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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1893

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Heft 9/10
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Gmelin, L.: Kunstgewerbliches von der Weltausstellung in Chicago, [1]
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Semper, Hans: Die Historische Abtheilung der Tyroler Landesausstellung von 1893, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7908#0067

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Mahle setzen, wenn der Tisch sauber und einladend gedeckt
ist, als wo dieß nicht der Fall fit. Dem Kunstgewerbe, in
Verbindung mit Architektur, Bildhauerei und Malerei, fällt
daher zunächst die Aufgabe zu, den Ausstellungsraum zu
schmücken. Daß man in Deutschland an maßgebender Stelle
die Bedeutung des Aeußern einer Ausstellungsgruppe er-
kannt und beträchtliche Summen dafür aufgewendet hat,
um die betreffenden Gruppen im Industriegebäude, im
„Deutschen Pause", im Elektrizitätsgebäude u. s. w. ihrem
innern Werth entsprechend auszustatten, kann nicht hoch
genug angeschlagen werden, wenn auch in der Einheitlich-
keit der Durchführung und Klarheit der Altordnung Manches
zu wünschen übrig bliebe.

Zweifellos hat dieser wohlangebrachte Luxus zu den:
großen Erfolg Deutschlands ein gut Theil beigetragen; daß
mit dem vorzüglichen Auftreten Deutschlands der Erfolg der
Ausstellung überhaupt sehr enge zusammenhängt, geht aus
Aeußerungen der Amerikaner hervor. In der Ueberzeugung,
der deutsche Kaiser habe durch sein persönliches Eintreten
für die Beschickung der Ausstellung zu deren Geliitgeit sehr
viel beigetragen, wenden demselben viele Amerikaner ihre
vollen Sympathien zu, — und man hegt immer noch die
stille poffnung, das Oberhaupt des befreundeten deutschen
Reiches doch noch in Thicago zu begrüßen. Einheimische
glauben, daß danit das Ausstellungsunternehmen vielleicht
aus denr Defizit herauskäme!! I Von deutsch-amerikanischen
Technikern wurde den: Berichterstatter versichert, daß deren
moralische Stellung infolge der guten deutschen Ausstellung
sich schon jetzt wesentlich gehoben habe; in gleichen: Maaße
wird man dieß von der Werthschätzung der deutschen Kunst-
handwerker in Amerika hoffen dürfen.

wie sich aus dem in Nr. 6 des „Beiblattes", S. H(
mitgetheilten Grundriß ergibt, ist bei der Gefammt-
anordnung der deutschen Abtheilung in: IVlanufaciures
Building ein bedeutsamer Ton angeschlagen: *) die großen
geschmiedeten Thore von Gebr. Armbrüster, in: Hintergrund

*) 3n Bezug auf die Anordnung im Einzelnen verweisen wir
auf den in Nr. 7 des „Beiblattes" abgedruckten Bericht des Aon-
seroators Aoxp.

die Kunstwerke der Berliner Porzellanmanufaktur, dazwischen
die Hanauer, pforzheimer und Schwäbisch-Gmünder Juwe-
liere, aus der einen Seite die Ehrengeschenke aus dem Be-
sitz des Raffers, Bismarcks u. s. w., auf der andern Seite
ein Theil des badischen Kunstgewerbes — das Alles bildet
ein einheitliches Ganzes von entschieden vornehmer Erschein-
uitg. Die im klebrigen meist wahrzunehmende Zersplitterung
nimmt sich dagegen fast aus wie ein Nachklang aus den
Bundestagszeiten. Einzelne Theile sind Kleinodien für sich,
wie die Prunkräume voti Gabr. Seidl, der auf der abge-
schrägten Ecke eingebaute „Münchener Silberhof" und Aehn-
liches; aber sie stehen nur in ganz äußerlichem Zusammen-
hang mit dem klebrigen, und die Alllage als Ganzes läßt
die wünschenswerthe Eiitheitlichkeit vermissen, wie noth-
wendig und wichtig eine solche Einheitlichkeit ist, zeigt deut-
lich iticht nur das im Ausstellungswesen so erfahrene Frank-
reich, sondern auch einzelne Gruppen innerhalb der deutschen
Abtheilung z. B. die der chemischen Industrie. Durch das
geschloffene Auftreten, durch die Unterordnung des Einzelnen
unter das Ganze, durch die gleichmäßige, nur an den Paupt-
punkten reichere Durchbildung der Schaukästen (grau mit
wenig Gold, dunkle Rückwände) macht eine solche, sonst
wenig beachtete Gruppe auch auf das Laienpublikum Ein-
druck. Einheitlich, wenn auch in kleinerem Umfang, ist
die vom Bayerischen Gewerbemuseum in Nürnberg zu-
sammengestellte Gruppe; doch schreckt die in: Platzmangel
begründete Engigkeit der Durchgänge manchen Besucher vor
dem Eintritt zurück. — Auf der Galerie hat die verspätet
angemeldete preußische Schulausstellung Verschiebungen ver-
ursacht, welche die gute Erscheinung mancher Einzelausstell
ungen beeinträchtigen. — Zu deu selbständigen Gruppen
darf auch das „Deutsche paus" gezählt werden. Mag man
an demselben Verschiedenes auszusetzen haben, so gehört es
doch zu den besten unter den sehr zahlreichen Repräsentations-
gebäuden einzelner Staaten; die darin aufgestellten Aus-
stellungen der deutschen Buchhändler und der kirchlichen
Kunst weisen in ihrer einheitlichen Durchführung deutlich
auf die Vortheile gemeinsamen Vorgehens im Interesse der
Gefammtheit hin. (Fortsetzung folgt.)

Wlüng der

IlMmig von 1893.

Von Pros. Dr. Semper.

iien Glanzpunkt der Tiroler Landesausstellung
bildet die historische Abtheilung, welche
zwei Säle am Südwestende des Ausstellungs-
gebäudes einnimmt und den Durchgang zu der
Ausstellung der Tiroler Künstler in München bildet. In dem
ersten Saale der historischen Abtheilung sind die Werke der
Kleinkünste früherer Zeiten aus tirolischem Besitz ausgestellt,
wogegen im zweiten Saal einige Flügelaltäre und Skulpturen,
sowie Gemälde aus Tirol vereinigt sind. So wenig nun

diese Letzteren auch nur ein annäherndes Bild von der
Geschichte tirolischer Malerei und Skulptur zu geben ver-
mögen (welches z. B. die Ausstellungen von (865 und (878
viel vollkommener darboten), woran hauptsächlich der Platz-
mangel schuld war, um so erfreulicher ist dagegen der Ein-
druck des ersten Saales, welcher in einer Fülle von aus-
gezeichneten Werken früheren Kunstfleißes jedem kunstsinnigen
Beschauer einen hohen Genuß bereitet, dem sich das Staunen
beimischt, daß das kleine arme Land solche Schätze, wenn

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