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Bergner, Heinrich [Hrsg.]
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 24): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Naumburg — Halle a. d. S., 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.25507#0295
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Kreis Naumburg.

Seiten sind drei Medaillons, die Taufe Christi und eine Heiden taufe durch zwei
Apostel darstellend (das dritte fehlt), aufgenietet, in einer ganz trostlosen Kunst.
Obenauf steht ein Pelikan im Fest, dessen Junge jetzt fehlen. Innen ist ein
Holzdeckel mit einer trübseligen Schilderei, Taufe Christi, eingesetzt.

Die Kanzel (Taf. 142) ist eine zopfige Holzschnitzerei, an den Eckpfeiler
des Südturmes wie ein Schwalbennest angeklebt und durch eine den Pfeiler
durchbrechende Treppe zugänglich. Über dem Stützknauf entwickelt sich in
drei Wülsten ein breiter Bauch, der oben wie zu einem Pokalrand wieder
zusammengezogen ist. Der Schalldeckel ist in umgekehrter Folge aufgebaut und
läuft in ein zackiges Flammenungetüm aus. Die Dekoration, vergoldet auf
weißem Grund, bewegt sich in Muscheln, Bändern und Akanthusranken mit
einzelnen Faturblumen, die nach Art des Streumusters aufgelegt sind. Am
Schalldeckel das Gottesauge in Strahlen und Wolken.

Die Orgel auf einer mit Docken ausgesetzten Empore über dem West-
eingange hat eine gewisse Vergangenheit. 1551 wurde eine neue Orgel gebaut,
die 1560 Claus Kopf aus Erfurt, 1580 Esau Becker, 1593 Joh. Lang renovierten,
nachdem sie 1568 bemalt worden war. 1705 baute Zacharias Theisner eine neue,
die sich aber als untauglich zeigte, daher Zach. Hildebrand aus Leipzig 1743 ein
anderes, 1746 von Silbermann und Bach geprüftes Werk einsetzte. Dies ist das
gegenwärtige. Das Gehäuse trägt überaus zierliche Akanthuswangen und Zwickel,
unten das stiftische, oben das sächsische Wappen.

3. Gemälde.

Außer dem schon beschriebenen Altarbild besitzt St. Wenzel eine immerhin
ansehnliche und wertvolle Sammlung von Gemälden, deren einige gewiß vormals
über Altären gestanden haben. Da die gegenwärtige Aufstellung nicht historisch
und wohl auch nicht endgültig ist, unterlassen wir die näheren Ortsbezeichnungen.
Der Stolz der Sammlung ist

1. Cranachs Kinderfreund (Taf. 15), von Schuchardt ohne Gewähr 1529
datiert, 119,5x83 cm, auf Eichenholz und gut erhalten; die Bezeichnung mit
der Schlange ist nirgend zu entdecken. Christus schreitet nach halblinks, indem
er den breit drapierten rechten Arm und Fuß aus dem Gedränge seiner Um-
gebung schiebt, auf der linken Hand ein dickes, völlig nacktes Kind balanzierend,
welches das Köpfchen an seine Wange lehnt und mit der Hand seinen Bart zu
fassen sucht. Die Mutter des Kindes, die Hände aneinandergelegt, neigt das
Haupt und blickt glücklich und stillvergnügt auf ihr Kind. Unter ihr hebt ein
anderes Weib, gläubiger Spannung voll, ihr Kind gegen den Heiland, der ihm
segnend die Hand auf die Brust legt. Ein älterer Knabe klammert sich krampf-
haft an den Bock der Mutter. Dahinter kommt oben eine hübsche junge Frau
herzu, einen Säugling an der Brust, den sie in seiner lebhaften Arbeit wohl-
gefällig betrachtet. Eine andere trägt ein Jüngstes nach Art thüringischer
Weiber eingemantelt auf der Beeilten und zieht zurückgewandt ein älteres
Mädchen, das ziemlich ungeschickt einen Puppenbalg trägt, nach sich. Dies
Motiv ist sogleich noch einmal wiederholt, indem rechts abschließend eine ernste
Frau ihr offenbar weinendes Kind an die Wange drückt, während sie mit der
Linken einen lebhaft vorschauenden Knaben mit derben Gesichtszügen vor sich
 
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