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Bauleitung, der „fabrica“, war eine ähnliche wie beim Bau des Pfarrthurms:
sie bestand aus fünf „Baumeistern“, zwei Prälaten des Stiftes, zwei Raths-
herren und einem städtischen Beamten; diese sorgten als Bauherren für
die Beschaffung der nöthigen Mittel, stellten den eigentlichen Erbauer,
den „Werkmeister“ an, in dessen Händen die technische Leitung lag, und
legten ihren Auftraggebern, dem Stifte und dem Rathe, Rechenschaft ab.
Die Mittel der Fabrik waren gering, die Zuwendungen der Gläubigen
wurden begreiflicher Weise mehr zur nahen Vollendung des Pfarrthurmes
gesteuert; auch blieben wie beim Dombau Zwistigkeiten zwischen den
Bauherren und dem Werkmeister nicht aus. Meister Hans von Bingen1)
hatte gleich im Jahre 1507 den Bau „vergrundet“, d. h. ungenügend
fundamentiert; um ihn vor Einfall zu schützen, bedurfte es einer neuen
Fundamentierung und der Errichtung besonderer Pfeiler. Meister Hans
aber weigerte „mit unnützen Worten“ die Vollendung dieser Arbeit zu
dem bedungenen Preise; während die Fabrik der Steinmetzenzunft ihren
Schaden sehr niedrig mit 60 Gulden angab, bot Meister Hans 1 Gulden
als Schadenersatz und rief die Entscheidung des Rathes an; auch die
Baumeister wandten sich an diese Instanz, deren Entscheidung uns nicht
bekannt ist. 1508 wurden wenigstens das Salvatoris-Chörlein und das
westlich davor liegende Gewölbe, die Stiftung des reichen Patriziers Klaus
Stalburger, vollendet, und an Stelle der unter den Thürmen abgebrochenen
Altäre neue unterhalb und oberhalb der neuen Empore errichtet. 1513
waren die Mittel der Fabrik so erschöpft, dass man das Dach der Kirche
nicht vollenden konnte; die Testamentsvollstrecker Jeckeis von Schwanau
griffen hier mit einem vierprozentigen Darlehen von 200 Gulden helfend
ein, wofür sie sich den Ertrag des Opferstockes unter dem Bilde des
heiligen Leonhard und vor dem grossen Thore zum Kreuzgange verpfänden
liessen; aber erst 1539 konnte dieses Anlehen getilgt werden. Auch einer
der Werkmeister, Hans Baltz von Martinstein,2) vermachte dem Stifte
70 Gulden in Gold, anscheinend aber nicht zum Bau, sondern zu ver-
schiedenen Diensten für sein Seelenheil, an denen die zum Dreifaltigkeits-
Altar in der Salvator-Kapelle gehörende Bruderschaft St. Nicolaus und
Wendelin betheiligt war. Und nicht nur mit der Geringfügigkeit der
zur Verfügung stehenden Mittel, auch mit dem Widerstande des
Stiftskapitels hatten die Baumeister zu kämpfen. 1523 kam es sogar zu
Thätlichkeiten zwischen einem der Baumeister und zwei Priestern rvegen
des von ersterem angeordneten Abbruchs von Kapellen an der Kirche,
statt dessen das Stift andere Bauarbeiten für nöthiger erachtete. Aus
dem Jahre 1511 wird der Vergoldung des kristallenen Kreuzes, 1523 der

b Dieser Meister lässt sich unter den verschiedenen Hans von Bingen, welche
das Bürgerbuch aufführt, nicht feststellen.

2) Er wurde 1508 als Steinmetz Bürger und am Bau der Kirche offenbar als
Nachfolger des Hans von Bingen angestellt; 1516 war er nicht mehr am Leben.
 
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