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Bergner, Heinrich [Editor]
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 24): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Naumburg — Halle a. d. S., 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.25507#0282
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Naumburg. Die Stadtkirche St. Wenzel: Ckörlein und Sakristei.

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noch das Laubkapitäl, auf dem bei der unteren Dekoration des Chorhauptes der
Kielbogen aufsetzt. (Fig. 120.) Sonach kann kein Zweifel sein, daß beide Chör-
lein anfänglich genau wie die Polygonseiten mit den dekorativen Kielbögen
überzogen waren, die offenbar zugleich die gefälligste Umrahmung der Fenster
ergaben. Wichtig ist auch beiderseits (Fig. 120) das kurze Ende des älteren
Sockelgesimses, welches allein die Gewähr bietet, daß die Chörlein wirklich zum
ersten Bestand der Choranlage gehören. In dem westlichen Ecksäulchen liegt
der Schlüssel zur Baugeschichte
der ganzen nächsten Umgebung.

Nicht nur, daß unter ihm vier
verschiedene Sockelgesimse, näm-
lich der Sakristei, des Strebe-
pfeilers, der ältere und der
jüngere des Chörleins neben- und
übereinander auftreten und vom
Kapital drei Knollen erhalten
sind — das Auffälligste liegt in
der Art, wie die Mauer der Sa-
kristei, und zwar nur bis zum
Kaffsims derselben über das
Säulchen geschoben ist. (Fig. 120.)

Das ist natürlich nicht ur-
sprünglich. Ein Blick auf den
Mauerzug genügt, um zu er-
kennen, daß er einmal ganz neu
verblendet wurde, wobei sich
zugleich eine Verstärkung der
Mauer um ca. 4 cm ergab, die
denn auch in der Linie des Kaff-
simses plötzlich aufhört. Wir
wissen, wie empfindlich der
Nauru burger Kalkstein gegen
Feuer ist, worin er verbrennt
oder in Schalen abspringt. In
dieser Ecke mochte nun ein Holz-
bau oder ein Holzstoß stehen,
dessen nachhaltige Glut die ganze
Wand zerstörte. Das kann im letzten Falle 1517 gewesen sein, denn die Blend-
quadern zeigen auffallend viele Zeichen, darunter solche der spätesten Form
-fc A fkY L+ Die Sakristei stand also 1517 und kann erst nach

Vollendung des Chores, also 1473, angesetzt sein, da durch ihre Ostmauer der
erste Strebepfeiler desselben verbaut ist.

Die Sakristei (Fig. 121) zeigt auch sonst einige Abweichungen. Der
Sockel, obwohl mit demselben Gesims, ist niedriger als beim Chor, das Ivaff-
gesims als Trennungsglied der beiden Geschosse, ist aus einer Kehle mit Birn-
stab als Tropfleiste, das Dachgesims als Kehle zwischen Bundstäben gebildet.

Fig. 120. Linke Ecke Rechte Ecke

des südlichen Chörleins.
 
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