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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1893

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Heft 11/12
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Semper, Hans: Die Historische Abtheilung der Tyroler Landesausstellung von 1893, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7908#0086

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4- 82 ~t'

Von Metallsachen für profanen Gebrauch sind ferner
die schönen Zinngeschirre hervorzuheben, welche der kgl.
Rath v. Schönherr, Spezialist auf diesem Gebiete, und Andere

Gbcrtheil eines Pastoralstabes.

Stift lvilten. Augsburger Arbeit von ^596. Catalog Nr. 390.

ausgestellt haben.*) Ein Bronzeleuchter, einen Lands-
knecht darstellend, eine ziemlich derbe Arbeit des f6. Jahr-
hunderts, ein schöner bronzener Thürklopfer, einen Amor
zwischen zwei Löwen darstellend, italienische Arbeit von:
Palast Bossi-Fedrigotti zu Sacco (Nr. 333); zwei herrliche,
gothische, eiserne Thürringe in durchbrochener Arbeit von
der Dom- und Pfarrkirche in Brixen (Nr. (^0, ssts), ein
schöner eiserner Pferdenraulkorb in fein durchbrochener Arbeit
des s6. Jahrhunderts, sowie mehrere eiserne, gegossene Re-
naissance-Ofenplatten sind ebenfalls zu beachten.

Von keramischen Gegenständen des Zivilgebrauches
auf der historischen Ausstellung sind zunächst eine Reihe
von Pumpen und Artigen aus Steingut von Kreußen und
Raeren zu erwähnen, so ein schöner, auf braunem Grund

polychromirter Apostclkrug aus Kreußen mit dem Wappen
und der Umschrift des „Gregorius Schmidt Feldtrompeder,
s667" *) (Nr. 353, Wittwe v. Vintler, Bruneck), sowie ein
schöner polychronnrter Planetenkrug, ebendaher Nr. 356
Graf Enzenberg, Innsbruck),**) oben mit der Inschrift:
„Drinck und is, Gott nicht vergis. J66^".

Aus der Fabrik von Raeren ist hervorzuheben ein
großer brauner Krug mit männlichen Brustbildern zwischen
Arkaden und darunter Wappen ain Bauch und in kleinerem
Maaßstab am pals.***) Die übrigen Raerener Krüge sind
blau in grau, ähnlich gegliedert wie jener, am Bauch mit
ganzen Reliefscenen grau auf blau, anr pals mit Rund-
medaillons von Brustbildern oder Rosetten, von Bändern
und Schnörkeln eingefaßtst) (Nr. 3^7-352, Baron Sternbach,
Schloß Wolfsthurm). Ein origineller Krug, ebenfalls von
Raeren, stellt einen braunen, in Zinn montirten, sitzenden
Bären mit einer Muscatnuß an der Nasenkette dar, Nr. 357,
Frau Suppaneg, Pall) in beiden Pfoten hält er einen kleinen
Kelch. Sein zottiges Fell ist in fadenartigen Knäueln inodellirt.
Ebenso originell ist eine Eule aus deutscher Majolika vom
s6. Jahrhundert, mit blauen Federn auf weißem Grund;
auf der Brust das Reichswappen, umgeben von sieben klei-
neren Wappen.stst)

Sehr hübsch ist das Wandwaschbecken in grüner und
weißer Majolika (Nr. 366, Schloßkirche von Ehrenburg)
des f8. Jahrhunderts, mit deni Relief der Fußwafchung weiß
auf grün auf der Wandplatte.

Einige sehr schöne Deckelpokale aus Eryftallglas mit
eingeschliffenen Ornamenten, deutsche Arbeit des \7. Jahr-
hunderts, hat L. pöfel in Innsbruck (Nr. 337, 338), ein
ähnliches Trinkglas perr v. Attlmayer in Innsbruck aus-
gestellt. Zwei kleine Liqueurgläschen derselben Technik und
Zeit I. Mair in Innichen (Nr. 3st0).

Ein selten schönes Werk ist der große, ^0 cm hohe
Glaspokal mit dem deutschen Reichswappen, darauf Thristus
anr Kreuz und zur Seite ein Wappen der deutschen Reichs-
stände in polychromer Emailmalerei mit der Iabreszahl f589
am Fuß (Nr. 33K Stubengesellschaft, pallj.ststst)

Dieser und noch mehr der Riesenhmnpen aus ge-
buckeltein Glas aus Schloß Tratzberg (Nr. 335) sind glän-
zende Zeugnisse des Durstes unserer Altvordern, wogegen
der kleine orientalische Becher aus verschlackten; Ton in der
Fornr der orientalischen Lampen (Nr. 30 s, Graf Trapp,
Innsbruck) für bescheidenere Trinker berechnet war, wenn er
auch später in deutsche päirde gerieth, wie die gothische Um-
schrift auf dem vergoldeten Kupferrande besagt: „ist - der -
Wein - gut . so - schineckt - er . mihr - besser - pas".

Es seien endlich noch mehrere kleinere und größere
Gegenstände der Kunstschnitzerei und Tischlerei in Pol;
erwähnt, welche in dieser Ausstellung freilich nicht so reich-
lich vertreten sind, wie zu erwarten war. Ein reizendes,
auf's zarteste geschnitztes Rococorähmchen aus Buchsbaumholz
hat der kgl. Rath v. Schönherr ausgestellt (Nr. f8f), ein

*) Bezüglich der Technik und Fori» vergleiche Sammlung Spitzer
Nr. \60)0, 1692.

**) Typus Nr. ;sy3 der Sammlung Spitzer.

***) Typus Nr. ;675 der Sammlung Spitzer,
i) Typus Nr. (677 Sammlung Spitzer,
ff) Typus Nr. ;s;s Sammlung Spitzer,
fff) Typus Spitzer Nr. 2022.

*) Nr. 23;, 3»;, 3^2, 343, 3-;5, sqs ». s. f.
 
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