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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1893

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Heft 3/4
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Riehl, Berthold: Studien über Barock und Rokoko in Oberbayern, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7908#0023

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derselben unter den Pfarrkirchen mögen etwa die allgemein
bekannten von Murnau (^7^3—^738), Inning (s767
vollendet), Starnberg sj769 vollendet) genannt werden.

Fast ebenso sehr wie die Veränderung der Anlage und
Beleuchtung bedingt die der Dekoration und Ausstattung
den wesentlich anderartigen Eindruck der Kirchen des j8.
gegenüber jenen des j7. Jahrhunderts. Vor allem ist, wie
wir beim ersten Blick in die Kirche zu Fürstenfeld sehen,
für diesen Umschwung eine weitere Steigerung des Maler-
ischen charakteristisch, die jetzt aber nach anderen Effekten
strebt, mit anderen Mitteln bewerkstelligt wird. Das
Malerische der Dekoration des j7. Jahrhunderts beruhte
darauf, daß man die architektonischen Glieder, die figür-
lichen und ornamentalen Stukkaturen malerisch wirkungsvoll
behandelte, bemalt aber wurden sie nicht, ihr Ton ist meist
ein seines Grau oder Weiß. Deckengemälde kommen seit
dem Schluß des f7. Jahrhunderts in Benediktbeuern, be-
deutender dann in Tegernsee vor, treten aber bei dem Ein-
druck des Ganzen keineswegs in den Vordergrund, sondern
erscheinen mehr als Füllstücke der Dekoration. Im j8. Jahr-
hundert dagegen und ganz besonders bei den von den Asams
dekorirten Lauten gewinnt die Farbe eine ganz andere Be-
deutung; einzelne Architekturglieder und Ornamente, oder
der Grund, von dem sie sich abheben, werden bemalt und
vergoldet, wobei sich jedoch stets, ich erinnere beispielsweise
an Fürstenfeld, ein feiner Farbensinn zeigt und gerade das
Streben nach leichter, eleganter Wirkung charakteristisch ist,
dessen Steigerung geradezu den Grundzug der künstlerischen
Entwicklung des Jahrhunderts bildet und das gewiß im
schärfsten Gegensatz zu jener grellen, buntscheckigen Aus-
malung steht, die man leider noch recht oft bei modernen
Restaurationen von Kirchen des f8. Jahrhunderts trifft.

Eine ganz andere Stellung aber nehmen jetzt die
Deckengemälde ein, sie werden der Glanz- und Mittelpunkt
der ganzen Dekoration, auf dessen wirkungsvolle kjervor-
hebung alles zielt. Oft mit außerordentlicher Bravour
ausgeführt, erhöhen sie bewundernswerth die Wirkung des
ganzen Raums, meist in Hellen Farben leuchtend lassen sie
ihn höher erscheinen und wirken namentlich dadurch, daß
sich unten am Rande des Bildes, in kräftigeren Tönen ge-
malt, der irdische Vorgang abspielt, während im Höhepunkt
des Bildes Gott und die heiligen, von visionärem Lichte
umstoffen, nn Himmel erscheinen. Der himmlischen Schaar
aber jubeln die Engel zu, die sie umgeben, ebenso wie die
in Stukk bald in vollen Figuren, bald in höchst reiz-
vollen, flachem Relief ausgeführten Genien an den Rahmen
der Bilder oder in den Bogenzwickeln, sowie auch die lieb-
lichen Engelsköpfchen, die uns singend aus den Wolken ent-
gegenlächeln.

Natürlich veränderte sich dadurch auch die Stellung des
Nkalers; während sie bei jenen Werken des f7. Jahrhunderts
doch nur eine untergeordnete war, mußte er jetzt auf die
Tesammte Dekoration und Ausstattung Einfluß üben, am
Mten konnte er dies natürlich, wenn er zugleich Stukkator
war rvie Ioh. Bapt. Aimmermann oder wenn Maler und
Bildhauer in so inniger Eintracht schufen wie die Brüder
Asan,. Daß aber gleichwohl der Stukkator in der Aus-
führung große Freiheiten hatte, ist sicher, und dies erklärt
auch theilweise die verschiedene Dekoration von Kirchen,
welche derselbe Maler leitete.

Keber die Maler der Zeit sind wir, sowohl durch die
Inschriften, die sie offenbar mit Stolz auf ihr vollendetes
Werk zu setzen pflegten, wie auch durch literarische Mit-
theilungen besonders bei Westenricder, Rittershausen, Mei-
dinger, Lipowsky und Anderen gut unterrichtet, auch über
Bildhauer und Baumeister finden sich hier werthvolle Mit-
theilungen, die archivalischen Forschungen über diese Künstler
stehen noch in den ersten Anfängen. In hohem Grade
erfreulich ist die Thatsache, daß in dieser Zeit die Kunst
in Bayern keineswegs so von der französischen abhängig
ist, wie man in der Regel annimmt. Bei Hof hielt man
allerdings noch an der Vorliebe für fremde Meister fest
und der Franzose Euvilliss spielt dadurch in der Kunst-
geschichte Münchens im f 8. Jahrhundert in der Thal eine

Stukkaiureu aus der Kirche zu Kreuzpullach; erstes Drittel des
>8. Jahrhunderts.

Die Ornamente in den Gewölbeflächen sind durch breite aufgcnialte Linien eingefaßt.

bedeutende Rolle. Sowie wir aber den höfischen Kreis ver-
lassen, in dem übrigens auch weit mehr Münchner Künstler
arbeiten, als man gewöhnlich glaubt, finden wir lauter
bayerische Meister, die der höfischen Kunst ganz frei gegen-
überstehen, höchstens in gerechter Würdigung ihrer Vorzüge
einzelne Anregungen von ihr aufgreifen und die zahlreichen,
über das ganze Land ausgestreuten Werke dieser, stehen an
künstlerischem Werth keineswegs hinter den Werken jener
zurück, wie man sich jetzt übrigens selbst bei Bauten, die
direkt vom fürstlichen Hof ausgingen, einheimischer Kräfte
bediente, dafür ist die Vollendung der Theatinerkirche sab
^ 767) in hohem Grade bezeichnend. War der Bau im
\7. Jahrhundert von Italienern geleitet, die Ausführung
der Stukkaturen wohl hauptsächlich Italienern übertragen,
malten damals meist italienische Künstler die Altarbilder,

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