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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1893

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Heft 1/2
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Haushofer, Max: Ueber Trophäen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7908#0017

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hinzulenken. IPo der mittelalterliche Künstler als Stein-
oder polzbildhaucr, als Miniatur- oder Wandmaler ganze
Ritter in voller Rüstung oder ganze Turniere und Kämpfe
darstellt, zeigt er uns allerdings sein volles Interesse für den
künstlerischen Werth schöner Waffen; nur die eigentliche
Trophäe zu verwenden verbietet ihn: die allgemeine Vorliebe
für das heraldische.

Es scheint — doch ich begnüge mich hier mit der bloßen
Andeutung und überlasse es genaueren Kennern der speziellen
Kunstperiode, die Frage weiter zu verfolgen — daß sich
die Nichtverwcndung der Trophäe noch bis in die Blüthe-
zeit der Früh-Renaiffance hineinzieht. Indessen konnte das
nicht lange währen. Den Künstlern der Renaissance mußte
ja nothwendig die Verwendbarkeit der Trophäe frühzeitig
in die Augen springen. So finden wir denn Trophäen
in der Renaissancezeit sowohl an kleineren kunstgewerblichen
Gegenständen, an Schalen, Uhrenschilden und dergleichen, als
auch an Grabnrälern, als Pilasterfüllungen, Thürfüllungen,
an den Postamenten von Denknrälern.

Da die Renaissance-Zeit mit ihrer ausgebildeteren Technik
die prachtreichsten wirklichen Waffen schuf, und zwar Rüstungen,
welche den Mann vom Kopf bis zur Ferse ganz in Eisen
schlossen, ist es erklärlich, daß sie dieselben auch künstlerisch
verwendet. Aber sie thut dies mit Vorliebe nicht durch
Zusammenstellung von Waffentrophäen, sondern durch Dar-
stellung des ganzen gerüsteten Mannes, wie wir das in
reichster Ausführung am Denkinal Kaiser Maximilians in
der Innsbrucker Stiftskirche erkennen. Wo man solch'
lebensvolle Gestalten im Waffenschmucke hinstellen kann,
wie die König Arthurs und Thcodorichs am besagten Denk
mal: da muß freilich jede unbelebte Waffentrophäe eigentlich
als überflüssig erscheinen.

Der Künstler der Renaissancezeit hatte bei der Ver
wendung der Trophäe mit gewissen Schwierigkeiten zu kämpfen,
welche den bildenden Künstlern des Alterthuines nicht ent
gegenständen; aber er fand dafür auch gewisse Erleichterungen. ;

Wollte inan in Stein uiid holzsculptur oder in der
Wandmalerei oder sonst wo Trophäen als Decoration ver-
wenden, so hatte man nunmehr die Auswahl zwischen deii
antiken Vorbildern und den Schutz und Trutzwaffen der
eigenen Zeit. Der Künstler der Renaissance mußte aber
bald fühlen, daß die antiken Waffen in ihrer schmucklosen
Glattheit seinem Bedürfniß nach prächtiger und reicher Aus-
füllung des Raumes nicht entsprechen. Die Harnische uiid
pelme, die Schwertgriffe und pellebarten, welche die Renais-
sance-Waffenschmiede mit ihrer Aetzung und Niellirung
und Tauschirung hervorbrachten, erwiesen sich da als ungleich
prächtiger. Aber die Kunst der Renaissance hatte doch das
Feingefühl, zu empfinden, daß die Grundformen der antiken
Waffen edlere waren, und deshalb sah sie sich veranlaßt,
dort, wo sie sich nicht wirklicher, sondern iiachgeahniter
Waffen zur Ausschmückung bediente, die antiken Waffen zu
wählen, dieselben aber nach ihrem Sinne prächtiger und
Reicher zu gestalten.

Die kriegerische Trophäe der Gegenwart leidet sehr
unter den künstlerischen Mängeln der modernen Waffen,
^ie modernen Waffen sind ja nichts mehr, als durchaus
Sleichförmige Einzelnheiten einer großen Maschinerie. Mit
chrer steigenden technischen Vollkommenheit mußte ihre
künstlerische Bedeutung in verkehrter Richtung sich bewegen,

also immer geringer werden. Das zeigt sich an jeder Einzeln
heit unserer Bewaffnung. Wie maschinenmäßig glatt und
unkünstlerisch sieht unser heutiges höchst leistungfähiges
Infanteriegewehr aus gegenüber den Donnerbüchsen des
fünfzehnten und sechzehnten Jahrhunderts! wie kahl und
schmucklos der jetzige Tavalleriesäbel gegenüber dem roman

Dreibeiniger Lehnstuhl.

Entwurf von Beruh. Wenig, Berchtesgaden.

ischen und gothischen Ritterschwert! Auch das moderne
Feldgeschütz ist in seiner glatten Eleganz künstlerisch arm
gegenüber den Karthaunen und Feldschlangen, aus welchen
man in den Kriegen der Reformationszeit schoß.

Noch schlimmer als mit den Trutzwaffen aber sieht
es vom künstlerischen Standpunkte betrachtet mit der ganzen
übrigen Armatur des heutigen Militärs aus. Von der
Spitze der Pickelhaube bis herunter zum Sporn mußte jede
 
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