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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1893

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Heft 3/4
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G., L.: Jul. Elchinger
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Unsere kunstgewerblichen Musterblätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.7908#0032

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28 H-

in den Besitz Julius Llchingers, welcher alle Vorbedingungen zur ge-
sunden Wetterführung desselben in sich zu vereinigen schien. Diese
Voraussetzung traf in vollem Maaß ein; denn Alles, was aus
Llchingers Händen hervorgiug, trug den Stempel vollendeter künstler-
ischer Arbeit.

Mit größeren dekorativen Werken, wie Pokalen, Tafelaufsätzen und
Aehulichem hat Llchinger sich nicht befaßt; schon in seiner Eigenschaft
als königlicher Grdeuslieferant war er mehr auf die Juwelierarbeit
in Steinen und Email hiugewiesen und so blieb auch der eigentliche
Schmuck aus Edelmetall mit Edelsteinen und Email fein Hauptschaffens-
gebiet. Was er in dieser Einsicht Hervorragendes leisten konnte, das
haben die verschiedenen Ausstellungen, an denen er sich betheiligt, ge-
zeigt ; in Feinheit des Geschmacks, in Sorgfalt der Ausführung, in
künstlerisch maßvoller verwerthuug von Steinen und Email ist er
weder auf der Nürnberger Weltausstellung ((885), noch auf der deutsch-
nationale» Kuustgewerbeausstelluug zu München ((888) von irgend
einem andern übertrosfen worden. Seine emaillirten Ringe, seine Hals-
ketten und Anhänger, Diademe, Medaillons rc. waren ausnahmslos
Labinetsstllcke, wie sie nur einer fertigt, den nicht geschäftliche, sondern
künstlerische Motive bei seinem Schaffen leiten; Elchiuger fühlte sich
mit seinen Arbeiten, an die er wocheu- und monatelang sein ganzes
reiches Rönnen gesetzt, so innig verwachsen, daß es ihm oft schwer
wurde, sich von denselben zu trennen. Wie ernst und gewissenhaft
er es mit der Ausführung seiner künstlerischen Ideen nahm, mag man
daraus entnehmen, daß er oft viele Monate auf gewisse Perlen oder Steine
fahndete, um ja nur solches Material bei dem beabsichtigten Schmuckstück
zu verwenden, was genau zu seinen Ideen paßte.

So enge Elchinger sich au alte Arbeiten aulehnte — er hat bei-
spielsweise eine Reihe von Ringen und Anderes geitau den im National-
museum befindlichen Griginalien nachgebildet —, so schuf er doch sehr
vieles aus eigener freier Phantasie; einige Entwürfe zu Schmucksachen,
welche in seinem Nachlaß gefunden und der König!. Kuustgcwerbeschule
von den Erben vermacht wurden, zeugen von seinem selbständigen
Entwerfen, aber auch von der liebevollen Sorgfalt, mit der er diese
Vorarbeiten erledigte. Unter diesen Entwürfen befinden sich auch jene
zu den beiden Anhängern auf S. 27 und im „Beiblatt" S. (8. Künst-
lerische Beihilfe hat Elchiuger wenig in Anspruch genommen; in dieser
Hinsicht stand er nur mit dem Maler Heinrich Lossow, dem Lon-
servator der Schleißheimer Galerie in engerer Verbindung; von diesem
rührte auch die hochelegante Rococo-Ausstattung des verkaufslokales
Llchingers her. Prof. Or. P. F. Krell hat dem verstorbenen gelegent-
lich einige Entwürfe, Prof. Friedr. Thierfch eine Skizze zu einem
reichen Brautfchmuck gefertigt.

Um unfern Lesern von den größeren Werken Elchingers Einiges
vor Augen zu führen, bringen wir auf Taf. (0 zwei Schmuckstücke
deren Veröffentlichung wir dem Entgegenkommen der gegenwärtigen
Besitzer verdanken; das eine Stück ist unveräußerliches Privateigeuthum,
das andere befindet sich in Hände» der Erben Llchingers und ist ver-

käuflich. Die obere Halskette gehört zu einem Brautgeschenk; die
Wappen der Städte München und Lindau weisen auf die Wohnorte
der Brautleute hin. Bei den Wappen entspricht die Emaillirung den
heraldischen Tinkturen; die Schildränder sind schwarz, weiß und roth,
die Flügel des Engelsköpfchens grün, die Kettenglieder vorwiegend
schwarz mit weißen Punkten, die. Perzen dunkelroth emaillirt. — Der
andere Halsschmuck war seinerzeit buchstäblich eines der Glanzstücke
der (888er Ausstellung; die entzückende Wirkung, welche — namentlich
bei künstlicher Beleuchtung — durch die reizvolle Gruppirnng großer
und kleiner Diamanten, Rubinen und Perlen und durch die auf's
Feinste emaillirte Goldfassung hervorgebracht ist, läßt sich freilich ans
einem einfarbigen Lichtdruck nur ahnen. Die zehn großen Diamanten
vom schönsten Feuer, welche allein einen Werth von über (o ooo Mk.
darstellen, besitzen eine hohe Goldfassung, welche nach unten durch ein
in Schwarz und Gold gehaltenes Streifchen begrenzt ist; über die
mit weißen Emailstreifen verzierten Kästen der Fassung legen sich blau-
grüne bis hellblaue Spiralen, deren vereinigungsstellen buntes — und
zwar vorwiegend rothes — Email tragen. Die größeren Zwischen-
glieder besitzen je einen Diamanten, zwei Rubinen und zwei Perlen;
an den Kästchen derselben sind die Flächen schwarz gestreift, die Ecken
iveiß und die Ranken blau, weiß und schwarz. Die kleinen Zwischen-
glieder tragen je einen Diamanten. — Leider ist es nicht möglich
gewesen, dieses Unikum — wie ursprüglich beabsichtigt — auf die
Weltausstellung zu Lhicago zu bringe»; und doch wäre gerade
dieses Stück so recht geeignet gewesen, der Münchener Goldschmicdekunst
kaufkräftige Gönner von jenseits zu erwerben.

Wie Elchinger jeder Reklame abhold war, so war er auch kein
„Geschäftsmann" im landläufigen Sinn, obwohl er in seinem Laden,
geschäft auch die courante Waare — wie sie die Mode verlangt —
führte; er war zu sehr Künstler, als daß er bei seinen eigenen Arbeiten
sich nur von dem Gedanken an den verkauf derselben hätte leiten lassen.
Nichtsdestoweniger konnte er auf schöne materielle Erfolge zurückblicken;
leider vermochten dieselben nicht, die melancholische Stimmung, welche
in seinen letzten Lebensjahren immer mächtiger wurde zu beseitigen;
denn sie entsprang der von Jahr zu Jahr drückender werdenden Sorge
um seine schwer leidende Gattin, mit der er seit Herbst (876 in
glücklicher, wenngleich kinderloser Ehe lebte; dazu gesellten sich eigene
körperliche Leiden, welche auf seine Thätigkeit lähmend einwirkten.
Außer Stande, der Wucht dieser Leiden länger zu widerstehen, ohne
Hoffnung, je wieder zu gesunden, endete er freiwillig — gemeinsam
mit seiner treuen Lebensgefährtin — in der Nacht vom 28. zum
2g. Juni (892.*) Sein Andenken aber wird unter allen, welche den
zarten Blüthcn der Edelschmiedekunst verständniß entgcgenbringen, stets
in Ehren gehalten werden. L. G.

*) Nach dem ärztlichen Gutachten von Dr. Nobiling ließ der Sektionsbefund „mit
Sicherheit annehmen, daß beide Ehegatten unter dem Einfluß schwerer, chronischer
Erkrankung stehend, int Zustande der Selbstbestimmungsunfähigkeit LZand an sich legten!"


OCnfere kunstgewerblichen <I)usterblMer.

Taf. 8. Prunksaal für die Weltausstellung zu Lhi-
cago. Zur Aufnahme der hervorragendsten Gegenstände des Deutschen
Kunstgewerbes im Aufträge des Reichskominiffärs entworfen von Prof.
Gabr. Seidl.

Auf dieser Tafel ist jene Schmalseite des großen, als Repräsen-
tationsraum des Deutschen Kunsthandwcrks entworfenen Prunksaales
abgebildet, die sich nach dem Labinet mit den Prachtstücken aus den
Königsschlöffern öffnet; rnan vergleiche hierüber die nähere Beschreib-
ung im Beiblatt Nr. 2, S. (3. — Die rothseidcneu Damasttapeten
wurden von Jos. Ebner & Lie., die vergoldeten Zierrathen des Por-
tals, des Frieses, des Gewölbes rc. von Konr. Barth & (Eie. ge-
liefert; die nur zum Theil sichtbaren Gemälde der Tonne wurden von
den Professoren Frz. v. Lenbach, Rud. Seitz, und Maler Herm.
Kellner gefertigt. Wir werden späterhin unser» Lesern noch andere
Ansichten aus dem gleichen Prunksaal vor Augen führen.

Taf. g. Geschnitzter Faßboden. Für den Münchener Raths-
kellcr ausgeführt von F. Radspielcr är Lie., München. Larton von
Prof. Rud. Seitz. vergl. hierüber den Text zu Tafel % S. (6, Heft (/r.

Taf. (0. Halsketten. Ausgeführt vom -f Hofjuwelier Jul.
Elchinger, München, — der untere Schmuck nach eigenem Entwurf,
der obere nach einer Skizze von Prof. Fr. Thierfch. Wirkliche Größe.

Näheres hierüber siehe obigen Nekrolog auf Jul. Llchinger.

Taf. ((. Zierschräukchcn. Entworfen von Herm. wer le, Berlin.

Taf. (2. Geschliffene Gläser. Entwurf von p. P. Palme,
Kunstgewerbeschüler, München. Dieser Entwurf ist aus den an der Kunst-
gewerbeschule zu München üblichen wcttbewerbungen hervorgegangen.

Taf. (3. Stukkaturen aus der Kirche zu Rott am Inn.
Nach einer photographischen Aufnahme von G. v. Bezold, Architekt.

vergl. hierüber die „Studier: über Barock und Rokoko in Vbcr-
ba^ern", speziell Seite 26.

hierzu „Beiblatt" llr. 3.

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verantw. Red.i Prof. L. Gmelin. Herausgegeb. v. bayer. Ittmstgewcrbcverein. Lomm.-Verl. v. M. Schorß. Druck v. Knorr lf virth, München.
 
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