750 Fünfter Abschnitt. Die Altarweihe
der Lebensspender. Amen. Die Weihe ist damit zu Ende14. Zeigt sie noch zu Be-
ginn des 15. Jahrhunderts eine solche äußerste Schlichtheit, so dürfen wir wohl
annehmen, daß sie auch vorher nicht reicher ausgestaltet war.
Auffallenderweise ist im Rituale des Patriarchen Gabriel der Ritus der Rekon-
ziliation eines Altares, der von Häretikern berührt, oder durch den Unrat von Tieren
beschmutzt und so entweiht worden war, ungleich feierlicher als die Weihe der
Altartafel. Zunächst wird der Altar mit Wasser abgewaschen und werden Gebete
verrichtet. Dann inzensiert der Bischof den Altar, spricht gegen Osten gerichtet
ein Rekonziliationsgebet und bezeichnet schließlich die Mensa, d. i. wohl die Altar-
tafel, an fünf Stellen, oben und an den vier Seiten, mit einem Kreuzchen15. Indessen
haben hier die Abwaschung mit Wasser und der Inzens ersichtlich die Bedeutung
einer Lustration, die durch die Verunreinigung des Altares nötig geworden war. Bei
der Weihe der Altartafel erfolgten beide Zeremonien darum nicht, da ja bei ihr keine
Verunreinigung des Altares zu beseitigen war.
Von der Salbung des Altares ist noch früher als bei dem Patriarchen Gabriel
in dem sog. Brief Petri oder den Kanones des Klemens die Rede18. Die Salbung mit
Myron erscheint in ihnen als das wesentliche Element der Altarweihe; denn sie wird
in ihnen als das Siegel des Herrn bezeichnet, durch das der Altar würdig werde für
die Darbringung des eucharistischen Opfers.
SECHSTES KAPiTEL
DIE SYMBOLIK DES ALTARES
Es erübrigt noch, mit einigen Worten die Symbolik darzulegen,
welche man mit dem Altar schon seit früher Zeit verbunden hat. Wie man
dem Kirchengebäude, den liturgischen Gewändern, dem Altarlinnen, der Altar-
bekleidung und den hl. Gefäßen einen mystischen Sinn unterlegte, so auch
dem Altar, der durch seine Weihe, durch die bei dieser ihm zuteil gewordenen
erhabenen Bestimmung und durch seine Verwendung in der Tat für eine
tiefere symbolische Auffassung den reichsten Untergrund bot. Ihre Parallele
aber findet die Symbolik des Altares seit alters in den mannigfaltigen über-
tragenen Bedeutungen, die man dem Wort altare, &v o laotrj q tov ,
gab. Denn auch bei diesem gesellten sich, und zwar schon in altchristlicher
Zeit, zu dem Realsinn eine reiche Zahl von Nebenbedeutungen, für welche die
gleichen Gesichtspunkte maßgebend waren wie für die Symbolik des Altares.
Die mystischen Deutungen, die dem Altar zuteil wurden, lassen sich in
drei Klassen scheiden, in typologische, tropologische und
anagogische, die typologischen aber sind entweder typisch-dog-
matischer oder typisch-repräsentiver Art.
14 Eus. Renaudot, Liturg. Orient, coli. I, 55. sie über den Beginn des zweiten Jahrtausends
15 Renaudot 1. c. zurückreichen.
" § 27 (W. Riedel, Die Kirchenrechtsquellen ' Vgl. z. B. den Clavis des Pseudo-Melito
des Patriarchats Alexandrien [Leipzig 1900] 54). (Pitra, Analecta III [Paris 1855] 217; Analecta
Das Alter der Kanones ist unsicher. Da aber nova II [Tuscul. 1884] 70), Hrabani Allegoriae
der wohl dem 12. Jahrhundert angehörige in sacram Script. (M. 112, 856), die Allegorien
Nomokanon des Michael von Malig (Oriens des Petrus Capuanus (Pitra 1. c. 217), die Di-
christ. VII [1907] S. 97) bereits den im Text stinctiones monasticae (ebd.), Michael Melden,
angeführten Kanon unter Berufung auf den Expositio in Psalt. Ps. 25 (Inter opp. s. Bona-
Brief Petri als dessen Quelle zitiert, werden vent. I [Lugd. 1668] 97).
der Lebensspender. Amen. Die Weihe ist damit zu Ende14. Zeigt sie noch zu Be-
ginn des 15. Jahrhunderts eine solche äußerste Schlichtheit, so dürfen wir wohl
annehmen, daß sie auch vorher nicht reicher ausgestaltet war.
Auffallenderweise ist im Rituale des Patriarchen Gabriel der Ritus der Rekon-
ziliation eines Altares, der von Häretikern berührt, oder durch den Unrat von Tieren
beschmutzt und so entweiht worden war, ungleich feierlicher als die Weihe der
Altartafel. Zunächst wird der Altar mit Wasser abgewaschen und werden Gebete
verrichtet. Dann inzensiert der Bischof den Altar, spricht gegen Osten gerichtet
ein Rekonziliationsgebet und bezeichnet schließlich die Mensa, d. i. wohl die Altar-
tafel, an fünf Stellen, oben und an den vier Seiten, mit einem Kreuzchen15. Indessen
haben hier die Abwaschung mit Wasser und der Inzens ersichtlich die Bedeutung
einer Lustration, die durch die Verunreinigung des Altares nötig geworden war. Bei
der Weihe der Altartafel erfolgten beide Zeremonien darum nicht, da ja bei ihr keine
Verunreinigung des Altares zu beseitigen war.
Von der Salbung des Altares ist noch früher als bei dem Patriarchen Gabriel
in dem sog. Brief Petri oder den Kanones des Klemens die Rede18. Die Salbung mit
Myron erscheint in ihnen als das wesentliche Element der Altarweihe; denn sie wird
in ihnen als das Siegel des Herrn bezeichnet, durch das der Altar würdig werde für
die Darbringung des eucharistischen Opfers.
SECHSTES KAPiTEL
DIE SYMBOLIK DES ALTARES
Es erübrigt noch, mit einigen Worten die Symbolik darzulegen,
welche man mit dem Altar schon seit früher Zeit verbunden hat. Wie man
dem Kirchengebäude, den liturgischen Gewändern, dem Altarlinnen, der Altar-
bekleidung und den hl. Gefäßen einen mystischen Sinn unterlegte, so auch
dem Altar, der durch seine Weihe, durch die bei dieser ihm zuteil gewordenen
erhabenen Bestimmung und durch seine Verwendung in der Tat für eine
tiefere symbolische Auffassung den reichsten Untergrund bot. Ihre Parallele
aber findet die Symbolik des Altares seit alters in den mannigfaltigen über-
tragenen Bedeutungen, die man dem Wort altare, &v o laotrj q tov ,
gab. Denn auch bei diesem gesellten sich, und zwar schon in altchristlicher
Zeit, zu dem Realsinn eine reiche Zahl von Nebenbedeutungen, für welche die
gleichen Gesichtspunkte maßgebend waren wie für die Symbolik des Altares.
Die mystischen Deutungen, die dem Altar zuteil wurden, lassen sich in
drei Klassen scheiden, in typologische, tropologische und
anagogische, die typologischen aber sind entweder typisch-dog-
matischer oder typisch-repräsentiver Art.
14 Eus. Renaudot, Liturg. Orient, coli. I, 55. sie über den Beginn des zweiten Jahrtausends
15 Renaudot 1. c. zurückreichen.
" § 27 (W. Riedel, Die Kirchenrechtsquellen ' Vgl. z. B. den Clavis des Pseudo-Melito
des Patriarchats Alexandrien [Leipzig 1900] 54). (Pitra, Analecta III [Paris 1855] 217; Analecta
Das Alter der Kanones ist unsicher. Da aber nova II [Tuscul. 1884] 70), Hrabani Allegoriae
der wohl dem 12. Jahrhundert angehörige in sacram Script. (M. 112, 856), die Allegorien
Nomokanon des Michael von Malig (Oriens des Petrus Capuanus (Pitra 1. c. 217), die Di-
christ. VII [1907] S. 97) bereits den im Text stinctiones monasticae (ebd.), Michael Melden,
angeführten Kanon unter Berufung auf den Expositio in Psalt. Ps. 25 (Inter opp. s. Bona-
Brief Petri als dessen Quelle zitiert, werden vent. I [Lugd. 1668] 97).