Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Weber, Paul [Hrsg.]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 5): Kreis Herrschaft Schmalkalden: Textband — Marburg, 1913

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12581#0045

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Bauernhaus.

25

eine weitere Horizontalteilung des Dachbodens, so daß dann das Haus, einschließlich des Kellers,
fünfgeschossig ist. Über die Dachkonstruktion, wie sie an älteren Häusern sich öfter findet, vgl.
Springstille und dazu den Kapitelhof in Näherstille. Tafel 8 u. 52
Durchweg herrscht Fachwerkbau. In älteren Häusern bestehen die Wände des Wohn-
raumes öfters aus Stämmen im Blockverband. (Neuerdings dringt Backsteinfüllung schnell vor.)
Der Sockel besteht aus Bruchsteinmauerwerk. Der Keller ist mit Balken gedeckt, nie
gewölbt. Der Rähmbau herrscht allein. Die Verstrebungen bestehen meist aus geradlinigen
Hölzern uod zwar mit Vorliebe Kreuzstreben oder Doppelkreuzstreben (K-Bügen). Doch kommen Tafel 59
auch von den Ständern armartig ausgehende geschwungene Seitenverstrebungen vor. Der Zwischen- Tafel 6, 7,
raum zwischen Ständer und Arm wird gelegentlich mit einem ausgesägten Füllbrett ausgesetzt. Die-rafei’g 2
Andreaskreuze, welche als Füllung zwischen Fuß- und Fensterschwelle im Oberstock gern verwendet
werden, haben in der Regel eine doppelte Schweifung. Öfters kommen als Füllung aufrecht stehende Tafel6 u. 53
Hölzer, zuweilen von abwechselnd verschiedener Stärke vor. Tafel 6,9,53
Zuweilen tritt ein merkwürdiges Ziermotiv auf: In die Brüstungsfelder herabhängende
rechtwinklig abgeschnittene Säulchen, die mit dem oberen Ende in die Riegel verzapft sind. In die Tafel 53,1
Säulchen sind vertieft Herzen eingeschnitten, die mit roter Farbe abgesetzt sind.
Am Quergebälk, das meist einfach oder gar nicht gekehlt ist, und wo die in den benachbarten
Gegenden so beliebten Perlschnüre ganz fehlen, ziehen sich häufig ein, auch zwei oder drei Tauschnüre
entlang. In einigen Fällen kommt auch der Zahnschnitt vor und einmal ein eigenartiges Ornament
von zwei Reihen ausgestochener Halbkreise. (Fambach.) Die Füllbretter bleiben unverziert. Tafel 6,2
Die Pflöcke (Richtnägel) sind öfters künstlerisch durch Kerbschnitt oder Drechslerarbeit
ausgestaltet, mitunter zu dekorativen Zwecken gehäuft angebracht, namentlich über der Haustür. Tafel6,10,51
Der Eckpfosten ist verhältnismäßig selten verziert, was gegenüber der reichen Ausgestal-
tung gerade dieses Baugliedes in den benachbarten Dörfern der Meininger Gegend und der Rhön
auffallen muß. Allerdings sind viele ältere Bauernhäuser im Oberstock verschalt, so daß manches
verborgen sein kann, was das Gesamtbild wesentlich ändern würde. Jetzt findet sich nur einmal
eine Verzierung des Eckpfostens mit einem menschlichen Angesichte, unter welchem sich Renaissance-
ornamente ausbreiten (Seligental No. 136), einige Male das gedrehte Tau mit auslaufenden Schnörkeln
und das Schuppenmuster. Dagegen fehlen einige Motive, welche der städtische Fachwerkbau in
Schmalkalden aufweist.
Ein Lieblingszierstück sind die Schiebeleisten und Schlagleisten, welche die vor denTafel 6, 7,
Fenstern angebrachten Schiebeläden, — Schlagläden kommen an den älteren Häusern nicht vor—, 8’ 10
oben, unten und seitwärts einfassen. Leider sind sie überall im Abgänge begriffen und damit schwindet
wieder ein Stück charakteristischer Volkskunst, dem früher eine ganz besondere Liebe zugewandt
worden ist. (Es ist sehr zu begrüßen, daß die Kreisverwaltung und der Bund Heimatschutz im
Kreise Schmalkalden solche Bauherren, welche ihre alten Fachwerkbauten kunstgerecht wieder in
stand setzen, bei der Herstellung mit Rat und finanziell mit Tat unterstützen. Eine ganze An-
zahl charakteristischer Fachwerkbauten ist dadurch wieder zur vollen Wirkung gebracht worden.)
Die Schiebeläden haben früher wohl auch farbigen Schmuck getragen. Jetzt ist er nicht mehr
erkennbar. Am Vorderen Hof in Asbach sind die Läden mit aufgesetzten Leisten im städtischen Tafel 18
Barockgeschmack verziert. In Laudenbach ein Haus mit Resten von Malerei.
Die Haustür besteht bei den älteren Bauten aus geschobenen, an den Rändern gekehlten Tafel 6, 8,
Bohlen, die gern mit zahlreichen breitkuppigen Schmiedenägeln beschlagen werden. Reicherer 10’ 51
Schmuck wird erzielt durch fächerförmig eingesetzte Stäbchen oder eine Reihe von Rundbogen
und durch gedrechselte Vorsatzleisten. Der Einfluß städtischer Renaissanceformen ist in diesem Tafel 8,1
letzten Falle unverkennbar.
Die Tür hat in der Regel mittlere Querteilung. Jeder Teil ist für sich bewegbar. Der obere
Abschluß ist häufig halbrund. Dann ist also kein Türsturz vorhanden. Wo dieser aber vor-
kommt, zeigt er zuweilen noch gotische Nachklänge, z. B. Kielbogen oder Eselsrücken. Als Ver-Tafel 8,2
4
 
Annotationen