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Bergner, Heinrich [Hrsg.]
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 24): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Naumburg — Halle a. d. S., 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.25507#0377
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Kreis Naumburg.

fabrikmäßigen Betrieb ermüdet und auf leere Mache, geistlose Wiederholung
derselben Motive und Ornamente gedrängt.

Die religiöse Malerei war dann für lange Zeit stumm. Seit ca. 1560 beginnt
die Herrschaft des Porträts. Irgend welcher Kunstwert kommt der langen Reihe
von Pastorenbildern nicht zu. Und. die Maler sind verschollen bis auf zwei,
Christoph Gaepp, der sich selbst 1624 als „Mahler und Contrafeit“ bezeichnet,
und Daniel Paber, der 1732 drei Lutherbilder und 1738 das Bild des Moritz-
pfarrers Löwe malte. Weit höher stehen zwei Fürstenbilder, des Herzogs Friedrich
Wilhelm von 1597, angeblich von einem Italiener gemalt, und August des Starken
im Rathaus, wohl Dresdener Herkunft. Was die Naumburger selbst fertig
brachten, zeigt uns der Ölberg und eine Auferstehung in St. Wenzel 1678, riesen-
haft in den Maßen und künstlerischer Verwahrlosung. Das große Altarbild, von
drei guten Bürgern gestiftet, wurde 1680 einem Dresdener Maler Harms in Auf-
trag gegeben. Wie tief nicht nur das Vermögen, sondern auch der Geschmack
sinken konnte, zeigen uns die symbolischen Sudeleien, womit um 1720 die
Marienkirche ausgeziert wurde, lüstern, liederlich und geheimnisvoll. Leider
muß die Übersicht mit einem so traurigen Denkmal schließen.

V. Die Kleinkünste.

Einheimische Goldschmiede, Gelb- und Zinngießer müssen stets in Ansehen
gestanden haben. Man merkt dies mehr draußen im offenen Land, wie weithin
und ausschließlich die Naumburger Marken herrschen. Die Stadt selbst birgt
noch einige recht alte und interessante Silbergefäße und sie würde gewiß mit
mancher anderen Metropole wetteifern können, wenn nicht der Domschatz spurlos
verschwunden wäre. Es sind hier zunächst drei Kelche in St. Othmar von
ca. 1350, 1400 und 1447 datiert zu nennen, an denen auch die Wandlung der
Form bemerkt werden muß. Ebenso bewahrt die Wenzelskirche Kelch und
Patene von 1375 mit deutschen Inschriften. Ein Kelch der Moritzkirche ist 1657
„gemacht von Heinrich Funken.“ In allen drei Kirchen sind schöne glatte
Kannen mit leichten Gravierungen vorhanden. Glänzend sind die Arbeiten des
Ratsjuweliers Peter Crügelstein (1663—86) in der Wenzelskirche, Taufgerät,
Hostiendose, Sanduhr, Leuchter und Kruzifix, aus leichtem Silberblech getrieben
und mit entzückenden Ornamenten aus Malven und Päonien bedeckt, dazu eine
Kanne in St. Othmar von 1663. Die Eigenart und das Sondergut der Mono-
grammisten wird sich erst sondern lassen, wenn wir die Gefäße und Geräte des
ganzen Kreises vergleichen können.

Ein profanes Gefäß bildet den Stolz der Ratssammlung, das große Trink-
horn von ca. 1350, mit Silberbeschlägen und deutscher Inschrift, das bei den
städtischen Umzügen in einer ebenso alten Lederhülle mit gepreßtem Tier-
ornament umgetragen wurde.

Ob die Teppichweberei in Naumburg zu Haus gewesen ist, entzieht sich
unserer Kenntnis. Der Dom bewahrt zwei Wirkteppiche mit reizenden Blumen-
mustern auf blauem Grund von Bischof Johann II. (1422—34) oder Peter (1434
bis 63) gestiftet, der eine mit dem Bischofsbild. Eine brokatne Altardecke
vom Ostchor ist nach Art der Kasein mit Stäben belegt und zwei sehr
zerschlissene Kaselkreuze lassen ahnen, welche Schätze zu Grunde gegangen
 
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