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Bergner, Heinrich [Hrsg.]
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 24): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Naumburg — Halle a. d. S., 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.25507#0084
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Naumburg. Dom. Der Meister.

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kapelle in Pforte ist sein Bau kahl und nüchtern. Niemals verwendet er den
Schaftring, nur im Notfall die bei Cisterziensern so beliebte Konsole statt der
vollen Stütze. Der Spitzbogen ist ihm geläufig. Aber merkwürdig! Er braucht
ihn im Anfang fast ausnahmslos bei Türen, bei Schild- und Gurtbögen und in
den Arkaden, niemals bei Fenstern und er läßt in den Westteilen die Rundbogen-
türen des Udonischen Werkes, auch wo er sie glänzender umrahmen mußte,
unangetastet. Am interessantesten ist sein System und seine Wölbungen. Die
Stützen schulmäßig korrekt, aber die struktiven Glieder der Gewölbe unlogisch
aufgesetzt, Streben — aber in Form von Quermauern, Rippen — aber rein
dekorativ am Schildbogen und unter dem Scheitel, nicht an der Stelle, wo sie
organisch hingehören, unter den Graten. Ähnlich verhält es sich mit seinen
Schlußsteinen, jenen Keilen mit Pinienzapfen oder Tierköpfen, die so unpassend
wie nur möglich in den Scheitel des Gewölbes eingeklemmt sind. Es ist, als
kenne er die ausgebildete Gotik — aber nur vom Hörensagen, jedenfalls wendet
er ihre Prinzipien mit Methode falsch an. Es war nicht seine Art, noch viel zu

lernen. Zwar die überflüssige Scheitelrippe, die in der nächsten Nachbarschaft
der Vierung und den östlichen Jochen der Kreuzgänge auftritt, hat er bald
abgelegt, aber erst in den Westtürmen und im Südkreuzgang setzt er dafür
richtig die Diagonalrippe ein. Rückschauend wird man doch staunen, wie an
einem Bau, der gewiß ein volles Menschenalter währte, dieselben Einzelformen,
dieselben Profile der Basen, Kapitäle, Sockel und Simse unentwegt festgehalten
wurden, nicht weniger das Ornament, das sich eher rückläufig bewegt und barock
verknöchert. Nur in einigen Kleinigkeiten ist er schwankend. Im Anfang pflegt
er alle Ecken auszukehlen und mit Wülsten zu besetzen, so an der Vorkrypta,
an den Türen des Altarhauses, des Nordkreuzes, der Altarnische des Nordwest-
turmes. Ganz ähnlich sind die Rundbogenfriese der Ostteile verlaufend gekehlt.
An gewissen Teilen, im Oberbau der Türme, im Südkreuz, in der Vorhalle und
dem Ostkreuzarm verwendet er das schlichte Würfelkelchkapitäl ohne alles Orna-
ment. In den Kreuzarmen innen verlaufen die Rundstäbe der Fenstergewände
konisch in die Sockel. Im Nordkreuz und in der Vorhalle bringt er auch innen
ein Sockelgesims an, in der Vorkrypta und im nördlichen Kreuzgangarm statt

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