere Flücht-
linge im Zimmer, Holzknechte, Aelpler, Jäger, die ihre
Kleider auch nicht mit Kölnischem Wasser begossen hatten, ein
Fenster öffnete inan nicht — kurz der Aufenthalt hatte seine
Schattenseiten und dazu wollte es gar nicht aufhören zu
regnen. Es tropfte gewaltig in einförmiger Melodie, und
die Dachrinne spielte unaufhörlich lustig den Baß bei diesem
Konzert. Eine Stunde, zivei Stunden waren verflossen und
der Himmel machte durchaus nicht Miene, seine Schleusen zu
schließen. Was half das Hinausgehen, um nach dem Wetter
zu sehen? Man wurde dabei nur naß und fror, so daß man
bald wieder in das Innere der Hütte zurückkehren mußte.
Immer jedoch wurde stärker geheizt, denn Reisigholz war ge^
nug da, und die Luft wurde in dem wenig großen Raun:
immer dicker. Ja, es ist eine eigenthümliche Sache, auf der
Alm eingeregnct zu werden — das zeigt uns naturwahr und
belustigend A. Müller-Lingke auf seinem hübschen, von uns
auf S. 65 wiedergegebenen Genrebilde.
auch beim ärgsten Regenwetter schon aushalten, man sitzt m
hübschen Lesezimmern bei angenehmer Gesellschaft, im sicheren
Glassalon, auf gedeckten Balkonen und plaudert und vertreibt
sich die Zeit, oder man Leslicht Museen und Sehenswürdig-
keiten, welche das schlechte Wetter gar nicht empfinden lassen.
Ganz anders wird die Sache jedoch, falls man auf einer Berg-
parthie vom schlechten Wetter ereilt wird. Der Himmel war
so rein und blau, als man von: Thale aufstieg — der Führer
Das Buch für All e.
sah zwar lächelnd zum Himmel und hielt einen Grashalm
gegen den Wind, meinte aber, bös sähe es nicht aus. Das
Programm für die nächsten Tage war festgestellt und so ging
man denn munter und guter Dinge bergauf. Es war auch
wunderschön, die Blumen blühten so srischfarbig auf den
Matten, mair ging wie auf Sammet, und der dunkelgrüne
Wald stach so herrlich ab gegen das Helle Grün der Wiesen;
man begegnete, und das war so echt tirolerisch, der feschen
M 3.
Sennerin mit dem kleinen grünen Hut, den vielfarbigen Kühen,
dem Hirtenbub und dein Jäger. Dort oben über der Wiesen-
kuppe stiegen schon die gewaltigen Felsmauern des Hoch-
gebirges auf, und in Heller, greller Sonne erglänzten die
Schneealpen zwischen den Felsgraten. Man freute sich auf
die weltberühmte Aussicht, auf das erhabene Alpenpanorama.
Der Führer drängte zwar zur Eile und machte eine Bemer-
kung über die grelle Sonne und den gar zu klaren Himmel —
Humoristisches.
Der geprellte U n rr dritte r.
WoS nur dcr Krämer Pfeffersack
Den ganzen Tag dort treiben mag?
Ein Jeder spricht, dcr ihn erblickt:
„Dcr gute Mann ist wohl verrückt!"
Ein Ritter hinter'm Busch verwahrt
Da naht ein Wagen: „Hurrah! heute
Winkt hoffentlich mir reiche Beute!
Er prallt zurück in starrem Schrecken,
Ein Graus Packt ihn und seinen Schecken.
Er sprengt davon mit wildem Fluchen,
Den Weg zur Burg zurück zu suchen.
Der Kaufmann aber. Dank dcr List,
Fortan nicht mehr behelligt ist.
darauf achtete jedoch iu der Lust des Aufstiegs Niemand.
Mit einem Male jedoch umschwebte ein weißlicher Nebel die
Tannenspitzen oben. „Es kommt ein Wetter," drückte der
Führer sich deutlicher aus. Ferner Donner ließ sich vernehmen;
es kam überraschend schnell. Nach kaum zehn Minuten war
der Himmel schwarzgrau und machte ein sehr böses Gesicht,
verschwunden waren die Felsengrate, man sah nur noch in
nächster Nähe, es tröpfelte, ein starker Donner, ein gewaltiger
W'indstoß, und der Regelt brach los. Er machte recht naß,
dieser Alpenregen, er ging so schnell durch und durch, und
inan war herzlich froh, als inan eine Almhütte erreicht hatte.
lvo man Schutz faild. Freilich, in dem engen Gemach roch
es nicht gerade lieblich, es war wenig hell, auch nicht sehr
sauber, und die Stühle hart und die Bänke nicht weicher,
dazu rauchte der geheizte Ofen, es waren noch andere Flücht-
linge im Zimmer, Holzknechte, Aelpler, Jäger, die ihre
Kleider auch nicht mit Kölnischem Wasser begossen hatten, ein
Fenster öffnete inan nicht — kurz der Aufenthalt hatte seine
Schattenseiten und dazu wollte es gar nicht aufhören zu
regnen. Es tropfte gewaltig in einförmiger Melodie, und
die Dachrinne spielte unaufhörlich lustig den Baß bei diesem
Konzert. Eine Stunde, zivei Stunden waren verflossen und
der Himmel machte durchaus nicht Miene, seine Schleusen zu
schließen. Was half das Hinausgehen, um nach dem Wetter
zu sehen? Man wurde dabei nur naß und fror, so daß man
bald wieder in das Innere der Hütte zurückkehren mußte.
Immer jedoch wurde stärker geheizt, denn Reisigholz war ge^
nug da, und die Luft wurde in dem wenig großen Raun:
immer dicker. Ja, es ist eine eigenthümliche Sache, auf der
Alm eingeregnct zu werden — das zeigt uns naturwahr und
belustigend A. Müller-Lingke auf seinem hübschen, von uns
auf S. 65 wiedergegebenen Genrebilde.