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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 2): Die Ausstattung des Altars, Antependien, Velen, Leuchterbank, Stufen, Ciborium und Baldachin, Retabel, Reliquien- und Sakramentsaltar, Altarschranken — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2049#0147

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Sechstes Kapitel. Ikonographie der Altarbekleidung 131

den mittelalterlichen Portatilien und Antependien geltend. Auf jenen oft und
in großer Mannigfaltigkeit auftretend, erscheinen die einen wie die andern auf
diesen nur selten und in geringer Zahl.

Sehen wir von den Evangelisten zeichen ab, die uns freilich häufig auf ihnen
begegnen, wenngleich immer bloß in Verbindung mit der Darstellung der Majestas,
der Gottesmutter und des Gotteslammes so kornmeii au.f ihm-n an Symbolen fast
nur noch das Lamm Gottes, die Taube, das Sinnbild des Hl. Geistes und seiner
Gnadenkraft, sowie der Adler, Phönix, Löwe und Pelikan vor, und selbst von diesen
treffen wir bloß das erste häufiger auf ihnen an. Der Darstellung der Einhornjagd,
mit der einige Antependien des ausgehenden 15. und des beginnenden 16. Jahrhunderts
geschmückt sind, ist allerdings meist der ganze Schatz der spätmittelalterlichen
Mariensymbole beigegeben.

Was allegorische Figuren anlangt, so zeigte eine Altarbekleidung, mit
der Paschalis I. die Zenokapelle in S. Prassede begabte, die fünf klugen Jungfrauen,
brennende Fackeln in der Hand haltend56. Auf der Vorsatztafel von Broddetorp im
Museum zu Stockholm erblickt man die Personifikation des Tages (Phöbus) und der
Nacht (Diana), auf der Tafel von Lisbjerg im Nationalmuseum zu Kopenhagen Dar-
stellungen der Tugenden. Selbst die Figuren der Kirche und der Synagoge, die
doch sonst in der mittelalterlichen religiösen Kunst so häufig sind, kommen auf den
Antependien nur einige Male vor, so auf dem Frontale von Sindbjerg und den Fron-
taleresten von Tamdrup im Museum zu Kopenhagen, auf dem Antependium von Sahl"
und auf dem Antependium von Kjnservik im Museum zu Bergen88.

Die Inschriften, die uns auf den mittelalterlichen Antependien be-
gegnen, sind in der Regel erklärenden oder religiösen Charakters, d. h. sie er-
läutern entweder die Darstellungen, mit denen jene ausgestattet sind, oder sie
enthalten eine Anrufung, eine Lobpreisung, eine Mahnung, eine Belehrung
u. ähnl. Beispiele beider Arten von Inschriften wurden bei Beschreibung der
noch vorhandenen alten Antependien wiederholt angeführt. Inschriften histo-
rischer Art, d. h. Inschriften, die uns über die Entstehungszeit eines Antepen-
diums, den Stifter, der es herstellen ließ oder den Künstler, der es schuf, Aus-
kunft geben, kommen minder häufig auf den Antependien vor, die sich aus
dem Mittelalter erhalten haben.

Die Inschrift der gemalten Vorsatztafel in dem Instituto dclle Belle Arti: Anno
Dni millesimo CLXV mense novembris hec tabula facta est, verrät uns das Jahr
ihrer Anfertigung. Das Silberantependium in der Opera del Duomo zu Florenz weist
die Inschrift auf: Anno Domini MCCCLXVI ineeptum fuit hoc opus dessalis (dossalis)
tempore Benedict! Nerozzi de Albertis, Pauli Michaelis de Rondinellis, Bernardi
Domini Chovonis de Chovonibus, officialium deputatorum. Sie nennt uns nicht bloß
das Jahr des Beginnes des herrlichen Werkes, sondern auch die damaligen Vorsteher
der Kaufmannsgilde zu Florenz, welche es herstellen ließ.

Sehr lang ist die historische Inschrift, welche man in silbernen Majuskeln auf
schwarzem Emailgrund am unteren Rahmen der silbernen Altarbekleidung im Dom
zu Pistoja angebracht hat. Sie berichtet, daß dieselbe vollendet wurde zu Ehren des
hl. Apostels Jakobus und zur Erinnerung an den Bischof Hermannus von Pistoja
zur Zeit, da zu Pistoja Dardanus de Acciajuolis als Vikar des Königs Robert von
Anjou schaltete und Simon Franziskus Gaerci sowie Bartholomäus, Herr von Aste
und Lanfranchi Kirchenschöffen waren, im November des Jahres 1316 durch Andreas
Jakobus Ognabene, Goldschmied zu Pistoja, und schließt mit den Dankesworten:
Opere finito referamus gratiam Christo. Qni me fecisti, tibi sit benedictio Christi.

" L. P. n. 435 (Duch. II, 55). " Vgl. oben S. 98 t. iS Vgl. oben S. 114.
 
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