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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1893

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Heft 9/10
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Semper, Hans: Die Historische Abtheilung der Tyroler Landesausstellung von 1893, [1]
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Unsere kunstgewerblichen Musterblätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.7908#0070

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>4- 66

bei Ala), ferner ein spätbarocker Reich der Brixner Dom-
kirche (Nr. 206). Entschiedene Rokokokelche mit polychromen
Emails und Edelsteinen lieferten noch die Allerheiligen-
kirche in hall (Nr. 20st und 2( (), die Innsbrucker Pfarr-
kirche (Nr. 585), Graf Runigl in Ehrenburg (Nr. 586),
sowie Brixen (Nr. (69). Geradezu überladen mit Edelsteinen
und perlen ist endlich ein großer Prunkkelch des Stiftes A)ilten.
(Nr. (67.) *)

Auch an Monstranzen ist die Ausstellung ziemlich
reich. Unter ihnen ragt hervor durch die edel» Verhält-
nisse und die reine, organische Durchführung des, wenn
auch spätgothischen, Aufbaues die Nlonstranze aus der
Pfarrkirche von Bozen (Nr. 69), welche in ihrer Art
ein würdiges Seitenstück bildet zu dem Thurmbau der
Bozener Pfarrkirche, den Hans Lutz von Schusfenried
nach einem Entwurf des Steinmetzmeisters Burckhard
Engelsberg von Augsburg in den Jahren (50(—(5(9
ausführte. Der Schluß dürfte nicht zu gewagt fein, daß
auch die Nlonstranze, wenn nicht von deinselben Architekten,
so doch Augsburger Arbeit fei.**) Die Nlonstranze von Pall
(Nr. (0<() imponirt vor Allem durch ihre seltene höhe
von (,st2 rn. Sie ist in reichen, wiewohl etwas schweren
formen der Spätgothik durchgeführt, leider aber durch

*) Diese Rokokokelche sind sehr ähnlich dem sogenannten A u g s>
burger Ae Ich des S. Thomasstiftes in Altbrünn. Siche: „Kunst-
gewerbliche Vbjekte der kirchlichen Ausstellung im Mähr. Gewerbe-
museum (88^—85." Tafel 22. Im Ausstellungskatalog ist die Stilepoche
obiger Aelche zumeist unrichtig bezeichnet.

**) Abbildung im Bozner Aunstalbum von Wohlgemuth. Tafel ;.

einen plumpen Barockfuß, sowie durch eilte ebensolche Bal-
dachineinrahmung des Retabulums entstellt. *) Zierlicher
sind dagegen die Monstranzen von Lüsen mit schönem,
spätgothischevt Laubwerk (Nr. (07), welche am Fuß die
Legende trägt: »Hoc opus fecit magister Cristoforus

aurifaber a. D. MCCCCXXXX«, sowie die ebenfalls fein
ornamentirte, am Fuß mit gravirten Evangelistetisymbo-
len geschmückte spätgothische Nlonstranz von Neu mar kt
(Nr. (05). Eine schon ziemlich schwere und trotz der reichen
Verzierungen uitd Durchbrechungen unorganisch gedachte
Spätgothik des (6. Jahrhunderts zeigen die Monstranzen
von Auer (Nr. (06) und Montan (Nr. 7<(), wogegen
eine Mischung von Spätrenaissance und Gothik an der
Monstranze von Aiens im Pusterthal erscheint (Nr. 70).
Auch die mit Edelsteinschmuck überhäufte Monstranz der
Pfarrkirche von Innsbruck (Nr. 575) ist eine gothifch-
barocke Tonzeption und war, wie die in Email angebrachten
Wappen zeigen, ein Geschenk des Erzherzogs Leopold und
der Claudia de Medici mi die Pfarrkirche. Eine schöne
Monstranz in reinen Renaissanceformen mit kreisrundem
Fuß und Gehäuse, reicher getriebener Ornamentik, Email-
und Iuwelenschmuck, ist diejenige der pfarrirche von heim-
fels im Pusterthal, an deren Fuß auf der Unterseite sich
die Inschrist findet: st HAINRICH . EGLOF . FECIT .
IN. CONSTANZ. ANO. 1596 f-**) (Fortsetzung folgt.)

*) Im Katalog werden diese barocken Zuthaten zum ursprüng-
lichen Merke gerechnet, was aber diesmal nicht zntreffeu dürfte.

**) Abbildung bei Atz. Annstgeschichte Tirols rc. S. 400.


OCnfstm kunstgewerblichen MulkerblMer.

Taf. 27. Geschnittener L e d e r ein b a n d. Entworfen von
Aug. Glaser, München; ansgeführt von h. Iacobsen, Hamburg.

Die in halber wirklicher Größe abgebildete Lederschnittarbeit
ziert die Einband-Gberseite eines Albums für den verein Deutscher
Seeschiffcr z» Hainburg. Das Wappen Hamburgs, als Brustschild des
Reichsadlers auf dem geblähten Segel eines Dreimasters, dann zahl-
reiche nautische Embleme und Allegorien geben in künstlerisch wie
technisch vollendeter Form die Beziehungen kund, welchen das Album
paffenden Ausdruck geben soll.

Taf. 28. Salon»Möbel. Entwurf von Hauptlehrer Max
Aiendl, München.

Die beiden vorgeführten Möbel, die zur Bergung und Schau-
stellung reizvoller Nixpsachen und Schmuckgeräthe bestinimte Lhiffoniärc
sowie das guericiou-artige Postament als Träger für zierlichen statu-
arischen Raumschmuck zählen zu den charakteristischen Möbeln des
Rokokosalons, dem sich der moderne Geschmack mit Vorliebe zugewandt.

Taf. 29. Kronleuchter. Entworfen und ausgeführt von
Reiuhold Kirsch, kgl. Hofkunstschlosser, München. Nach Photographie
gezeichnet von L. F. Weysser, München. Maßstab ungefähr'(9 der
wirklichen Größe.

Die beiden oberen, für elektrisches Glühlicht bestimmten Lüster
zeigen das Schmiedecisenmatcrial unverhüllt; der mittlere Lüster, für
Petroleum und 9 Kerzen bestimmt, ist dem Rokokostil entsprechend in
Lackfarben mit vorwiegendem Weiß und mäßiger Verwendung von
Grün und Rosa (für die Blattspitzen rc.) gemalt.

Taf. 30. Thüre im Prunksaal des deutschen Kunst-
gewerbes. Entworfen von Gabr. Seidl, ausgeführt von der
Marmorschleiferei Kiefer in Kiefersfelden und der Waggonfabrik
von I. Rathgeber, München.

Diese mit fürstlicher Pracht ausgeführtc Thüre bildet das Mittel-
stück der dem hauxtzugange zum Prunksaal gegenüberliegenden Lang-
seite. (vergl. hiezu Tafel 8, sowie die im Beiblatt Nr. 2, Seite
gegebene Beschreibung).

NB. Im Interesse bestmöglicher Schärfe des Lichtdruckes mußte
auf einen Ueberdruck des Negatives verzichtet werden und erscheint
die Abbildung daher als ein sog. Spiegelbild, folglich der Text im
Friese der Thürbekrönung in verkehrter Stellung.

Taf. 3(. Geschnitzter Faßboden. Für den Münchener
Rathskeller ausgcführt von F. Radspieler & Comp., München.
Karton von Professor R. S e i tz, München.

vergl. hiezu Tafel % und 9, sowie den Text zu Tafel q, auf
Seite \6 in Heft ; & 2. Auf dein Mriginalkarton ist vom Rand-
ornament nur ein viertel (links obeni fertig ausgeführt; die übrigen
Theile desselben wurden von I. Ulrich ergänzt.

Taf. 32. Rokoko >Glasgemälde, für ein Treppenhaus in
St. Petersburg bestimmt. Entworfen und ausgeführt von G. van
Treeck, München.

In lichtvollen, mäßig bunten Tönen sucht der Künstler die in
dem Stile wie den Dimensionen des Fensters geschickt angepaßte Tom-
position in Wirkung zu setzen und hiedurch dem Treppenhause eine
feierliche Lichtstimmung zu verleihen.

hierzu „Beiblatt" !lr. 9-

X

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verantw. Red.: Prof. L. Gmelin. — herausgegeb. v. bapcr. Lunstgewerbeverein. — Tomm.-Verl. v. tH. Echorß. — Druck v. Knorr $ tzirtb, München.
 
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