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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1893

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Heft 1/2
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Riehl, Berthold: Studien über Barock und Rokoko in Oberbayern, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7908#0005

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Don der Orgelempore in Schäftlarn (vor (76^).

(Die Vergoldung einzelner Tbcile ist durch den hellgrauen Ton angedeutet.)

WMüldicil llökk KM unä RMs

in MrßilWn.

von Prof. vr. Berthold Riehl.

Dem 7iachfolgenden Aufsatz liegt

ein am 9. Februar *892 im Münchener Uunstgewcrbeverein gehaltener.

freier Vortrag zu Grunde. Nachdruck verbot-,,.

«in verachtetes Jahrhundert" — so betitelte F.

An ab einen „Münchner Bilderbogen", welcher
hübsche Rokoko-Motive enthält, die den Reiz
des verfallenden Schlosses, des verwilderten
Gartens jener Zeit schildern, die schon durch den Gegen
satz des heiteren Lebens, für das einst diese Anlagen ge-
schaffen und der stillen Einsamkeit, die heute hier herrscht,
eine große poetische Anziehungskraft besitzen.

„ Eilt verachtetes Jahrhundert", so konnte man die Periode
des Rokoko H865, wo dieser Bogen erschien, wohl nennen,
denn wenn auch vorurtheilsfreiere die Poesie der Schlösser und
Gärten des Rokoko empfanden, so fehlte doch noch entschieden
das Gefühl für die eigenthümlichen Feinheiten des Stils, das
verständniß für die historische Bedeutung desselben, man sah
in dieser Periode und noch mehr in der vorausgehenden des
Barock nur eine Zeit des Verfalls, der Geschmacksverirrung.

Die Zeiten haben sich geändert, -— seit dem Ende
der siebziger Jahre griffen Architektur und Kunstgewerbe
immer mehr auf die Kunst des \7. und f8. Jahrhunderts
zurück und Barock und Rokoko, ja selbst der vor Kurzem
noch so gering geschätzte style de l’empire sind in der modernen
Aunst wieder neu erstanden und damit wächst naturgemäß
auch das jntereffe für die historische Kenntniß dieser Perioden.

Zn innigster Verbindung mit dem künstlerischen Leben
ihrer Zeit hat sich die Kunstgeschichte iin sst. Jahrhundert
entwickelt, lvinckebnann ist nur in der klassizistischen Kunst
Periode denkbar und für diese in hohem Grad charakteristisch;
die moderne Kunstgeschichte wird zunächst mit der Erforschung
der Kunst des Mittelalters durch die Romantik ins Leben
gerufen und so entwickelte sich auch weiterhin die Forschung
über die Renaissance, dann über Barock und Rokoko in
inniger Fühlung mit dem gesammten künstlerischen Leben,
bald der bildenden Kunst vorausgehend, ihr bahnbrechend,
wie namentlich bei der Renaissance, bald derselben folgend.

Es ist daher nur natürlich, daß die geschichtliche
Kenntniß von Barock und Rokoko heute noch in den ersten
Anfängen steht, daß manches ungerechte vorurtheil, das
man einst über „die verachteten Jahrhunderte" gefaßt, noch
bis heute in der Beurtheilung derselben nachwirkt, daß zahl-
reiche Denkmale, die für die Kunstgeschichte jener Zeit von
höchster Bedeutung, bisher nicht beachtet wurden, zumal
wenn sie von der großen Verkehrsstraße ablagen, und daß
schließlich dadurch das Bild, das man sich von dem künst-
lerischen Leben jener Zeit machte, nicht nur oft ein unvoll-
ständiges, sondern häufig, namentlich für das 18. Jahr-
hundert, sogar ein unrichtiges wurde.

Zeilschrift des ba7°r. Aonstgewerbevereins Mönchen.

>893. fipft \ * 2. (8j. >.)
 
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