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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1893

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Heft 7/8
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Heigel, Karl Theodor von: Das Grabmal Kaiser Ludwig des Bayern in der Münchener Frauenkirche, [2]: Vortrag, gehalten im Bayer. Kunstgewerbe-Verein am 21. März 1893
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https://doi.org/10.11588/diglit.7908#0046

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jetzt wenigstens dankenswerthe Beiträge, wenn auch noch
nicht eine Geschichte jener Aunst. Selten haben technische
Künstler und Vertreter der hohen akademischen Aunst so
harmonisch zusammengearbeitet wie damals; an den meisten
Merken läßt sich nicht inehr Nachweisen, wo die Arbeit
des Einen aushärte, die des Andern begann, Im All-
gemeinen war üblich, daß ein Maler, besonders häufig
Peter Landid, beit ersten Entwurf machte, sodann ein
„Bildstreicher, Bildschnitzer" das Modell formte, endlich ein
Stück- und Glockengießer den Guß besorgte. So sind z. B.
die „Visierungen", d. h. Zeichnungen zu den meisten Statuen
des Innsbrucker Denkmals von dem Münchener Meister
Gilg Sesselschreiber entworfen. Viele Aünstler standen
unmittelbar im Sold des perzogs. Auch damals war, wie
heute, der höhere Sold nicht immer der besseren Leistung
zugewendet; z. B. verfügt ein herzogliches Dekret vom
30. Juli f6f8, daß in Ansehung des „Eammermahlers"
Peter Eandid dessen Sohn Milhelm Landiü, Maler, die
vorher gehabte jährliche Besoldung von s20 Gulden, deni
Ulrich Lotten, Malerjungen, gar nur ein Wochenlohn von
2 Gulden, dagegen dem Blasi Meinmaister, der sich neben
dem fürstlichen Mundkoch Elaudi Gilet verwenden läßt,
ein Iahresgehalt von \77 fl. 50 kr. gereicht werden soll.
Auch hatten die engen Beziehungen zum Pose manche
Schattenseite; am 27. Juni ^583 wurde von Wilhelm V.
einfach angeordnet, daß der Maler Thristoph Schwarz, den
der Lokalpatriotismus wohl als „Deutschen Tizian" bezeichnet
hat, wenn er das ihm aufgetragene Tonterfet nicht bald
fertig mache, „als ein leichtfertiger, unhilflicher und hals-
starriger Mann am Leibe gestraft werde," und der pof-
schnitzer Ehristoph Angermaier wurde s6s8, weil er für
Privatleute „ein Paar Engl und Totenköpfl" in Elfenbein
geschnitten und verkauft hatte, von den Münchner Drechsler-
meistern schwer bedrängt.

Im Frühjahr (60^ gab perzog Wilhelm V., der
schon l5ß8 die Leitung des Staates seinem Sohne Maximilian
überlassen hatte, aber sich noch keineswegs von Pos- und
Staatssachen gänzlich fern hielt, den Befehl zur Umgestaltung
des Inneren der Frauenkirche. Vor Allem sollte am Ab-
schluß des Thors ein neuer Altar zu Ehren des hl. Benno
errichtet und darüber „ein geringes, von Gipß goßnes ge-
welb von ainer Lapellen zu der andern gefürt werden."
Das Domkapitel protestirte energisch gegen die Neuerungen:
der Altar werde den Gläubigen die Aussicht aus den Poch-
altar versperren, der Triumphbogen werde die ganze Airche
verfinstern. Perzog Wilhelm war aber von seinem Vor
haben nicht abzubringen; in einigen, uns erhaltenen Briefen
kanzelt er die Münchner Domherren wegen ihres Mider-
strebens gegen ein Werk zu Ehren St. Benno's tüchtig ab.
Wenn man einwende, es sei kein Geld da, um die Sache
auszuführen, so sei dies gar nicht wahr; Perzog Maximilian
wolle \000 Gulden geben, die Stadt München ebenso viel,
die Airchenpröbste 700 fl., Franz Füll (vermuthlich Franz
Füll von Windach, damals Mitglied des inneren Raths zu
München) 500 fl., das feien schon 5200 fi., noch andere
Privatpersonen seien zu Spenden bereit, auch er selbst wolle
den Gyps und Anderes liefern. Jetzt den angefangenen
Bau wieder einstellen, würde nur „allerlay neues gereffel,
Unkosten, staub und dergleichen verursachen." Als das Dom-
kapitel in trutzigem Widerstand verharrte, mahnte Perzog

Wilhelm noch eindringlicher. „Ir wällt nit so desperate
von den fachen reden und gedenken, sonder neben uns dem
hl. St. Benno ain besseres zue thuen und also treulich mit
wirken, damit dieß guet werckch vollendt werde." Nun
scheint in die Bauführung ein rascheres Tempo gekommen
zu fein, denn der in den Formen der italienischen Poch-
renaissance au'sführte Triumphbogen trug in der Mitte eine
lateinische Inschrift des Inhalts, daß perzog Maximilian
ihn zu Ehren St. Benno's ^60^ aufgeführt habe. Das
Gewölbe selbst ist, wie in älteren Beschreibungen der Airche
als Turiofum hervorgehoben wird, „von gipß in ainem
tag gemacht worden "

Erst unlängst hat Reber darauf hingewiesen, welch
reges Interesse für die Aunst der große Politiker und kraft-
volle Staatsmann Maximilian I. besaß. Wie sein Vater
mit dem ausgedehnten Iesuitengebäude, so beschäftigte Max
zunächst mit Bau und Ausschmückung der neuen Veste die
zahlreichen tüchtigen Aünstler, die theils schon in München
lebten, theils aus Welschland und den Niederlanden berufen
wurden.

Doch auch den Gedanken, dem Aaiser Ludwig ein
würdiges Grabmal zu setzen, griff Maximilian wieder auf,
und er führte ihn trotz der ungünstigsten Zeitverhältnisse
glücklich durch. Nicht nur das künstlerische Interesse, auch
dynastische und politische Rücksichten waren dabei maßgebend.
Es ist bekannt, daß Maximilian gerade seinem gebannten
Ahnherrn Ludwig besondere Pietät entgegenbrachte und so-
gar ernsten Zwist mit der Turie nicht scheute, wenn cs
galt, das Andenken des Aaisers gegen ungerechte Angriffe
zu vertheidigen. Zugegeben, daß Maximilian bei dem viel-
erörterten Streit mit dem Dominikaner Bzovius, der in
seiner Airchengeschichte unglimpflich von Aaiser Ludwig ge-
sprochen hatte, vor Allem die Zweifel an der Rechtmäßig-
keit des Aaiserthums Ludwigs I V. unterdrücken wollte und
daß der daran sich knüpfende Streit mit der Turie im Aern
ein rein politischer war, —• es zeugt doch unter allen Am-
ständen von Muth und von Freiheit der Gesinnung, daß
Maximilian dem kaiserlichen Ahnherrn, dessen Absolution
er nicht hatte durchsetzen können, in der Pauptkirche Münchens
ein prunkvolles Denkmal zu setzen wagte.

Noch ehe die Idee ernstere Gestalt annahm, brach der
große Arieg aus. Maximilian selbst zog in's Feld, und
seinen Waffen war glänzender Sieg beschieden. Am ß. No-
vember 1620 hielt er festlichen Einzug in Prag, nachdem
er, wie sein Bericht an Aaiser Ferdinand mit berechtigtem
Selbstgefühl hervorhebt, „die Land ob der Ens unter Aaiser-
licher Majestät Devotion reduciret, Oesterreich vor fernerer
Rebellion versichert und anjetzo (durch den Sieg am weißen
Berg) auch das Aönigreich Böhaim zu unconditionirter
puldigung gebracht." „Ich kam und sah, Gott aber siegte!"
schrieb er an den hl. Vater und sandte zugleich ^0 erbeutete
Fahnen nach Rom in die Airche Santa Maria della Vittoria.
Mit Hellem Jubel empfing die Bürgerschaft Münchens den
peimkehrenden, in der Liebfrauenkirche wurde ein feierliches
Dankamt gehalten. Zum bleibenden Andenken an den
glänzenden Erfolg seiner Waffen stiftete der perzog einen
neuen Pochaltar, den Peter Landid mit einem Bild der
pimmelsahrt Mariä schmückte.

Obwohl der Arieg im nächsten Jahre wieder anhob,
schritt der perzog an die Ausführung des von Vater und
 
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