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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1893

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Heft 5/6
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Heigel, Karl Theodor von: Das Grabmal Kaiser Ludwig des Bayern in der Münchener Frauenkirche, [1]: Vortrag, gehalten im Bayer. Kunstgewerbe-Verein am 21. März 1893
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Joseph Endres (Nekrolog)
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https://doi.org/10.11588/diglit.7908#0042

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mit Renata ((568) von einem in der Nähe des Hochaltars
aufgerichteten Denkmal Aaifer Ludwigs, womit nur die
Arbeit Steinmeißels gemeint fein kann.

Doch es ist nur höfisches Lob, wenn der italienische
Abenteurer das Grabmal des Ahnherrn seiner Gönner so
begeistert feiert; der Aunstgeschmack hatte schon jene Wand-
lung erfahren, die in den Werken der Gothik nur noch
altfränkischen Formalismus erblicken ließ.

Die neue Richtung weckte den Gedanken, dein ersten
Aaiser Wittelsbachischen Geblüts ein neues, prächtigeres

Grabmal aufzurichten. Durch die Inschrift auf dein heute
stehenden Denkiiial werden wir belehrt, daß der Gedaiike
ursprünglich von Herzog Albrecht V. ausging, doch ist die
Angabe Strebers, der genannte Herzog habe die Herstellung
in seinem Testament angeordnet, nicht richtig. Herzog Wil-
helm V. schickte sich an, deii -Gedanken des Vaters in's
Leben zu rufen, doch fließen urkundliche Nachrichten über
diese Anfänge des Werks so spärlich, daß sich von flfian
und Ausführung kaum schwache Umrisse erkennen lassen.

(Schluß folgt.)

osepH Lndres.

(Nekrolog.)

IN 7. April des Jahres verschied »ach längerem Leiden
Joseph Lndres, kgl. Hof-Drechsler in München, —
ein Mann, der in seiuein Fache zu den Tüchtigsten
seiner Zeit gehörte und dessen Arbeiten deßhalb auch
überall die wärmste Anerkennung fanden. Geboren am
9. Juli (832 zu Hohenwart bei Schrobenhausen als der Sohn ein-
facher Jimmermannsehelcute, sollte er sich auch dem väterlichen Hand-
werk widmen; vom (2. bis zum (6. Lebensjahre blieb er demselben
auch treu, bis ihn eine unwiderstehliche Neigung zur Drechslerei trieb.
Zwanzig Jahre lang arbeitete er mit unermüdlichem Fleiße bei H.
Häckel dahier, bis er (8S9 ein eigenes Geschäft gründete. Seine sichere
Hand und sein praktisch denkender Kopf führten ihn bald zu schönen
Erfolgen; gelegentlich eines internationalen Wettkampfes in London
((870), bei welchem die Aufgabe gestellt mar, sieben in einandersteckende
Hohlkugeln aus einem Stück Elfenbein zu drehen, errang sich Endres
den ersten Preis. Weitere Preise wurden ihm auf allen Ausstellungeil
zutheil, die er beschickte: in Wien ((873), München ((876 und (888),
Nürnberg ((882) u. s. m.; noch im letzten Jahr fanden seine drechsler-
ifchen Kunststücke zahlreiche Bewunderer und Käufer auf der Dresdener
Elfenbein-Ausstellung. Die Zahl der Museen und Mustersaminlungen,
auch außerhalb der Grenzen Deutschlands, welche Arbeiten von Lndres
als Vorbilder erwarben, ist eine ganz beträchtliche; er hat damit nicht
nur die moderne Kunst-Drechslerei bedeutend gefördert, sondern auch
Diel zur Anerkennung des Münchener Knnstgcwerbes im Ausland beige-
tragen. Jlifolge seiner hohen Meisterschaft wurde ihm auch die Ehre
zutheil, die Söhne S. K. Hoheit des Prinzen Ludwig von Bayern in
der Drechsleici zu unterrichten.

Mit der oben genannten Arbeit der sieben in einandersteckeuden
Hohlkngcln ist zugleich eine jener Richtungen bezeichnet, in welchen
Lndres nur von wenigen Fachgenossen erreicht wird. Wie fein ge-
dacht und zierlich profilirt auch seine Spinnräder rc., wie pünktlich
und gewissenhaft auch alle einfacheren Dinge von ihm ausgefllhrt
worden sind, so sind es doch hauptsächlich drechslerische Kunststücke
in der Art jener sieben Kugeln gewesen (vgl. die Abbildungen auf
den Seitcll 37 u. 38), welchen er seine hervorragende Stellung verdankte.

Diese Stellung konnte sich nur ein Mann erringen, welcher un-
ermüdlich in seinem Fach vorwärts strebt, der stets darauf bedacht ist,
durch eifriges, ausdauerndes Nachdenken sich zu immer höheren Leist-
ungen zu befähigen. Mit Hilfe einiger alter illustrirter Bücher über die
Drechslerkuust — ans dem Jahre (7<(0 und (800 — sann er eifrig über
die schwierigsten Probleme seines Faches nach und erweckte so manches
alte Kunststückchen zu neuem Leben. Als man zu Anfang der achziger

Jahre die im Nationalmuseum befindliche sogenannte „Passig-Bank",
mit welcher der Kurfürst Max Lmanuel sich in seinen Musestnnden ver-
gnügte, wieder Herrichten wollte, da erschien Lndres als der geeignete
Mann dazu; mit Hilfe des Professors
Schlegel gelang es auch bald, die
fehlenden Theile zu ergänzen und
im Winter (883/89: legte Lndres die
ersten, mit der neuhergerichteten Dreh-
bank gefertigten Proben im bayer-
ischen Kunstgewerbeverein vor, welche
damals allgemeines Erstaunen wach-
riefen. Die sichere Hand, welche er
schon bei diesen guillochirten Stücken
bewies, feierte aber ihre höchsten
Triumphe bei den schraubenförmig
gewundenen Drechslerarbeiten.

Wenn man hier etwa entgegnen
wollte, daß dieselben mehr auf tech-
nische Geschicklichkeit als auf künst-
lerisches vermögen Hinweisen, so ist
doch nicht zu übersehen, daß derartige
Kunststücke nicht nur eine sehr geübte
Hand, sondern auch ein sehr fein
empfindendes Auge beanspruchen;
manche dieser äußerst fein profilirten,
dabei hohl gedrehten Stäbe, die aller-
dings keinen anderen Zweck haben,
als die Virtuosität ihres Verfertigers
zu zeigen, — sind so subtiler Natur,
daß sie nur in einem Zuge, in
sechs- bis achtstündiger ununter-
brochener Arbeit bei anspannendster
Aufinerksamkeit gefertigt werden
können. Das bedeutet eine geistige
und körperliche Leistung, deren nur
ein Mann fähig ist, welcher an sei-
nem Berufe ein höheres als nur ei»
materielles Interesse hat. Handgriff aus Holz.

Nur mit Hilfe eines solchen vrechslerarben, von t gos. Lndres,

1 München.

Mannes war es auch möglich, die

sehr subtilen Modelle in Holz herzustellen, welche für die mathematische
Sammlung der technischen Hochschule zu München seit dem Jahre (876

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