156
sind Spezialisten, die jeder anderen darstellerischen Aufgabe
natürlich hilflos gegenüberstehen würden. Dreher führt die
Regie und zeigt seinen Bauernkünstlern, wie sie's machen
sollen. Es ist aber durchaus keine Kunstdressur, wie sie an
manchen mittleren Stadttheatern betrieben wird. Zumeist treffen
die Leute den richtigen Ton ganz von selbst, und wie natür-
lich machen sie nach, was Dreher ihnen zeigt! Das ist eine
ausgesprochen angeborene Begabung. Der Münchener Komiker
hat nur eine glückliche Hand bei der Entdeckung und Aus-
wahl der Leute gehabt. Wer Lust zum „G'spüll" hatte, meldete
sich bei ihm, und er probirte dann aus, ob und wozu der Be-
treffende geeignet sei. Das exakte, geradezu vollendete Zu-
sammenspiel, die künstlerische Anordnung sind natürlich Dreher
zu verdanken, der die Blüthe moderner Kunstentwickelung auf
dis wilde „Natur" gepfropft hat. Das komische Element ist
die stärkste Seite dieser Bauernschauspieler. Der Michael Dengg
(Skizze 3) aus Egern-Rottach (Tegernsee) und der Michael
Kratzer aus Miesbach sind zwei Charakterspielcr ersten Ranges.
Ersterer noch jung, ein Schiffer und Holzknecht; seine Partnerin,
Anna Gaßner (Skizze 3), ein sauberes Dirndl mit dem echten,
ländlich-feinen Oval der Tegernseer Gegend, ist ihres Zei-
chens Näherin. Kürzlich haben sich die Beiden geheirathet.
Die Frau Terofal's, die Sennerin auf der Gindelalm war,
Das Bu ch s ü r All e.
singt reizend ihre G'stanzeln und Lieder. Die „Schlierseer"
gasUren schon den ganzen Sommer über wöchentlich einmal
im Münchener Gärtnerplatztheater unter lebhaftestem Beifall.
Dreher beabsichtigt ferner im nächsten Herbst mit der „Ge-
sellschaft", die in Schliersee nur an Sonn- und Feiertagen
spielt, auf Reisen zu gehen; zunächst nach Wien, Graz und
Prag, später auch nach Berlin. Mein Freund Gailing, der
Hausknecht, behauptete zwar, sie gingen auch nach „Kunsch-
tantmopel" — aber was sotten die frischen Dirndln und
Buabn beim Großtürken? Die Berliner und Wiener werden
diese einzigartige, quellfrische Volkskunst besser zu schätzen
wissen. Rübcrt Misch.
Der FiMg von Tascheullrebseu in den Lagunen
des österreichischen Küstenlandes.
(Mit Abbildung.)
ändert man von Triest aufwärts an den Gestaden des
Golfes von Triest entlang, so kommt man bald zu Land-
strichen, die ganz seltsam gestaltet sind. Festes Land und Wasser
Hcst 6.
finden sich in diesen viele Stunden großen Gebieten so sonder-
bar gemischt, daß es meist schwierig ist, zu entscheiden, wo
das Meer anfüngt und das Festland aufhört, und umgekehrt.
Sumpf, Sandbänke und Meerwasfer bilden hier eine Küste
von ganz merkwürdiger Physiognomie; besonders bei der Ebbe-
zeit ist es interessant zu beobachten, wie allmälrg stundenweit
in das Meer sich hinein erstreckende Landzungen, Inseln und
Inselchen zum Vorschein kommen. Diese eigenthümliche Küsten-
gestaltung zieht sich bis weit unterhalb Venedig hin, un-
zählige Sandbänke und Lagunen bildend. Tritt die Ebbe ein,
so entfaltet sich auf diesen ganz flach werdenden Lagunen-
gründen ein sehr interessantes Leben Die untenstehende Illu-
stration versetzt uns m die Gegend von Grado im Meerbusen
von Triest. Wir erblicken die Schifferbevölkerung des Lagunen-
striches beim Fang der Taschenkrebse. Das sind kleine und
größere, beinahe fpinnenartig aussehende Schalthiere mit einem
schildähnlichen Rücken, unter welchem lebhafte Beine hervor-
zappeln. Das Thier besitzt scharf ausschaucnde Aeuglein vorn
am Schildkopfe und vertheidigt sich und packt seinen Raub
mit zwei scharfen Krebsscheeren. Der uns beiin Flußkrebse
als Schwanz bekannte Körperabschnitt ist bei den Krabben
kurz, plattensörmig und unter das Kopfbruststück eingeschlagen.
Die Weibchen unterscheiden sich durch die größere Breite dieser
Mang von Haschenkreösen in den Lagunen des österreichischen Küstenkandes. Originalzeichnung von F. Schlegel.
Schwanzplatte von den Männchen. Sie bildet sich nicht selten
zu einer Art von Schüssel aus, in der mit Hilfe der faden-
förmigen Beinanhänge die Eier bis zum Ausschlüpfen der
Jungen getragen werden. Das kurze Kopfbruststück ist oft
breiter als lang und gibt den Thieren nicht selten durch aller-
lei Auswüchse ein ganz seltsames Aussehen. Meist gehen die
Krabben von der Seite, was sehr komisch aussieht, besonders,
wenn sie dabei schnell laufen. Ist das Meerwasser von den
Lagunengründen und Landflecken abgelaufen, so bleiben die
Krabben und größeren Taschenkrebse, inan nennt diese auch
Meerspinnen, in Menge zurück, und das Schiffervolk beeilt
sich, „die Ernte" zu sammeln. Die Thiere verbergen sich meist
unter dem Tang und sind sehr flink und geschickt, sich in die
nasse, halbflüssige Erde einzugraben, um auf diese Weise der Nach-
stellung zu entgehen; es kommt daher beim Fang darauf an,
schnell zuzugreifen, den Taschenkrebs am Rücken zu fassen und
ihn in den Sack oder Korb zu werfen. Bekommt der Fischer
die Scheere in die Hand, so wirft der Krebs dieselbe ab und !
ist in wenigen Augenblicken verschwunden. Diesen Krabben- f
fang üben meist Knaben, Mädchen, Frauen und alte Leute
aus; rüstige erwachsene Fischer geben sich mit dem „Kleinkram"
nicht ab. Die brünetten dunkelhaarigen Gestalten, welche hier
in den Lagunen dieses Handwerk üben, find meist Abkömm-
linge venetianischerFischer, die nach Oesterreich übergesiedelt sind.
Hoch aufgeschürzt waten die sonnengebräunten kraushaarigen
Knaben und Mädchen durch den Schlamm und den Tang, die
Frauensleute mit ihren bunten Röcken und rothen, gelben und
grünen Kopftüchern bilden einen sehr hübschen, malerischen
Gegensatz zu dem hellblauen Meere und dem fahlweißen Sande.
Die größten Taschenkrebse wandern in die Städte und werden
dort als Leckerbissen sehr geschätzt, die kleinen dienen zum
Ködern gewisser Fischarten und die ganz kleinen, weichschaligcn
werden gekocht und von den Fischern mitsammt der Schale
gegessen. Oft haben die Fischer gar keine andere Nahrung
als diese Krabben. Es ist daher erklärlich, wenn die Lagunen-
fischer von Grado, Aguileja und Monfnlcone eifrig auf den
Fang der Taschenkrebse ausgehen, diese find sozusagen das täg-
liche Brod und, wie die Schiffer dort sich ausdrücken, Strümpfe
und Schuhe.
Schlch im Muck.
(Siehe das Bild aas Seile 157.)
^ie Zeit des alljährlichen Herbstmanövers, des „Krieges im
Frieden", ist auch zugleich die Blüthezeit der militärischen
Poesie, nach der sich Alles von dem Einerlei des Garnisonlebens
hinsehnt, obgleich es im Manöver wahrlich nicht an Stra-
pazen fehlt. — Am Nachmittag verstummt das Geknatter und
Geknalle, die „Schlacht" des Tages ist zu Ende, und während
ver Höchstkommandirende noch für die Offiziere seine Kritik
abhält, hat die Infanterie die Gewehre zusammengesetzt, die
Kavallerie und Artillerie ist abgesefsen. Die Truppentheile
biwakiren auf den Plätzen, welche sie gegenwärtig einnehmen,
und Alles beeilt sich, es sich nach Möglichkeit behaglich zu
machen. Die Zelte werden aufgeschlagen, die Feuerstätten
hergerichtet, um das soldatische Mahl daran zu kochen; eine
Abtheilung tritt mit Kochgeschirren an, um Wasser zu holen,
dort wird Stroh abgeladen, und auch die Marketender stellen sich
mit ihren Fuhrwerken und allerlei Festem und Flüssigem ein.
Ueberall herrscht reges Leben und guter Humor über das präch-
tige Biwakwetter, denn wer einmal ein Biwak bei strömendem
Regen und Kälte durchgemacht hat, der weiß, was für eine
wichtige Rolle das Wetter in dem militärischen Lagerleben
spielt. Bei schönem Wetter fehlt es auch niemals an Besuch
im Biwak: die Offiziere haben ihre Damen, gute Freunde
und Bekannte aus der Stadt und von den umliegenden Gütern
eingeladen, die fich auch regelmäßig gegen Abend einfinden,
um mit Interesse alle Lagereinrichtungen in Augenschein zu
nehmen und das lustige Leben im Biwak zu beobachten. Auch
die Unteroffiziere und Mannschaften haben sich Besuch aus der
Umgegend eingeladen, zahlreiche andere Zuschauer kommen
ungeladen, und das Alles bildet eine höchst ergötzliche Unter-
haltung für die biwakirenden Truppen. Man bewirthet seine
Gäste so gut wie möglich und zeigt ihnen Alles, was sie nur
irgend zu interessiren vermag. Auf unserem hübschen Bilde
S. 157 schauen zwei hübsche junge Damen, augenscheinlich Guts-
besitzerstöchter aus der Umgegend, mit lebhafter Neugierde dem
Schalten und Walten eines Lieutenants zu, der als Koch-
künstler fungirt und durch seine Untergebenen das Mahl für
sich und seine Kameraden Herrichten läßt. Ist abgekocht, so
veranstalten die Soldaten allerlei lustige Ausführungen, und
so verfließt die Zeit sehr rasch, bis die Spielleute „locken"
und der geblasene Abendsegen zum Himmel aufsteigt. Dann
verliert sich der Strom der Besucher, und bald liegt das Biwak
in tiefer Stille da.
sind Spezialisten, die jeder anderen darstellerischen Aufgabe
natürlich hilflos gegenüberstehen würden. Dreher führt die
Regie und zeigt seinen Bauernkünstlern, wie sie's machen
sollen. Es ist aber durchaus keine Kunstdressur, wie sie an
manchen mittleren Stadttheatern betrieben wird. Zumeist treffen
die Leute den richtigen Ton ganz von selbst, und wie natür-
lich machen sie nach, was Dreher ihnen zeigt! Das ist eine
ausgesprochen angeborene Begabung. Der Münchener Komiker
hat nur eine glückliche Hand bei der Entdeckung und Aus-
wahl der Leute gehabt. Wer Lust zum „G'spüll" hatte, meldete
sich bei ihm, und er probirte dann aus, ob und wozu der Be-
treffende geeignet sei. Das exakte, geradezu vollendete Zu-
sammenspiel, die künstlerische Anordnung sind natürlich Dreher
zu verdanken, der die Blüthe moderner Kunstentwickelung auf
dis wilde „Natur" gepfropft hat. Das komische Element ist
die stärkste Seite dieser Bauernschauspieler. Der Michael Dengg
(Skizze 3) aus Egern-Rottach (Tegernsee) und der Michael
Kratzer aus Miesbach sind zwei Charakterspielcr ersten Ranges.
Ersterer noch jung, ein Schiffer und Holzknecht; seine Partnerin,
Anna Gaßner (Skizze 3), ein sauberes Dirndl mit dem echten,
ländlich-feinen Oval der Tegernseer Gegend, ist ihres Zei-
chens Näherin. Kürzlich haben sich die Beiden geheirathet.
Die Frau Terofal's, die Sennerin auf der Gindelalm war,
Das Bu ch s ü r All e.
singt reizend ihre G'stanzeln und Lieder. Die „Schlierseer"
gasUren schon den ganzen Sommer über wöchentlich einmal
im Münchener Gärtnerplatztheater unter lebhaftestem Beifall.
Dreher beabsichtigt ferner im nächsten Herbst mit der „Ge-
sellschaft", die in Schliersee nur an Sonn- und Feiertagen
spielt, auf Reisen zu gehen; zunächst nach Wien, Graz und
Prag, später auch nach Berlin. Mein Freund Gailing, der
Hausknecht, behauptete zwar, sie gingen auch nach „Kunsch-
tantmopel" — aber was sotten die frischen Dirndln und
Buabn beim Großtürken? Die Berliner und Wiener werden
diese einzigartige, quellfrische Volkskunst besser zu schätzen
wissen. Rübcrt Misch.
Der FiMg von Tascheullrebseu in den Lagunen
des österreichischen Küstenlandes.
(Mit Abbildung.)
ändert man von Triest aufwärts an den Gestaden des
Golfes von Triest entlang, so kommt man bald zu Land-
strichen, die ganz seltsam gestaltet sind. Festes Land und Wasser
Hcst 6.
finden sich in diesen viele Stunden großen Gebieten so sonder-
bar gemischt, daß es meist schwierig ist, zu entscheiden, wo
das Meer anfüngt und das Festland aufhört, und umgekehrt.
Sumpf, Sandbänke und Meerwasfer bilden hier eine Küste
von ganz merkwürdiger Physiognomie; besonders bei der Ebbe-
zeit ist es interessant zu beobachten, wie allmälrg stundenweit
in das Meer sich hinein erstreckende Landzungen, Inseln und
Inselchen zum Vorschein kommen. Diese eigenthümliche Küsten-
gestaltung zieht sich bis weit unterhalb Venedig hin, un-
zählige Sandbänke und Lagunen bildend. Tritt die Ebbe ein,
so entfaltet sich auf diesen ganz flach werdenden Lagunen-
gründen ein sehr interessantes Leben Die untenstehende Illu-
stration versetzt uns m die Gegend von Grado im Meerbusen
von Triest. Wir erblicken die Schifferbevölkerung des Lagunen-
striches beim Fang der Taschenkrebse. Das sind kleine und
größere, beinahe fpinnenartig aussehende Schalthiere mit einem
schildähnlichen Rücken, unter welchem lebhafte Beine hervor-
zappeln. Das Thier besitzt scharf ausschaucnde Aeuglein vorn
am Schildkopfe und vertheidigt sich und packt seinen Raub
mit zwei scharfen Krebsscheeren. Der uns beiin Flußkrebse
als Schwanz bekannte Körperabschnitt ist bei den Krabben
kurz, plattensörmig und unter das Kopfbruststück eingeschlagen.
Die Weibchen unterscheiden sich durch die größere Breite dieser
Mang von Haschenkreösen in den Lagunen des österreichischen Küstenkandes. Originalzeichnung von F. Schlegel.
Schwanzplatte von den Männchen. Sie bildet sich nicht selten
zu einer Art von Schüssel aus, in der mit Hilfe der faden-
förmigen Beinanhänge die Eier bis zum Ausschlüpfen der
Jungen getragen werden. Das kurze Kopfbruststück ist oft
breiter als lang und gibt den Thieren nicht selten durch aller-
lei Auswüchse ein ganz seltsames Aussehen. Meist gehen die
Krabben von der Seite, was sehr komisch aussieht, besonders,
wenn sie dabei schnell laufen. Ist das Meerwasser von den
Lagunengründen und Landflecken abgelaufen, so bleiben die
Krabben und größeren Taschenkrebse, inan nennt diese auch
Meerspinnen, in Menge zurück, und das Schiffervolk beeilt
sich, „die Ernte" zu sammeln. Die Thiere verbergen sich meist
unter dem Tang und sind sehr flink und geschickt, sich in die
nasse, halbflüssige Erde einzugraben, um auf diese Weise der Nach-
stellung zu entgehen; es kommt daher beim Fang darauf an,
schnell zuzugreifen, den Taschenkrebs am Rücken zu fassen und
ihn in den Sack oder Korb zu werfen. Bekommt der Fischer
die Scheere in die Hand, so wirft der Krebs dieselbe ab und !
ist in wenigen Augenblicken verschwunden. Diesen Krabben- f
fang üben meist Knaben, Mädchen, Frauen und alte Leute
aus; rüstige erwachsene Fischer geben sich mit dem „Kleinkram"
nicht ab. Die brünetten dunkelhaarigen Gestalten, welche hier
in den Lagunen dieses Handwerk üben, find meist Abkömm-
linge venetianischerFischer, die nach Oesterreich übergesiedelt sind.
Hoch aufgeschürzt waten die sonnengebräunten kraushaarigen
Knaben und Mädchen durch den Schlamm und den Tang, die
Frauensleute mit ihren bunten Röcken und rothen, gelben und
grünen Kopftüchern bilden einen sehr hübschen, malerischen
Gegensatz zu dem hellblauen Meere und dem fahlweißen Sande.
Die größten Taschenkrebse wandern in die Städte und werden
dort als Leckerbissen sehr geschätzt, die kleinen dienen zum
Ködern gewisser Fischarten und die ganz kleinen, weichschaligcn
werden gekocht und von den Fischern mitsammt der Schale
gegessen. Oft haben die Fischer gar keine andere Nahrung
als diese Krabben. Es ist daher erklärlich, wenn die Lagunen-
fischer von Grado, Aguileja und Monfnlcone eifrig auf den
Fang der Taschenkrebse ausgehen, diese find sozusagen das täg-
liche Brod und, wie die Schiffer dort sich ausdrücken, Strümpfe
und Schuhe.
Schlch im Muck.
(Siehe das Bild aas Seile 157.)
^ie Zeit des alljährlichen Herbstmanövers, des „Krieges im
Frieden", ist auch zugleich die Blüthezeit der militärischen
Poesie, nach der sich Alles von dem Einerlei des Garnisonlebens
hinsehnt, obgleich es im Manöver wahrlich nicht an Stra-
pazen fehlt. — Am Nachmittag verstummt das Geknatter und
Geknalle, die „Schlacht" des Tages ist zu Ende, und während
ver Höchstkommandirende noch für die Offiziere seine Kritik
abhält, hat die Infanterie die Gewehre zusammengesetzt, die
Kavallerie und Artillerie ist abgesefsen. Die Truppentheile
biwakiren auf den Plätzen, welche sie gegenwärtig einnehmen,
und Alles beeilt sich, es sich nach Möglichkeit behaglich zu
machen. Die Zelte werden aufgeschlagen, die Feuerstätten
hergerichtet, um das soldatische Mahl daran zu kochen; eine
Abtheilung tritt mit Kochgeschirren an, um Wasser zu holen,
dort wird Stroh abgeladen, und auch die Marketender stellen sich
mit ihren Fuhrwerken und allerlei Festem und Flüssigem ein.
Ueberall herrscht reges Leben und guter Humor über das präch-
tige Biwakwetter, denn wer einmal ein Biwak bei strömendem
Regen und Kälte durchgemacht hat, der weiß, was für eine
wichtige Rolle das Wetter in dem militärischen Lagerleben
spielt. Bei schönem Wetter fehlt es auch niemals an Besuch
im Biwak: die Offiziere haben ihre Damen, gute Freunde
und Bekannte aus der Stadt und von den umliegenden Gütern
eingeladen, die fich auch regelmäßig gegen Abend einfinden,
um mit Interesse alle Lagereinrichtungen in Augenschein zu
nehmen und das lustige Leben im Biwak zu beobachten. Auch
die Unteroffiziere und Mannschaften haben sich Besuch aus der
Umgegend eingeladen, zahlreiche andere Zuschauer kommen
ungeladen, und das Alles bildet eine höchst ergötzliche Unter-
haltung für die biwakirenden Truppen. Man bewirthet seine
Gäste so gut wie möglich und zeigt ihnen Alles, was sie nur
irgend zu interessiren vermag. Auf unserem hübschen Bilde
S. 157 schauen zwei hübsche junge Damen, augenscheinlich Guts-
besitzerstöchter aus der Umgegend, mit lebhafter Neugierde dem
Schalten und Walten eines Lieutenants zu, der als Koch-
künstler fungirt und durch seine Untergebenen das Mahl für
sich und seine Kameraden Herrichten läßt. Ist abgekocht, so
veranstalten die Soldaten allerlei lustige Ausführungen, und
so verfließt die Zeit sehr rasch, bis die Spielleute „locken"
und der geblasene Abendsegen zum Himmel aufsteigt. Dann
verliert sich der Strom der Besucher, und bald liegt das Biwak
in tiefer Stille da.