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Bergner, Heinrich [Editor]
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 24): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Naumburg — Halle a. d. S., 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.25507#0375
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318

Kreis Naumburg'.

Kartuschen und Schriftplatten. Sie pflegen seit ca. 1620 das Ohren- und Knorpel-
werk und gelangen darin zu ganz abenteuerlichen Bildungen, wie der Grabstein
des Chr. Lange von 1669 (Taf. 17) belegt. Unter ihnen macht sich uns nur ein
Monogrämmist PSK am Grabstein C. Bertrams in St. Moritz von 1670 bekannt.
Ihm wäre etwa das Grab der M. v. Werthern 1670 in St. Othmar und der erwähnte
Langesche Stein in St. Wenzel zuzuschreiben. Neben dieser geräuschvollen Art
geht immer eine vornehmere her, die sich mit flachen Beschlägmustern auf dem
Rahmen und Wappen beschränkt. Ungefähr die Mitte halten buntbemalte Steine
mit mäßigem Relief wie das Wacksche von 1639 und das Pölnitzsche von 1635
in St. Wenzel.

15. Die Nachzügler im 18. Jahrhundert sind nicht im entfernten mehr so
fruchtbar, aber durch eine scharfe Wendung zu klassischer Formstrenge und
maßvoller Bewegung gekennzeichnet. Dies tritt am besten an dem verwahrlosten
Monument des Dr. Laurentius von 1706 und einem etwas älteren Säulenmonument
der Gleserschen Familie auf dem Wenzelskirchhof hervor. Auch das Burgs-
dorffsche Epitaph 1709 im Dom ist in diesem Sinne gearbeitet. Ein volkstümlicher
Künstler wandte sich in dem Denkmal der Schwabeschen Zwillinge 1729 wieder
dem Bildnis zu und wirkt erquickend durch schlichte, herzliche Treue. Der letzte
Bildhauer, den wir kennen lernen, der Schöpfer des Marschallschen Denkmals
im Dom von 1771, führt dagegen noch einmal das allegorische Weib vor, eine
Gestalt mit aufdringlichen Reizen in schwächlicher Form.

IV. Die Malerei.

Ungleich der Plastik hat die Malerei in Naumburg immer nur ein klägliches
Dasein gefristet. Zu wirklich monumentalen Aufgaben ist sie anscheinend nie
berufen worden. Yon Wandmalereien finden sich nur geringe Spuren in der
Ägidienkapelle und der Moritzpfarre. Noch unter B. Engelhard wurden die Chor-
schranken des Doms mit Standfiguren bemalt, deren Charakter aber durch die
Restauration verwischt ist.

Glänzend tritt dann auf einmal unter Dietrich II. die Glasmalerei hervor.
Yon fünf Fenstern des Westchors sind drei leidlich erhalten. Sie erschließen uns
einen wohlüberlegten Cyklus, der sich als ecclesia triumphans bezeichnen läßt:
Apostel im Sieg über Feinde, Tugenden im Sieg über Laster, in den Seiten-
fenstern einerseits die Hierarchie, Bischöfe und Diakonen, andrerseits die heilige
Laienschaft, Ritter und Frauen. Der Maler ist noch ängstlich und befangen in
der Zeichnung. Er benutzt Motive des großen Bildhauers. Seine Kunst ist
wesentlich Nachdenken, Fleiß und Eigensinn. Aber indem er auch die Farben
mit dieser raffinierten Überlegung zusammenstellt, gelingen ihm Dichtungen von
wunderbarer Stimmung, die leider in der Restauration schwer geschädigt ist.
Einen größeren und freieren Schüler treffen wir dann in dem Jungfrauenfenster
des Ostchors, die Figuren sind kleiner, aber meisterhaft gezeichnet und die
Farben tief und glühend. Als Stifter ist ein Dekan Ulrich 1308—38 wahr-
scheinlich. In den Anfang des 15. Jahrhunderts ist ein Marienfenster zu setzen,
der Hauptsache nach Architektur, Teppich- und Blattmusterung. Gegen Ende
des 15. Jahrhunderts entstanden noch drei große Fenster, die jetzt zu zweien
zusammengestückt sind, in breiter, volkstümlicher Art wie m Holzschnittmanier
 
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