hinaus zu fliegen in die freie Natur, ihre Schätze aufzuspüren, ohne
Rücksicht auf gebahnte Wege, diese Schätze zu nehmen, wo sie sie
findet und mit ihnen zu schalte» und zu walten mit jener souveränen
Freiheit, welche der Herrscherin von Gottes Gnaden, der Phantasie,
von Anbeginn als ihr vornehmstes Recht verliehen ist.
Gerlach's Blätter reizen nicht zum Ergründen der Formenräthsel,
zum Aufsxüren der struktiven und statischen Eigenschaften der Pflanzen-
individualitäten, zum Betrachten geometrischer Regelmäßigkeit, kurz,
zum streng logischen Studium, sie lösen vielmehr die Thätigkeit der
Phantasie aus, fordern sie auf zu freien: Spiele. Sie regen nicht an,
zu erforschen, wie die goldenen Schätze der Natur gemodelt und ge-
prägt wurden, sie erinnern vielniehr den Künstler daran, daß er ein
Krösus ist, der nur über seine Schätze zu verfügen braucht.
Hon der Keliausstellung in Chicago
st
•;'S h p\t v i * .'»
SS :
Stollenschrank.
In Eichenholz geschnitzt; NUS der Möbelfabrik von I. A. Eysser, Nürnberg.
Dhne den großen Nutzen, den Meurer's Naturfornienstudien als
grundlegende Vorübung für den freien Flug der Phantasie besitzen,
irgendwie läugnen zu wollen, dünkt es mich doch, als würde sie im
verlaufe ihrer Entwicklung der Wissenschaft noch größere Dienste leisten
als der Kunst, indem sie dem menschlichen Geiste neue Geheimnisse
der großen Werkstätte der Natur erschließen werden, während ich ebenso
fest überzeugt bin, daß die Methode, die uns in vorliegendem Werke
vor Augen tritt, der Wissenschaft sehr wenig, der Kunst aber um so
größere Ausbeute gewähren wird.
Es ist fast zu verwundern, daß der geniale Gedanke Gerlach's
nicht schon früher aufgetaucht und zur Verwirklichung gebracht worden
ist. Direktor Luthmer in Frankfurt scheint mir aber das Richtige zu
treffen, wenn er in dieser Beziehung an Gerlach schreibt:
„Lin Vorlagenwerk, wie das voll Ihnen vorbereitete, welches
die Photographie in den unmittelbaren Dienst dieser Bestrebungen
stellt, lag gleichsam in der Luft — warum es so lange dauern
mußte, bis dieser Gedanke Gestalt annahni, ist mir erst bei der
Durchsicht Ihrer Platten klar geworden. Dieses riesige Material
an tadellosen Naturerzeugnissen — die Ausdauer im Zusammen-
stellen desselben und die hochkünstlerische Empfindung im Arrange-
inent der Zierformen: das silid drei vorbedillgungen des Gelingens,
die ganz selten zusamnientresfen werden." Er hat sicher auch Recht,
wenn er fortfährt: „Um so mehr hoffe ich aber, daß Ihnen die
Künstlerwelt dankbar sein wird für die Fülle von Lernstoff und von
nachhaltiger Anregung der Phantasie, welche ihr in dieseli Blättern
geboten wird. Ich glaube nicht zu viel zu sagen, wenn ich mir von
denselben eine ganz neue und eigenartige Entwicklung unserer De-
korationskunst verspreche."
Aehnlich lauten die Urtheile anderer Fachmänner, welche Einblick
in das vorliegende Material genommen haben. So sagt Direktor Ivilö
von: Ilidustric- und Gewerbemuscunl in Sankt Gallen:
„Ihr Unternehmen ist in hohem Grade nützlich, weil es eine
Menge Material verwelidbar macht, das bisher bei weitem nicht in
diesem Maße zugänglich war; es ist aber insbesondere belehrend,
weil daraus zu ersehen ist, inwieweit die unmittelbar der Natur
entnommenen Formell und Dinge dekorativ verwerthbar sind — in-
wieweit sie jedoch anderseits auch noch der künstlerischen Bearbeitung
bedürfen.
Schülern (und das bleiben wir alle jederzeit) der dekorativen
Kunst muß aus Ihrem Werke eine neue Gffenbarung aufgehen
und wenn Sie in den Dielist dieser Kunst die nlodernstc Technik —
die Photographie gestellt haben, mag auch mit Sicherheit darauf
gerechliet werden, daß ans diesen Elementen ein echt moderner, frisch
schaffender Geist neue und fruchtbare Anregung ziehe."
Direktor Schrickcr in Straßbnrg äußert sich in cincin Briefe an
den Herausgeber:
„wer der Ueberzeugnng lebt, daß — bei aller pietätvollen Hoch-
schätziilig der überkominelien Zierniotive — unsere dekorative Kunst
einer Verjüngung in dem Gesundbrunnen der Natur bedürfe, der
wird Freude haben an dem, was Ihneli hier gelang.
Eine Reihe von Eigenschaften war hiezu nothwendig, die sich
selten bei eiliander treffen:
Kcnntniß der Formen der Pflanzenwelt; das Geschick, sich die
Erzeugnisse der Natur in beit verschiedenen Jahreszeiten, in untadel-
haftcn Beispielen bereit zu halten; die Feinfühligkeit, die einzelnen
Formen zu derjenigen Darstellung zu bestimmen, zu der sie geeignet
sind; ein Anpassen an die mannigfachen Bedürfnisse der dekorativen
Künste; der Geschmack in der Anordnung, der neben der Bcwegungs-
und der Umrißlinie auch die feinsten Einzelheiten berücksichtigt; die
Geschicklichkeit der Hand, die schnell veränderliche:! und vergänglichen
Gebilde der Natur unter das photographische Mbjektiv zu bringen.
Indem Sie eine Arbeit, welche sonst unter mehrere Personen
vertheilt zu sein pflegt, allein bewältigten, haben Sie ein Werk ein-
heitlichen Eharaktcrs zu Stande gebracht, das der geistigen Bewegung
der Zeit auf dem Gebiete der dekorativen Kunst einen im Ganzen
vollendeten Ausdruck gibt, wenn auch über Einzelnes noch gerechtet
werden darf.
Aber den Hauptwerth des neuen Werkes sehe ich nicht darin,
daß cs unsere dekorative Kunst mit zwingender Gewalt auf das
nahe und Manchem doch so unbekannte Gebiet der Natur verweist,
sondern daß es die Möglichkeit zeigt, iniiner auf's neue Kunstwerke
zu schaffen, „die vorher durch keines Menschen kirn gegangen".
Theoretisch ist diese Möglichkeit in dem letzten Jahrzehnt oft
und in glücklicher weise nachgewiesen worden; Ihr Werk zeigt uns
die lebendige Praxis in einer Fülle von trefflichen Beispielen.
Da die dekorative Kunst in einem engen Zusammenhänge mit
der nationalen Produktion und dadurch mit dem nationalen Wohl-
stand steht, und da es mir als Lebensinterefse erscheint, daß die
deutsche Kunst, ohne ihr altes Erbtheil gering zu achten, die Pfade
beschreite, welche andere Nationen, die Engländer voran, schon be-
schritten haben, so wünsche ich auch aus volkswirthschaftlichen Gründen
Ihrem Werke die Beachtung sowohl der Industriellen als auch und
vor allen derjenigen, welche bei der Auswahl der Lehrmittel für
unsere gewerblichen Schulen ein entscheidendes Wort zu reden haben."
Direktor Waag von der Pforzhcimer Kunstgewcrbeschule findet
mit Recht, daß diese Vorbilder „den Schülern einen guten Anhalt
bieten, ohne dieselben in einen bestimmten Formenausdruck hincin-
zudrängen, wie cs bei Vorlagen stvlisirter Pflanzen, die schon durch
Künstlerhand umgearbeitet sind, leicht der Fall ist", — und Direktor
Götz-Karlsruhe schreibt an den Herausgeber:
Rücksicht auf gebahnte Wege, diese Schätze zu nehmen, wo sie sie
findet und mit ihnen zu schalte» und zu walten mit jener souveränen
Freiheit, welche der Herrscherin von Gottes Gnaden, der Phantasie,
von Anbeginn als ihr vornehmstes Recht verliehen ist.
Gerlach's Blätter reizen nicht zum Ergründen der Formenräthsel,
zum Aufsxüren der struktiven und statischen Eigenschaften der Pflanzen-
individualitäten, zum Betrachten geometrischer Regelmäßigkeit, kurz,
zum streng logischen Studium, sie lösen vielmehr die Thätigkeit der
Phantasie aus, fordern sie auf zu freien: Spiele. Sie regen nicht an,
zu erforschen, wie die goldenen Schätze der Natur gemodelt und ge-
prägt wurden, sie erinnern vielniehr den Künstler daran, daß er ein
Krösus ist, der nur über seine Schätze zu verfügen braucht.
Hon der Keliausstellung in Chicago
st
•;'S h p\t v i * .'»
SS :
Stollenschrank.
In Eichenholz geschnitzt; NUS der Möbelfabrik von I. A. Eysser, Nürnberg.
Dhne den großen Nutzen, den Meurer's Naturfornienstudien als
grundlegende Vorübung für den freien Flug der Phantasie besitzen,
irgendwie läugnen zu wollen, dünkt es mich doch, als würde sie im
verlaufe ihrer Entwicklung der Wissenschaft noch größere Dienste leisten
als der Kunst, indem sie dem menschlichen Geiste neue Geheimnisse
der großen Werkstätte der Natur erschließen werden, während ich ebenso
fest überzeugt bin, daß die Methode, die uns in vorliegendem Werke
vor Augen tritt, der Wissenschaft sehr wenig, der Kunst aber um so
größere Ausbeute gewähren wird.
Es ist fast zu verwundern, daß der geniale Gedanke Gerlach's
nicht schon früher aufgetaucht und zur Verwirklichung gebracht worden
ist. Direktor Luthmer in Frankfurt scheint mir aber das Richtige zu
treffen, wenn er in dieser Beziehung an Gerlach schreibt:
„Lin Vorlagenwerk, wie das voll Ihnen vorbereitete, welches
die Photographie in den unmittelbaren Dienst dieser Bestrebungen
stellt, lag gleichsam in der Luft — warum es so lange dauern
mußte, bis dieser Gedanke Gestalt annahni, ist mir erst bei der
Durchsicht Ihrer Platten klar geworden. Dieses riesige Material
an tadellosen Naturerzeugnissen — die Ausdauer im Zusammen-
stellen desselben und die hochkünstlerische Empfindung im Arrange-
inent der Zierformen: das silid drei vorbedillgungen des Gelingens,
die ganz selten zusamnientresfen werden." Er hat sicher auch Recht,
wenn er fortfährt: „Um so mehr hoffe ich aber, daß Ihnen die
Künstlerwelt dankbar sein wird für die Fülle von Lernstoff und von
nachhaltiger Anregung der Phantasie, welche ihr in dieseli Blättern
geboten wird. Ich glaube nicht zu viel zu sagen, wenn ich mir von
denselben eine ganz neue und eigenartige Entwicklung unserer De-
korationskunst verspreche."
Aehnlich lauten die Urtheile anderer Fachmänner, welche Einblick
in das vorliegende Material genommen haben. So sagt Direktor Ivilö
von: Ilidustric- und Gewerbemuscunl in Sankt Gallen:
„Ihr Unternehmen ist in hohem Grade nützlich, weil es eine
Menge Material verwelidbar macht, das bisher bei weitem nicht in
diesem Maße zugänglich war; es ist aber insbesondere belehrend,
weil daraus zu ersehen ist, inwieweit die unmittelbar der Natur
entnommenen Formell und Dinge dekorativ verwerthbar sind — in-
wieweit sie jedoch anderseits auch noch der künstlerischen Bearbeitung
bedürfen.
Schülern (und das bleiben wir alle jederzeit) der dekorativen
Kunst muß aus Ihrem Werke eine neue Gffenbarung aufgehen
und wenn Sie in den Dielist dieser Kunst die nlodernstc Technik —
die Photographie gestellt haben, mag auch mit Sicherheit darauf
gerechliet werden, daß ans diesen Elementen ein echt moderner, frisch
schaffender Geist neue und fruchtbare Anregung ziehe."
Direktor Schrickcr in Straßbnrg äußert sich in cincin Briefe an
den Herausgeber:
„wer der Ueberzeugnng lebt, daß — bei aller pietätvollen Hoch-
schätziilig der überkominelien Zierniotive — unsere dekorative Kunst
einer Verjüngung in dem Gesundbrunnen der Natur bedürfe, der
wird Freude haben an dem, was Ihneli hier gelang.
Eine Reihe von Eigenschaften war hiezu nothwendig, die sich
selten bei eiliander treffen:
Kcnntniß der Formen der Pflanzenwelt; das Geschick, sich die
Erzeugnisse der Natur in beit verschiedenen Jahreszeiten, in untadel-
haftcn Beispielen bereit zu halten; die Feinfühligkeit, die einzelnen
Formen zu derjenigen Darstellung zu bestimmen, zu der sie geeignet
sind; ein Anpassen an die mannigfachen Bedürfnisse der dekorativen
Künste; der Geschmack in der Anordnung, der neben der Bcwegungs-
und der Umrißlinie auch die feinsten Einzelheiten berücksichtigt; die
Geschicklichkeit der Hand, die schnell veränderliche:! und vergänglichen
Gebilde der Natur unter das photographische Mbjektiv zu bringen.
Indem Sie eine Arbeit, welche sonst unter mehrere Personen
vertheilt zu sein pflegt, allein bewältigten, haben Sie ein Werk ein-
heitlichen Eharaktcrs zu Stande gebracht, das der geistigen Bewegung
der Zeit auf dem Gebiete der dekorativen Kunst einen im Ganzen
vollendeten Ausdruck gibt, wenn auch über Einzelnes noch gerechtet
werden darf.
Aber den Hauptwerth des neuen Werkes sehe ich nicht darin,
daß cs unsere dekorative Kunst mit zwingender Gewalt auf das
nahe und Manchem doch so unbekannte Gebiet der Natur verweist,
sondern daß es die Möglichkeit zeigt, iniiner auf's neue Kunstwerke
zu schaffen, „die vorher durch keines Menschen kirn gegangen".
Theoretisch ist diese Möglichkeit in dem letzten Jahrzehnt oft
und in glücklicher weise nachgewiesen worden; Ihr Werk zeigt uns
die lebendige Praxis in einer Fülle von trefflichen Beispielen.
Da die dekorative Kunst in einem engen Zusammenhänge mit
der nationalen Produktion und dadurch mit dem nationalen Wohl-
stand steht, und da es mir als Lebensinterefse erscheint, daß die
deutsche Kunst, ohne ihr altes Erbtheil gering zu achten, die Pfade
beschreite, welche andere Nationen, die Engländer voran, schon be-
schritten haben, so wünsche ich auch aus volkswirthschaftlichen Gründen
Ihrem Werke die Beachtung sowohl der Industriellen als auch und
vor allen derjenigen, welche bei der Auswahl der Lehrmittel für
unsere gewerblichen Schulen ein entscheidendes Wort zu reden haben."
Direktor Waag von der Pforzhcimer Kunstgewcrbeschule findet
mit Recht, daß diese Vorbilder „den Schülern einen guten Anhalt
bieten, ohne dieselben in einen bestimmten Formenausdruck hincin-
zudrängen, wie cs bei Vorlagen stvlisirter Pflanzen, die schon durch
Künstlerhand umgearbeitet sind, leicht der Fall ist", — und Direktor
Götz-Karlsruhe schreibt an den Herausgeber: