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Bock, Franz
Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters: oder Entstehung und Entwicklung der kirchlichen Ornate und Paramente in Rücksicht auf Stoff, Gewebe, Farbe, Zeichnung, Schnitt und rituelle Bedeutung (Band 3): [Die Paramentik des Altares und des Chores im Mittelalter] — Bonn, 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.26752#0194

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arbores aureas et aves acl modum pelicani nutrientes aviculas au-
reas in arboribus et dracones cum leonibus pugnantes.

Was die Ausdehnung, Beschaffenheit und Farbe dieser Bahr-
tücher betrifft, die der Kirche, in welcher die Exequien abgehalten
wurden, von den Verwandten vornehmer Verstorbenen zu Geschenk
gemacht wurden, so lässt sich nach dem Wortlaute älterer Inven-
tare, sowie im Hinblick auf die betreffenden Darstellungen in Mi-
niatur- und Wandmalereien annehmen, dass bis zum XIV. Jahr-
hundert in der Regel grosse Stücke von Gold- oder kostbaren Sei-
denstoffen dazu gewählt wurden, welche hinsichtlich ihrer Farbe
sich nach jenen Farben richteten, die im Wappenschilde des
Verstorbenen als vorherrschende ersichtlich waren. Im XV. und
XVI. Jahrhundert jedoch, als die schwarze Farbe bei Kleidungs-
stücken beliebt wurde und sogar in Spanien und den Niederlanden
Hoffarbe geworden war, wurden auch die Leichentücher meistens
aus schwarzem Sammt oder Seidenstoff hergestellt und stimmten
also hinsichtlich ihrer Farbe mit den Bahrtüchern überein, welche
die Kirche selbst zu diesem Zwecke in Gebrauch nahm und bis auf
unsere Tage beibehalten hat. Bei unverheiratheten Personen wählte
man ein weisses Leichentuch; bei dem Begräbnisse gekrönter Häup-
ter oder hoher kirchlicher Würdenträger bediente man sich eines
purpurnen Bahrtuches in violetter oder hochrother Farbe.

Viollet-le-Duc veranschaulicht einen Leichenzug des XV. Jahr-
hunderts '). Vier in schwarze Funeralkleider gehüllte Männer tra-
gen den Sarg, welcher mit einem zusammengenähten Leichentuche,
genau der Grösse des Sarges angepasst und mit Borten besetzt,
vollständig verhüllt ist. Dieses schwarze Tuch zeigt wie auf Ta-
fel XXI, fig. 1 zu ersehen ist eine Menge in Gold gewirkter Or-
namente. Seit dem XV. Jahrhundert wurde es auch Brauch,
die schwarzen Leichentücher durch zwei gekreuzte Streifen von
weisser Seide oder weisser Wolle zu verzieren, welche gleiche
Länge mit dem Leichentuche hatten. Viollet-le-Duc tlieilt auf S. 98
seines oft erwähnten Werkes ein reichgewirktes pallium mortuorum
in Abbildung mit, ähnlich der auf Taf. XXI fig. 2, welches mit
einem Kreuze und den Wappenschildern des Verstorbenen verziert
ist. Auf Taf. XXII ersieht man unter Figur 2 ein anderes Bahr-
tuch, welches seiner Länge nach mit drei weissen Streifen verziert l

l) Dictionnaire rais. du Mob. frang., Paris 1858, pag. 97. Die Abbildung
ist entlehnt aus »Le ßomuleon Man. de la bib. imp. Nr. 6984. Convoi
de Cesar.«
 
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