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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1893

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Heft 3/4
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Riehl, Berthold: Studien über Barock und Rokoko in Oberbayern, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7908#0024

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so sind dagegen bei der Restauration und Vollendung der
Kirche im Ende des (8. Jahrhunderts, obwohl sie unter
der Leitung des pofbaumeisters Euvillws erfolgte, fast nur
Münchner wie Straub, Boos, Albrecht, Oeffele u. s. w.
thätig. Die nanihaftesten Künstler der Zeit stammen schon
ihrer Geburt nach aus Bayern und bayerisch Schwaben,
so wurde Ioh. Bapt. Zimmermann (680 bei Wessobrunn^-),
Eosmas Damian Asam (686 zu Benediktbeuern, Balthasar
Albrecht (687 zu Berg am Starnbergersee geboren, Johann
Georg Bergmüller (688 zu Türckheim, Johann Baader
zu Lcchnrühl bei Landsberg, Matthäus Günther (705 zu
peiffenberg u. f. w. Auch von Bildhauern besitzen wir
durch Schaidauf, Schinutzer, Uebelher, Zopf, Faistenberger,
Ableithner, Egidius Asam, Straub, Ignaz Günther, Boos

Stukkaturen von der Decke des ^agdsaales in Wessobrunn.

und seine Schule eine gar stattliche Reihe echt bayerischer
Künstler, die vielfach auch für den!)of, nanrentlich in den
Schlössern Schleißheim und Nymphenburg, thätig waren.

Die Kunst des (8. Jahrhunderts gliedert sich in drei
Perioden. Die erste derselben erstreckt sich bis etwas nach
(720 — allzu ängstlich darf man bei den beträchtlichen
Unterschieden in der künstlerischen Entwicklung einzelner
Orte und Persönlichkeiten selbstverständlich nicht an Jahres-
zahlen haften —, sie bildet den Uebergang vom (7. zum
(8. Jahrhundert, der Lharakter des Ganzen wird entschieden
noch mehr durch die Kunst des (7. Jahrhunderts bestimmt.
Die zweite Periode, die der Kunst des (8. Jahrhunderts
ihr charakteristisches Gepräge gibt, ist die in unseren Gegenden
künstlerisch höchst produktive Zeit bis etwas über die Mitte *)

*) Nach Dr. G. Hager: Die Wessobrunner Stukkatorenschule.
Beilage zur Allgemeinen Zeitung \8<)5, Xlt. 2-P

des Jahrhunderts, während welcher sich in der Münchener
Schule vor allenr Eosmas Danrian und Egidius Asam,
Johann Baptist Zimmermann, Balthasar Albrecht und
der Baumeister Johann Michael Fischer auszeichnen. In
diesen Zusammenhang gehört theilweise auch noch Mat-
thäus Günther, der aber zugleich in die letzte Periode über
führt, die sich bis zum Ende des Jahrhunderts erstreckt,
welche noch viel Reizendes geschaffen und gewisse letzte
Eonsequenzen des Stils gezogen hat; als recht charakteristische
Meister derselben mögen beispielsweise der Maler Ehristian
Wink, die Bildhauer Ignaz Günther und Ronran Anton
Boos genannt werden.

Für den Stil der beiden ersten Jahrzehnte des (8. Jahr-
hunderts bietet in München die Dreifaltigkeitskirche ((?((
bis (7(8) ein gutes Beispiel. Sie wurde von demselben
Viscardi gebaut, der den Bau der Kirche von Fürstenfeld
leitete, aber während diese trotz ihrer alterthümlicheren An-
lage als ein charakteristisches Werk der entwickelten Kunst
des (8. Jahrhunderts erscheint, ist die Dreifaltigkeitskirche
gerade für diesen Kebergangsstil aus dem (7. ins (8. Jahr-
hundert bezeichnend. Die Gründe liegen nahe, die Kirche
in Fürstenfeld, ein glänzender Bau, ein Denkmal des
bayerischen Herrscherhauses, ist ein Kunstwerk, das seiner
Zeit voraneilt, das die neuere Kunstrichtung wesentlich niit-
begründet; die bescheidenere Kirche in München dagegen
hält an dem damals allgemein üblichen Stil, namentlich
in der Dekoration fest. Der verschiedene Eharakter beider
Kirchen weist damit zugleich auf eine für das Studium der
Kirchen des (8. Jahrhunderts beachtenswerthe Thatsache,
der Gesammteindruck derselben wird meist noch nrehr als
durch die Anlage, durch die Dekoration und Ausstattung
bedingt und die Jahreszahl, welche die Vollendung des
Deckenfreskos meldet, ist daher für die historische Stellung
der Kirche nicht selten wichtiger als die Bauzeit. Die Drei
faltigkeitskirche wurde nun aber in der Zeit von (7((
bis (7(8 vollendet, die Dekoration und Ausstattung der
Kirche zu Fürstenfeld dagegen, die sich bis gegen (760 hin-
zog, in ihrem Lharakter hauptsächlich durch die Asam be-
dingt, die hier wahrscheinlich im Beginn der dreißiger
Jahre arbeiteten und deren Werke schon seit etwa (727
eigentlichen Rokoko-Eharakter zeigen. In der Dreifaltigkeits-
kirche weisen die Anlage, die größere Rolle des Deckenbildes,
das nach Rittershausen (Merkwürdigkeiten von München
I 787) von Eosmas Damian Asam sein soll, ebenso wie
die Bemalung einzelner Architekturglieder deutlich auf den
künstlerischen Umschwung des (8. Jahrhunderts hin, aber
der Eharakter des Ganzen, das architektonische Detail und
vor allem das Stukkornament lassen den Zusammenhang
mit dem (7. Jahrhundert deutlich genug erkennen.

Diese Stukkornamentik aus dem Beginn des (8. Jahr-
hunderts, die wir in zahlreichen Kirchen Oberbayerns finden
und für die z. B. die Kirche voir Kreuzpullach (Station
Deisenhofen) ein sehr gutes Beispiel bietet (Abbildung S. (ß),
hält in ihren Grundzügen noch an der Kurist des (7. Jahr
Hunderts fest. Wir begegnen hier meist derselben Massen
haften Dekoration, den gleichen Festons, Ranken und Blatt
inotiven; aber höchst charakteristisch wird alles leichter, zier-
licher, eleganter, die Behandlung wird durchweg spitzer und
feiner (Abbildung aus Kaufering S. 2(), man sieht deut
lich die Reaktion gegen die schwere Dekoration des (7.
 
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