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Boll, Franz
Sphaera: neue griechische Texte und Untersuchungen zur Geschichte der Sternbilder — Leipzig, 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.19748#0481

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XIV. Die spätere Entwicklung. Manilius und Firmicus.

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nach Manilius (v. 121 ff.) die unter dem Aufgang der Hyaden Ge-
borenen zur Empörung geneigt, Demagogen gleich den Gracchen, so
sterben nach Firmicus die beim Untergang der Hyaden Geborenen
im Aufruhr unter den Händen des rasenden Pöbels. Der Pfeil deutet
im Aufgang auf berühmte Bogenschützen, Teukros und Philoktet
(Manilius v. 294ff.): die beim Untergang des gleichen Gestirns Ge-
borenen fallen nach Firmicus in der Schlacht oder als Gladiatoren.
Man darf es unmöglich heifsen, dafs in solcher Art ein reichbegabter
Dichter die Wirkung des einen Buches durch die matteste Wieder-
holung im nächstfolgenden vernichtet hätte. Dergleichen liefse sich
noch ertragen, wenn Manilius gleich Firmicus den Untergang jedes
Sternbildes unmittelbar nach dem Aufgang behandelt hätte: aber als
Inhalt eines besonderen Buches ist dieses ununterbrochene Opferfest
undenkbar.

Zu dem bleichen Ergebnis führt eine andere Erwägung. Firmicus
nennt Aufgang und Untergang jedes Sternbildes zu dem nämlichen
Zeichen und Grade. Wäre also hier Manilius seine Vorlage gewesen,
so hätte dieser ganze Verse aus dem 5. Buch im 6. einfach wiederholen
müssen: denn Sätze wie der „wenn der 15. Grad des Widders auf-
geht, so geht der Fuhrmann auf oder unter" lassen sich nicht viel
variieren. Allein im 6. Buch des Manilius könnte derartiges schon
deshalb nicht gestanden haben, weil ja ein Sternbild natürlich nicht
mit dem Aufgang des 15. Grades des Widders, d. h. zu gleicher Zeit
auf- und untergehen kann1), sondern vielmehr mit dem Aufgang
eines ungefähr entgegengesetzten Zeichens untergeht; also z. B. der
Fuhrmann untergeht, nicht während der Widder, sondern während
der Skorpion aufgeht. Firmicus hat soviel wenigstens eingesehen,
denn er schreibt im 6. Kapitel nach der vorhin angeführten Stelle:
Ortus itaque si in horoscopo est (sicut frequenter diximus) occasus
in diametro horoscopi, id est in septimo ab horoscopo loco. Hätte
er somit den Untergang des Heniochos aus dem 6. Buche des
Manilius entnommen, so hätte er ihn beim Skorpion und nicht beim
Widder gefunden und verzeichnet. Dafs er ihn dagegen thatsächlich
auch im Untergang beim Widder vorgebracht hat und so auch alle
anderen untergehenden Sternbilder eben dort, wo ihre Aufgänge stehen,
ist das deutlichste Zeichen, dafs er nicht ein Verzeichnis von unter-
gehenden Sternbildern bei Manilius oder auch bei irgend einem Andern

1) Er geht bekanntlich nicht einmal mit dem Untergang jenes Zeichens
und Grades unter, mit dem er aufgeht (vgl. oben die Nigidiusstelle S. 353).

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