architektonischen Durchführung als Grundlage für den Charak-
ter der Rokokokirchen hatte, führt uns noch einmal zu einer
bisher noch recht wenig beachteten Frage zurück, nemlich
zu der nach den Architekten, deren Erörterung uns wieder
von neuem die Bedeutung der bayerischen Aünstler jener
Zeit zeigt, denen gegenüber die Thätigkeit der fremden
Meister, wenn wir auf das ganze Arbeitsfeld der Schule
und nicht nur auf den engsten höfischen Areis blicken, ent-
schieden untergeordnet war. Bei dreien der genannten
Werke, die Zimnrermann dekorirte, find die Namen der
Architekten erhalten. Die originelle, sehr bedeutende Airche
in der Wies bei Steingaden rührt laut Inschrift unter dem
Empore von: „Dominicus Zimmermann, Baumeister von
Aus deui Thor der Kirche zu Audechs (;752—;755).
Landsberg" her, welcher ein Bruder des Malers war.*) Den
Umbau in Andechs leitete der Maurermeister Lorenz Säxel
aus München und der Baumeister von Berg am Laim
war Ioh. Michael Fischer, kurkölnischer chosbaum elfter und
Bürger in München.**) I. M. Fischer war entschieden einer
der hervorragendsten Architekten jener Zeit, da nach Mei-
dinger (die vier bayerischen Rentämter, München s7s)0) von
ihm auch die Airche von Rott am Inn (^765 vollendet),
ferner Altomünster (s773 geweiht) und Dttobeuren (s780
vollendet), durchweg Werke von hervorragender Bedeutung,
*) Dr. G. Hager: Beilage zur Allgemeinen Zeitung >8g5, Nr. 25.
**) Aus den Nittheilungen bei Trost: „Geschichte des 5t.,Michael,
Brdens in Bayern," München ;888, p. 2H, Anm. 2 kann dies im
Zusammenhang mit dem hier Folgende» stcher geschlossen werden.
herrühren und auch der sehr originelle, äußerst wirkungsvolle
Ehor der Klosterkirche zu Niederalteich*) seilt Werk ist.**)
Einen ganz eigenartigen Reiz, grundverschieden von der
Auust der Asam, eher der Zimmermanns verwandt, von
der ihn aber, nainentlich int Oruameut, auch wieder wesent
liche Unterschiede trennen, besitzt die Klosterkirche in Schüft
larn (si733—(76H), deren Dekoration schon zu der letzten
der drei erwähnten Gruppen überleitet. Der plan zu dieser
Airche soll von EuvilliLs (unhaltbar ist Lipowskys Aitgabe,
daß er von Andreas Wolf herrühre) stammen, und wurde
dann, wie berichtet wird, niit wesentlichen Aenderungen durch
den Münchner chofbaumeister Gunezreiner ausgeführt. Die
Airche zu Schäftlarit, deren stattlicher Raunt ebenso originell,
wie geschickt entwickelt ist, besitzt zumal durch die großen,
runden Fenster im kjauptraum des Schiffes und im Ehor
ein prächtiges, hohes Seitenlicht; alles ist darauf berechitet,
daß die Airche in lichtent Glanz erstrahlen, einen heiter
festlichen Eindruck niachen soll. Architektur und Stukkatur sind
daher fast ganz weiß und ebenso die Skulpturen der Altäre,
von denen der Hochaltar und die zwei bedeutendsten Seiten
altäre Gemälde von Balthasar Albrecht besitzen, während
die vier anderen Seitenaltäre plastische Arbeiten von Ioh.
Bapt. Straub zieren. Ein gänzliches Unverständniß der
Absichten des Aünstlers zeigte es, daß man bei einer modernen
Restauration die Figuren im oberen Aufsatz und an den
Seiten des Hochaltares buntfarbig anstrich. Die Altäre sind
hier sehr einfach, das außerordentlich graziöse und originelle
Ornament (Abbildung S. ^ und 5. 22) ist sehr bescheiden an
geordnet. Gegenüber dem üppigen Reichthum der Asam
und deir kräftigen, schwungvollen Forineil Zimmermanns
beabsichtigt das Ornament inehr eine feine, pikmite Wirkung,
die es alich in hohem Grade erreicht, durch die graziösen
Formen, das feine Relief, die weise Sparsainkeit, mit der-
er angewendet und die theilweise Vergoldung, die gerade
im Gegensatz zum Weiß sehr effektvoll. Die Deckengenrälde,
die mit ihren lichten Tönen ungemein geschickt auf den
Effekt des Ganzen berechnet sind, stehen entschieden unter
dem Einfluß der Werke Zimmermanns, wahrscheinlich sind
sie von Balthasar Albrecht ausgeführt, der, wie gesagt, auch
die Altarbilder der Airche uralte und der zu Öen besten
Malern der danraligen Münchner Schule gerechnet zu werden
verdient.
Das Streben nach denr Graziösen und Eleganten se
wohl inr Ganzen wie im Detail ist der Grundzug der
weiteren Entwicklung des Stils i» der zweiten Hälfte des
Jahrhunderts. Mit ihnr geht ein äußerst anmuthiges, frei
lich oft gar willkürliches Spiel der Formen, die Sucht nach
feinen pikantericn Hand in Hand, die sich nanrentlich in
den ganz flachen Reliefs zeigt, die schon die Asanrs (z. B.
am Afam-Haus in München) gerne verwertheten und die
beispielsweise auch recht charakteristisch die Engelsköpfchen
an den Ehorstühlen in Schäftlarn zeigen. Die Ausstattung
der Schäftlarner Airche, die ganz aus der Erbauungszeit
erhalten, verdient durchweg eingehende Beachtung, so die
*) Gütige Mittheilung des Herrn Lxpositus Karl Muth.
**) Der Grabstein dieses bedeutenden, merkwürdiger Weise ganz
vergessenen Künstlers befindet sich an der Südseite der Frauenkirche zu
München und seine Inschrift besagt, daß der Meister im Alter von
75 Jahren den s. Mai ;766 gestorben sei und 52 Kirchen und 25 Klöster
nebst vielen Palästen gebaut habe.
ter der Rokokokirchen hatte, führt uns noch einmal zu einer
bisher noch recht wenig beachteten Frage zurück, nemlich
zu der nach den Architekten, deren Erörterung uns wieder
von neuem die Bedeutung der bayerischen Aünstler jener
Zeit zeigt, denen gegenüber die Thätigkeit der fremden
Meister, wenn wir auf das ganze Arbeitsfeld der Schule
und nicht nur auf den engsten höfischen Areis blicken, ent-
schieden untergeordnet war. Bei dreien der genannten
Werke, die Zimnrermann dekorirte, find die Namen der
Architekten erhalten. Die originelle, sehr bedeutende Airche
in der Wies bei Steingaden rührt laut Inschrift unter dem
Empore von: „Dominicus Zimmermann, Baumeister von
Aus deui Thor der Kirche zu Audechs (;752—;755).
Landsberg" her, welcher ein Bruder des Malers war.*) Den
Umbau in Andechs leitete der Maurermeister Lorenz Säxel
aus München und der Baumeister von Berg am Laim
war Ioh. Michael Fischer, kurkölnischer chosbaum elfter und
Bürger in München.**) I. M. Fischer war entschieden einer
der hervorragendsten Architekten jener Zeit, da nach Mei-
dinger (die vier bayerischen Rentämter, München s7s)0) von
ihm auch die Airche von Rott am Inn (^765 vollendet),
ferner Altomünster (s773 geweiht) und Dttobeuren (s780
vollendet), durchweg Werke von hervorragender Bedeutung,
*) Dr. G. Hager: Beilage zur Allgemeinen Zeitung >8g5, Nr. 25.
**) Aus den Nittheilungen bei Trost: „Geschichte des 5t.,Michael,
Brdens in Bayern," München ;888, p. 2H, Anm. 2 kann dies im
Zusammenhang mit dem hier Folgende» stcher geschlossen werden.
herrühren und auch der sehr originelle, äußerst wirkungsvolle
Ehor der Klosterkirche zu Niederalteich*) seilt Werk ist.**)
Einen ganz eigenartigen Reiz, grundverschieden von der
Auust der Asam, eher der Zimmermanns verwandt, von
der ihn aber, nainentlich int Oruameut, auch wieder wesent
liche Unterschiede trennen, besitzt die Klosterkirche in Schüft
larn (si733—(76H), deren Dekoration schon zu der letzten
der drei erwähnten Gruppen überleitet. Der plan zu dieser
Airche soll von EuvilliLs (unhaltbar ist Lipowskys Aitgabe,
daß er von Andreas Wolf herrühre) stammen, und wurde
dann, wie berichtet wird, niit wesentlichen Aenderungen durch
den Münchner chofbaumeister Gunezreiner ausgeführt. Die
Airche zu Schäftlarit, deren stattlicher Raunt ebenso originell,
wie geschickt entwickelt ist, besitzt zumal durch die großen,
runden Fenster im kjauptraum des Schiffes und im Ehor
ein prächtiges, hohes Seitenlicht; alles ist darauf berechitet,
daß die Airche in lichtent Glanz erstrahlen, einen heiter
festlichen Eindruck niachen soll. Architektur und Stukkatur sind
daher fast ganz weiß und ebenso die Skulpturen der Altäre,
von denen der Hochaltar und die zwei bedeutendsten Seiten
altäre Gemälde von Balthasar Albrecht besitzen, während
die vier anderen Seitenaltäre plastische Arbeiten von Ioh.
Bapt. Straub zieren. Ein gänzliches Unverständniß der
Absichten des Aünstlers zeigte es, daß man bei einer modernen
Restauration die Figuren im oberen Aufsatz und an den
Seiten des Hochaltares buntfarbig anstrich. Die Altäre sind
hier sehr einfach, das außerordentlich graziöse und originelle
Ornament (Abbildung S. ^ und 5. 22) ist sehr bescheiden an
geordnet. Gegenüber dem üppigen Reichthum der Asam
und deir kräftigen, schwungvollen Forineil Zimmermanns
beabsichtigt das Ornament inehr eine feine, pikmite Wirkung,
die es alich in hohem Grade erreicht, durch die graziösen
Formen, das feine Relief, die weise Sparsainkeit, mit der-
er angewendet und die theilweise Vergoldung, die gerade
im Gegensatz zum Weiß sehr effektvoll. Die Deckengenrälde,
die mit ihren lichten Tönen ungemein geschickt auf den
Effekt des Ganzen berechnet sind, stehen entschieden unter
dem Einfluß der Werke Zimmermanns, wahrscheinlich sind
sie von Balthasar Albrecht ausgeführt, der, wie gesagt, auch
die Altarbilder der Airche uralte und der zu Öen besten
Malern der danraligen Münchner Schule gerechnet zu werden
verdient.
Das Streben nach denr Graziösen und Eleganten se
wohl inr Ganzen wie im Detail ist der Grundzug der
weiteren Entwicklung des Stils i» der zweiten Hälfte des
Jahrhunderts. Mit ihnr geht ein äußerst anmuthiges, frei
lich oft gar willkürliches Spiel der Formen, die Sucht nach
feinen pikantericn Hand in Hand, die sich nanrentlich in
den ganz flachen Reliefs zeigt, die schon die Asanrs (z. B.
am Afam-Haus in München) gerne verwertheten und die
beispielsweise auch recht charakteristisch die Engelsköpfchen
an den Ehorstühlen in Schäftlarn zeigen. Die Ausstattung
der Schäftlarner Airche, die ganz aus der Erbauungszeit
erhalten, verdient durchweg eingehende Beachtung, so die
*) Gütige Mittheilung des Herrn Lxpositus Karl Muth.
**) Der Grabstein dieses bedeutenden, merkwürdiger Weise ganz
vergessenen Künstlers befindet sich an der Südseite der Frauenkirche zu
München und seine Inschrift besagt, daß der Meister im Alter von
75 Jahren den s. Mai ;766 gestorben sei und 52 Kirchen und 25 Klöster
nebst vielen Palästen gebaut habe.