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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1893

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Heft 11/12
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Semper, Hans: Die Historische Abtheilung der Tyroler Landesausstellung von 1893, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7908#0083

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welche trotz einzelner Renaissanceformen im Typus noch
der gothischen Tradition folgen, wogegen ganz frei davon
ein Rauchfaß von (7(9 "üt dein Trautsonschen Wappen
erscheint. (Nr. (59-)

Die Rauchfässer bieten uns Gelegenheit, zu den kirch-
lichen Gerüchen aus unedlen Metallen überzugehen, unter
denen eine wichtige Stelle das romanische Rauchfaß aus
vergoldetem Rupfer des Grafen von Lnzenberg (Nr. (28)
einnimmt, welches das Einzige seiner Art in Tirol sein
soll. (Obwohl nicht so reich verziert wie das des Domes
von Trier*), hat es doch große Aehnlichkeit damit,**)
indeni der untere Theil sich der Form eines ornamentirten
romanischen Würfelkapitäls auf geschweiftem Fuß
nähert, während der Deckel die Gestalt einer kreuzförmigen
Rirche mit erhöhtem Ruppelraume und vier Eckthürmchcn
hat. Mehrere gothische Rauchfässer (Nr. 99, (00, ((9)
seien nur angedeutet.

Ein kleiner romanischer Rupferleuchter, dessen drei-
seitiger Fuß mit Grubenschmelz und durchbrochenen, auf-
genieteten Buckeln geschmückt ist, gehört der Rirche von
Tiesens an. (Nr. 300.) Ein hoher Messingleuchter, dessen
kreisrunden Fuß drei hübsche, knieende, spätgothische Engel
tragen, init reich durch Rnäufe gegliedertein Schaft und kreis-
runder Rrone ist Eigenthum der Brix n er Domkirche (Nr. 63).

Gehen wir jetzt zu den nicht metallenen kirchlichen Ge-
rüchen über, so nmß vor allem das hochinteressante, spät-
romanische, hölzerne Reliq uienkästchen init dachförm-
igem Deckel aus dem Brixner Domschatz hervorgehoben
werden (Nr. 77), das mit dickvergoldeten Medaillons und
Vierpässen aus Zinn belegt ist, in welchen in heraldischein,
spätromanischeiii Etil die evangelischen Thiere, sowie par-
pyen ä jour gepreßt sind.***)

Ein Reliquienkästchen aus Gries (Nr. (2() mit hüb-
schen gothischen, eisernen Ranken als Randbeschlägen, zeigt
auf rautenförmig in Rerbschnitt geinusterteiii, vertieftem
Grunde, phantastische Thiergestalten in Pochrelief. Ein
kleines, kugelförmiges, ronianisches Reliquiengefäß aus polz,
mit polychromem Rankenwerk auf Gypsgrund hat der k. Rath
v. Schönherr in Innsbruck ausgestellt (Nr. 96). Als Reliquien-
kästchen werden auch mehrere Rassetten mit Beinreliefs und
farbigen polzmofaikeinlagen vorgeführt, welche ursprünglich
keineswegs für kirchliche Zwecke bestimmt waren, mit Aus-
nahme der großen Raffette von besonders feiner Arbeit
(Nr. 292, Besitzer Graf Trapp), welche an den Vorder-
seiten mit drei Beinreliefs von peiligen geschmückt ist. Alle
übrigen, mit Liebespaaren an den Seiten, schwebenden Genien
an den Deckeln u. dgl., sind entschieden als Schmuckkästchen
für Pochzeitsgeschenke anzusehen, welche, nebst kleinen Altär-
chen im {%. Jahrhundert in Italien (wahrscheinlich in Florenz)
massenhaft fabrizirt wurden und in fast sämmtlichen Museen
Europas anzutreffen sind. Zwei dieser Rassetten (Nr. 78 und
(32) befinden sich im Besitz des Brixner Domschatzes, zwei
davon in dem des prn. Paprion in Sillian (Nr. 86 und 87).

Eine Prachtkassette in deutschem Spätrenaissancestil aus
dem Brixner Domschatz (Nr. 83) verdient besondere lher-

*) Abbildung bei Dttc, chandbuch der kirchlichen Aunstarchäologic.
V. Auch Bd. I. S. 25s.

**) Abbildung bei Atz. 5. 2\\.

***) Siehe Tiekhauser: die alte und neue Domkirche von Brixen.
Alitth. k. k. <L. VI. Z22 Abbildung ferner bei Atz, S. 540.

vorhebung. Die Wandungen sind
mit Figuren berühmter Pelden in
Arkaden geschmückt. Die Einrahm-
ungen der Pilaster und Archivolten
sind aus Elfenbein, die Füllungen
derselben mit Silberornamenten auf
rothem Einail geschmückt, während
dieaus Silberblech ausgeschnittenen
Figuren auf dunkelblauem Seiden
gruud sich abheben. Auch die Füll-
ungen des Deckels sind mit
ausgesparten Silberorna
menten auf schwarzem
und rothem Emailgrund
geschmückt. Ailf der (Ober-
seite des Deckels befindet
sich eill kleines Gval-Me-
daillon mit Venus zwi-
schen zwei Amoren in d
selirtem und vergoldetem
Silberrelief. Unter den
Tragaltären und Ruß-
täfelchen ist als eines der
Meisterwerke der Aus-
stellung ein Spätrenais-
sance-Flügelaltärchen aus
Ebenholz, mit reicher
Silberbeschlagornamentik
wahrscheinlich niederlän-
dische Arbeit (Nr. 2H7
privatbesitz, verkäuflich)
hervorzuheben (Abbild.

Seite 83).

Ein ebenfalls sehr zier-
liches Werk der Hoch-
renaissance ist ein Ruß-
täfelchen aus dem Fran-
ziskanerkloster in Inns-
bruck (Nr. 39 (). Dasselbe
ist ein schön er Renaissance-
aufbau des (6. Iahrh.
in gegossener und ciselirter
Bronze (deutsche Arbeit),
mit einem mittleren Re-
liefbild Thristi am Rreuze
und des knieenden Stif-
ters, den eine Umschrift
als »IVlntbeus Rbdas
1552« bezeichnet. Später,
unter Erzherzog Leopold,
wurden die ciselirten Mr-
naniente ganz willkürlich unter aufgelötheten, silbernen Be-
schlagornamenten, Rreuzcn mit Edelstein- und Perlenschmuck,
Emails u. dgl. halb verdeckt. So sind z. B. über dem ur-
sprünglichen Abtwappen im Giebelfeld die Emailwappen
Erzherzogs Leopold und seiner Gemahlin Llaudia de Medici
angebracht, aus deren Zeit diese Ueberarbeitung stammt.

Eines der Pauptstücke der Ausstellung ist ferner der
Emailaltar aus der Rapelle von Zimmerlehen bei
Völs im Eisackthal (Nr. 9), der seit einem Jahre in Folge

Reliquiarium

in Monstranzenform aus dem Domschatz
von Brixen.

(venet. Arbeit?) Latalog Nr. m.
 
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