damals erfuhr, scheinen ihn nicht erheblich berührt zu haben
und doch war er es, der schon {770 durch die Gründung
der Münchner Zeichcnschule, die er gemeinschaftlich mit
Boos bewerkstelligte, ein Institut ins
Leben rief, das, ein charakteristisches
Zeichen der Zeit, auf jenen Um-
schwung des ganzen künstlerischen
Lebens an: Schluffe des Jahrhunderts
bedeutsam hinweist, ja, so wenig man
bei der Gründung daran gedacht haben mag, als
Borläufer der Akademie sogar wesentlich dazu bei-
trug, ihm in München Eingang zu verschaffen.
MBarock und Rokoko sind sehr vielgestaltig
nicht nur in ihren Architektur- und Vrnament-
sormen, sondern auch in dem Gesammtbilde
des künstlerischen Lebens ihrer Zeit. Indem ich
die Entwicklung der kirchlichen Kunst, wie sie sich
bei uns auf dem Lande in inniger Fühlung mit
dem Kunstcentrum der Residenzstadt in den beiden
Jahrhunderten vollzog, zu skizziren versuchte,
habe ich nur eine Seite dieses Kunstlebens heraus-
gegriffen, allerdings aber wohl die bedeutendste
und die, welche den klarsten Einblick in die ganze
Entwicklung gewährt. Im Gesammtbilde ist es
aber eben doch nur eine Beite, denn die glänzende
Kunst im fürstlichen schlösse bietet ebenso, wie
die erfreulichen Fortschritte, welche die Aunst im
Bürger- und im wohlhabenden Bauernhause er-
kennen läßt, gar wesentliche und prächtige Eharak-
terzüge für das Kunstleben jener Zeit und nament-
lich letztere zeigen so recht die behagliche und
gemüthliche Beite derselben, von der uns auch
so zahlreiche Porträts, sowie die Kupferstiche und
Radirungen erzählen.
Belbst innerhalb des enger begrenzten Gebietes
mußte ich mir wegen des überreichen Materials
noch vielfache Bchranken auferlegen, manches
bedeutende Werk, manchen tüchtigen Künstler übergehen, ich
mußte mich auf besonders bezeichnende Beispiele beschränken,
bei deren Wahl mich auch vor allem ein praktischer Gesichts
punkt leitete. Die bedeutendsten der besprochenen Denkmale
sind meist sehr bequem von München aus zu erreichen; es
wäre höchst förderlich, wenn, ehe an die Restauration von
Kirchen dieser Zeit geschritten wird, die, wie die hl. Geist-
kirche und Bt. Peter beweisen, jetzt
von Münchner Künstlern so trefflich
ausgeführt werden kann, man sich
jedesmal bei guten, genau der Zeit
und dem Btil des zu restaurirenden
Denkmals entsprechenden, Bauten
Raths erholen würde. Es wäre dann vielleicht
zu hoffen, daß wir bei Restaurationen von der-
artigen Btilwidrigkeiten verschont blieben, die jetzt
leider noch so häufig Vorkommen, wie die graue
Bemalung statt weißer, oder gar buntscheckige
statt leichter Abtönung oder der farbige Anstrich
von Skulpturen, welche der Künstler des s 8. Jahr-
hunderts in guter Berechnung des Gesammt
eindrucks weiß bemalt hatte, oder von Glas-
gemälden, die da, wo sie nicht hingehören, nur
störend und geschmacklos wirken u. a. m. Man
kann auf diese Dinge nicht nachdrücklich genug
Hinweisen, denn für manche bedeutende Kirche
dieser Zeit, die uns heute noch durch ihre intakte
Erhaltung erfreut, besteht die Gefahr, daß sie
durch eine unverständige Restauration wesentlich
an künstlerischem Werth einbüße. Möge doch
auch hier der künstlerische Aufschwung, der sich
mehrfach so erfreulich in der Hauptstadt zeigt,
rasch fortschreiten und vor allem auch dem ganzen
Lande zu Gute kommen; dies in erster Linie
zu vermitteln, dürsten wohl unsere Bauämter
berufen sein.
Bor allem aber wollte ich durch den vor-
liegenden Aufsatz darauf Hinweisen, welch' reiche,
bisher doch noch recht wenig beachtete künstler-
ische Schätze unsere nächste Umgebung besitzt, die
dem Künstler und Historiker noch das weiteste
Feld für Studien aller Art bieten, jedem aber, der durch
die schöne Landschaft wandert, in der sie liegen, zu einer
Quelle reichsten künstlerischen Genusses werden können.
Halskette mit Anhänger
(St. Hubertus)
entworfen und ini Auftrag S. Ix.
Hoh. des jDrinzen Arnulf von Bayer,!
ausgeführt von f Jul. Llchinger.
(Gold mit Rubinen und jDerlen
besetzt; die Gruppe bunt, das
Nebrigeschwarz und weiß einaillirt.)
ul. GlWinger.
(Nekrolog.)
fgrtm 29. Juni vorige» Jahres verlor die Münchener Gold-
schinicdekunst einen ihrer tüchtigsten Vertreter, Juwelier
Julius Llchinger; unsere Absicht, das Andenken dieses
IM wackern Kunsthandwerkers durch Darlegung seines Lebens-
und Lntwickelungsganges und durch Vorführung einiger
hervorragender Arbeiten desselben zu ehren, können wir leider erst jetzt
und in sehr ungenügender Weise zur Ausführung bringen, da es uns
trotz allen Bemühungen nicht geglückt ist, über den Lebenslauf des
Verstorbenen mehr als einige dürftige Angaben zu erhalten.
Julius Llchinger wurde als Sohn eines Zahnarztes im Jahre
!8^.2 in Groß.Aüllcnbach (Niederbayern) geboren; nach dem Besuch
der Lateinschule in München machte er hier seine Lehre als Goldschmied
und Juwelier durch. Im August (8SH trat er als Lehrling bei dem
damaligen Hofjuwelier Adam Hausinger ein, bei welchem er in vier-
lähriger, trefflich angewandter Lernzeit alle von seinem knnstgciibten
Meister gehandhabten Techniken sich gründlich aneignete; Hausinger
selbst schilderte dem Verfasser dieses den damaligen Lehrbuben als einen
stillen, fleißigen Arbeiter, der an den zahlreichen und künstlerisch oft
sehr bedeulsanten, in des Meisters Werkstätte entstehenden Arbeiten den
regsten Anthcil nahm und welcher sein hervorragendes zeichnerisches
Geschick durch eifrige Studien mehr und mehr auszubilden bestrebt war.
Nach Beendigung der Lehrzeit brachte er mehrere Jahre auswärts zu;
namentlich verschafften ihm längere Aufenthalte in Paris (3 Jahre)
und in London (2 Jahre), wo er in namhaften Geschäften als Gehilfe
thätig war, einen weiteren Gesichtskreis und einen umfassenderen Ueber-
blick über sein Arbeitsgebiet. Nachdem er auch in Hanau einige Zeit
in Stellung gewesen war, kehrte er zu bleibendem Aufenthalt nach
München zurück, wo er bis zum Jahre ;875 bei verschiedenen Gold-
schmieden — z. B. Rottmanner, Winterhalter — thätig war. Als
um diese Zeit Hofjuwelier Hausinger sich von feinem Geschäft zurück-
ziehen wollte, da war es für denselben nicht zweifelhaft, wen er sich
zu seinem Nachfolger wünschte; so kam das Geschäft (Februar ;876)
und doch war er es, der schon {770 durch die Gründung
der Münchner Zeichcnschule, die er gemeinschaftlich mit
Boos bewerkstelligte, ein Institut ins
Leben rief, das, ein charakteristisches
Zeichen der Zeit, auf jenen Um-
schwung des ganzen künstlerischen
Lebens an: Schluffe des Jahrhunderts
bedeutsam hinweist, ja, so wenig man
bei der Gründung daran gedacht haben mag, als
Borläufer der Akademie sogar wesentlich dazu bei-
trug, ihm in München Eingang zu verschaffen.
MBarock und Rokoko sind sehr vielgestaltig
nicht nur in ihren Architektur- und Vrnament-
sormen, sondern auch in dem Gesammtbilde
des künstlerischen Lebens ihrer Zeit. Indem ich
die Entwicklung der kirchlichen Kunst, wie sie sich
bei uns auf dem Lande in inniger Fühlung mit
dem Kunstcentrum der Residenzstadt in den beiden
Jahrhunderten vollzog, zu skizziren versuchte,
habe ich nur eine Seite dieses Kunstlebens heraus-
gegriffen, allerdings aber wohl die bedeutendste
und die, welche den klarsten Einblick in die ganze
Entwicklung gewährt. Im Gesammtbilde ist es
aber eben doch nur eine Beite, denn die glänzende
Kunst im fürstlichen schlösse bietet ebenso, wie
die erfreulichen Fortschritte, welche die Aunst im
Bürger- und im wohlhabenden Bauernhause er-
kennen läßt, gar wesentliche und prächtige Eharak-
terzüge für das Kunstleben jener Zeit und nament-
lich letztere zeigen so recht die behagliche und
gemüthliche Beite derselben, von der uns auch
so zahlreiche Porträts, sowie die Kupferstiche und
Radirungen erzählen.
Belbst innerhalb des enger begrenzten Gebietes
mußte ich mir wegen des überreichen Materials
noch vielfache Bchranken auferlegen, manches
bedeutende Werk, manchen tüchtigen Künstler übergehen, ich
mußte mich auf besonders bezeichnende Beispiele beschränken,
bei deren Wahl mich auch vor allem ein praktischer Gesichts
punkt leitete. Die bedeutendsten der besprochenen Denkmale
sind meist sehr bequem von München aus zu erreichen; es
wäre höchst förderlich, wenn, ehe an die Restauration von
Kirchen dieser Zeit geschritten wird, die, wie die hl. Geist-
kirche und Bt. Peter beweisen, jetzt
von Münchner Künstlern so trefflich
ausgeführt werden kann, man sich
jedesmal bei guten, genau der Zeit
und dem Btil des zu restaurirenden
Denkmals entsprechenden, Bauten
Raths erholen würde. Es wäre dann vielleicht
zu hoffen, daß wir bei Restaurationen von der-
artigen Btilwidrigkeiten verschont blieben, die jetzt
leider noch so häufig Vorkommen, wie die graue
Bemalung statt weißer, oder gar buntscheckige
statt leichter Abtönung oder der farbige Anstrich
von Skulpturen, welche der Künstler des s 8. Jahr-
hunderts in guter Berechnung des Gesammt
eindrucks weiß bemalt hatte, oder von Glas-
gemälden, die da, wo sie nicht hingehören, nur
störend und geschmacklos wirken u. a. m. Man
kann auf diese Dinge nicht nachdrücklich genug
Hinweisen, denn für manche bedeutende Kirche
dieser Zeit, die uns heute noch durch ihre intakte
Erhaltung erfreut, besteht die Gefahr, daß sie
durch eine unverständige Restauration wesentlich
an künstlerischem Werth einbüße. Möge doch
auch hier der künstlerische Aufschwung, der sich
mehrfach so erfreulich in der Hauptstadt zeigt,
rasch fortschreiten und vor allem auch dem ganzen
Lande zu Gute kommen; dies in erster Linie
zu vermitteln, dürsten wohl unsere Bauämter
berufen sein.
Bor allem aber wollte ich durch den vor-
liegenden Aufsatz darauf Hinweisen, welch' reiche,
bisher doch noch recht wenig beachtete künstler-
ische Schätze unsere nächste Umgebung besitzt, die
dem Künstler und Historiker noch das weiteste
Feld für Studien aller Art bieten, jedem aber, der durch
die schöne Landschaft wandert, in der sie liegen, zu einer
Quelle reichsten künstlerischen Genusses werden können.
Halskette mit Anhänger
(St. Hubertus)
entworfen und ini Auftrag S. Ix.
Hoh. des jDrinzen Arnulf von Bayer,!
ausgeführt von f Jul. Llchinger.
(Gold mit Rubinen und jDerlen
besetzt; die Gruppe bunt, das
Nebrigeschwarz und weiß einaillirt.)
ul. GlWinger.
(Nekrolog.)
fgrtm 29. Juni vorige» Jahres verlor die Münchener Gold-
schinicdekunst einen ihrer tüchtigsten Vertreter, Juwelier
Julius Llchinger; unsere Absicht, das Andenken dieses
IM wackern Kunsthandwerkers durch Darlegung seines Lebens-
und Lntwickelungsganges und durch Vorführung einiger
hervorragender Arbeiten desselben zu ehren, können wir leider erst jetzt
und in sehr ungenügender Weise zur Ausführung bringen, da es uns
trotz allen Bemühungen nicht geglückt ist, über den Lebenslauf des
Verstorbenen mehr als einige dürftige Angaben zu erhalten.
Julius Llchinger wurde als Sohn eines Zahnarztes im Jahre
!8^.2 in Groß.Aüllcnbach (Niederbayern) geboren; nach dem Besuch
der Lateinschule in München machte er hier seine Lehre als Goldschmied
und Juwelier durch. Im August (8SH trat er als Lehrling bei dem
damaligen Hofjuwelier Adam Hausinger ein, bei welchem er in vier-
lähriger, trefflich angewandter Lernzeit alle von seinem knnstgciibten
Meister gehandhabten Techniken sich gründlich aneignete; Hausinger
selbst schilderte dem Verfasser dieses den damaligen Lehrbuben als einen
stillen, fleißigen Arbeiter, der an den zahlreichen und künstlerisch oft
sehr bedeulsanten, in des Meisters Werkstätte entstehenden Arbeiten den
regsten Anthcil nahm und welcher sein hervorragendes zeichnerisches
Geschick durch eifrige Studien mehr und mehr auszubilden bestrebt war.
Nach Beendigung der Lehrzeit brachte er mehrere Jahre auswärts zu;
namentlich verschafften ihm längere Aufenthalte in Paris (3 Jahre)
und in London (2 Jahre), wo er in namhaften Geschäften als Gehilfe
thätig war, einen weiteren Gesichtskreis und einen umfassenderen Ueber-
blick über sein Arbeitsgebiet. Nachdem er auch in Hanau einige Zeit
in Stellung gewesen war, kehrte er zu bleibendem Aufenthalt nach
München zurück, wo er bis zum Jahre ;875 bei verschiedenen Gold-
schmieden — z. B. Rottmanner, Winterhalter — thätig war. Als
um diese Zeit Hofjuwelier Hausinger sich von feinem Geschäft zurück-
ziehen wollte, da war es für denselben nicht zweifelhaft, wen er sich
zu seinem Nachfolger wünschte; so kam das Geschäft (Februar ;876)