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Kreis Naumburg.
mit dreifacher Krone und gewaltigem Schlüssel bezeichnet, auf einem vio-
letten Polster mit Goldborten. Er trägt grünen Nimbus und rotes Pluriale,
in dem mehrere Stücke fehlen. Die Zeichnung ist flott, die Linien lang-
und flüssig.
Nach den Merkmalen des Stils und der Trachten darf man das Fenster in
die Mitte des 15. Jahrhunderts setzen. Und sein Schöpfer war ein Meister seines
Faches, weniger in der Erfindung, die sich in den üblichen Bahnen hält, als im
breiten, volkstümlichen Yortrag und in buntleuchtender Farbenpracht. In beiden
Beziehungen wird man an die kolorierten Blockbücher erinnert. Der Fortschritt
gegen die Sachen des 13. und 14. Jahrhunderts ist sofort klar. Hier wird
Geschichte erzählt, in großen, deutlichen Gruppen, welche die Felder bis auf
schmale Bänder ausfüllen. Der alte Teppichgrund klingt noch nach, ist aber
ganz eigentümlich in wagerechten Zonen abgewandelt. Die Farben werden nicht
mehr sorgfältig geteilt und in kleinen Partien gemischt, sondern treten in be-
herrschenden Gruppen auf. Die grellsten Töne wie Bubin und Hellblau sind am
beliebtesten. Die Zeichnung ist nicht peinlich, aber routiniert, in nachlässiger
Sicherheit hingeworfen. So sehen wir schlanke Hände mit langen Fingern, die
ohne weitere Gliederung doch ganz organisch erscheinen, typische Gesichter mit
hochgezogenen Brauen, breitansetzenden, langen und spitzen Nasen und dicken
Landsknechtsbärten, die doch durch kleine abweichende Züge charaktervoll
wirken, auch in der Färbung von weiß, hellrot bis dunkelrot und braun variieren.
Über die Technik läßt sich sagen, daß die Gesichter mit dickem Schwarzlot
konturiert, dann ganz mit einem dünneren Ton überzogen wurden, aus
welchem zunächst die großen Lichter auf Stirn, Nasen und Wangen heraus-
gewischt und dann die feineren Lichter auf den Falten und Locken mit einem
Stäbchen ausgeätzt wurden. Leider sind bei den meisten Gesichtern die
Halbschatten abgefallen. Aber die wenigen gut erhaltenen Köpfe kann man
wohl den Handzeichnungen alter Meister oder den Zweifarbenholzschnitten
vergleichen.
7. Das Symbolfenster. (Taf.74.)
Das 2. Südfenster, dem vorigen gegenüber, enthält neben allerlei Flickwerk
noch den Hauptteil einer Darstellung des apostolischen Glaubensbekenntnisses
in der bekannten Gegenüberstellung von Propheten und Aposteln, zwei Heilige,
Prisca und Agnes und eine Krönung Mariä, letztere allein ursprünglich an
diesem Orte. Denn aus Kayser ersehen wir, daß Apostel und Propheten das
erste, vierteilige Fenster der Südseite in zwei Keihen nebeneinander füllten,
und aus der nachstehenden Tabelle ist ersichtlich, daß uns nur die eine
rechte Hälfte erhalten ist. Dabei muß bemerkt werden, daß Kayser mehrere
Personen trotz der Beischriften falsch benannt hat. Die Identität ergibt sich
aber aus den Attributen. Kayser sah „ganz oben einen schönen Baldachin
von allerhand Zierathen, und 20 gute Felder von 28, davon 16 mit Propheten
und Aposteln, jeder eine unleserliche Mönchsschrift und das Marterzeichen
in Händen.“
Kreis Naumburg.
mit dreifacher Krone und gewaltigem Schlüssel bezeichnet, auf einem vio-
letten Polster mit Goldborten. Er trägt grünen Nimbus und rotes Pluriale,
in dem mehrere Stücke fehlen. Die Zeichnung ist flott, die Linien lang-
und flüssig.
Nach den Merkmalen des Stils und der Trachten darf man das Fenster in
die Mitte des 15. Jahrhunderts setzen. Und sein Schöpfer war ein Meister seines
Faches, weniger in der Erfindung, die sich in den üblichen Bahnen hält, als im
breiten, volkstümlichen Yortrag und in buntleuchtender Farbenpracht. In beiden
Beziehungen wird man an die kolorierten Blockbücher erinnert. Der Fortschritt
gegen die Sachen des 13. und 14. Jahrhunderts ist sofort klar. Hier wird
Geschichte erzählt, in großen, deutlichen Gruppen, welche die Felder bis auf
schmale Bänder ausfüllen. Der alte Teppichgrund klingt noch nach, ist aber
ganz eigentümlich in wagerechten Zonen abgewandelt. Die Farben werden nicht
mehr sorgfältig geteilt und in kleinen Partien gemischt, sondern treten in be-
herrschenden Gruppen auf. Die grellsten Töne wie Bubin und Hellblau sind am
beliebtesten. Die Zeichnung ist nicht peinlich, aber routiniert, in nachlässiger
Sicherheit hingeworfen. So sehen wir schlanke Hände mit langen Fingern, die
ohne weitere Gliederung doch ganz organisch erscheinen, typische Gesichter mit
hochgezogenen Brauen, breitansetzenden, langen und spitzen Nasen und dicken
Landsknechtsbärten, die doch durch kleine abweichende Züge charaktervoll
wirken, auch in der Färbung von weiß, hellrot bis dunkelrot und braun variieren.
Über die Technik läßt sich sagen, daß die Gesichter mit dickem Schwarzlot
konturiert, dann ganz mit einem dünneren Ton überzogen wurden, aus
welchem zunächst die großen Lichter auf Stirn, Nasen und Wangen heraus-
gewischt und dann die feineren Lichter auf den Falten und Locken mit einem
Stäbchen ausgeätzt wurden. Leider sind bei den meisten Gesichtern die
Halbschatten abgefallen. Aber die wenigen gut erhaltenen Köpfe kann man
wohl den Handzeichnungen alter Meister oder den Zweifarbenholzschnitten
vergleichen.
7. Das Symbolfenster. (Taf.74.)
Das 2. Südfenster, dem vorigen gegenüber, enthält neben allerlei Flickwerk
noch den Hauptteil einer Darstellung des apostolischen Glaubensbekenntnisses
in der bekannten Gegenüberstellung von Propheten und Aposteln, zwei Heilige,
Prisca und Agnes und eine Krönung Mariä, letztere allein ursprünglich an
diesem Orte. Denn aus Kayser ersehen wir, daß Apostel und Propheten das
erste, vierteilige Fenster der Südseite in zwei Keihen nebeneinander füllten,
und aus der nachstehenden Tabelle ist ersichtlich, daß uns nur die eine
rechte Hälfte erhalten ist. Dabei muß bemerkt werden, daß Kayser mehrere
Personen trotz der Beischriften falsch benannt hat. Die Identität ergibt sich
aber aus den Attributen. Kayser sah „ganz oben einen schönen Baldachin
von allerhand Zierathen, und 20 gute Felder von 28, davon 16 mit Propheten
und Aposteln, jeder eine unleserliche Mönchsschrift und das Marterzeichen
in Händen.“