134
Zweiter Abschnitt. Die Altarvelen
die Diener des Neuen Bundes hüten sollen, die denselben von Gott anvertrauten Tu-
genden der Weisheit, Gerechtigkeit, Starkmut und Mäßigung, er spricht also nicht
von einer den Diakonen obliegenden Verhüllung des Altares durch rings um ihn an-
gebrachte Velen, wie man irrtümlich gesagt hat.
Häufig werden die Altarvelen in den Vitae der Päpste: Leo III., Paschalis I.,
Gregor IV., Sergius II., Leo IV., Nikolaus I. und Stephan V. erwähnt», während
im Papstbuche bis dahin auffallenderweise nur wenige genannt werden. Dürfen wir
daraus schließen, daß sie erst um das 9. Jahrhundert zu Rom in ausgedehnterem
Maße gebräuchlich wurden?
Wie weit die Verwendung von Altarvelen im 8. und 9. Jahrhundert im
übrigen Abendlande verbreitet war, wissen wir nicht, da die Quellen darüber
keinen Aufschluß geben. Insbesondere gilt das von den Inventarcn jener Zeit. Wohl
verzeichnen dieselben oft genug neben den andern Paramenten auch cortinae'0 allein
ohne irgendeinen Zusatz, aus dem hervorginge, daß dieselben den Charakter von
Altarvelen hatten. Aus dem Namen cortina allein aber läßt sich dieser nicht er-
schließen, da man unter cortinae allgemein jeden Behang, z. B. auch Wandteppiche,
Türvelen und ähnliches verstand. Immerhin waren Altarvelen zur Karolingerzeit
diesseits der Alpen nichts Unbekanntes. Das zeigt eines der Deckelreliefs sowie eine
Miniatur des Sakramentars Drogos von Metz (f 855) in der Nationalbibliothek zu
Paris (Tafel 144), wenn auch beide Darstellungen im übrigen von Ungenauigkeiten
nicht frei sind".
Aus dem 10.—13. Jahrhundert haben wir nur sehr spärliche Belege für
den Gebrauch von Altarvelen. Insbesondere bleiben auch noch für diese Zeit die
Mitteilungen, welche wir über sie durch die Inventar« erhalten, sehr dürftig. Manche
cortinae, welche in ihnen vermerkt werden, werden ausdrücklich als Vorhänge für
die Wände, das Chorgestühl, als Fasten vorhänge für den Altar und das Kreuz und
ähnliches bezeichnet15. Bei andern fehlt entweder jede Angabe betreffs Ihres Charak-
ters oder es ist doch dieselbe keineswegs deutlich genug, um in den betreffenden
cortinae mit Bestimmtheit Altarvelen erkennen zu lassen. Altarvelen mögen gemeint
sein, wenn es in einem Inventar von Benediktbeuren aus dem 10. Jahrhundert heißt:
3 cortinas, quas Ratoldus presbyter dedit, . . . pendendum et duae circa altare
s. Benedict i", wenn das Verzeichnis der Gegenstände, die Bischof Konrad von Halber-
stadt 1208 aus dem Orient für seine Domkirche mitbrachte, unter anderm erwähnt
corünam egregiam de examito varii coloris circa majus altare1*, oder wenn das Re-
gistrum von Exeter als Gabe des Bischofs Walter (f 1280) notiert 2 pallae novae de
baudekyn. quae ponuntur circa majus altare in dupücibus festis et una in medio
altare cum majestatibus. Diese letzte Palla war wohl ein Antependium mit der
Darstellung der Majestas15.
• Vgl. z. E. L. P. n. 379 38! 385 390 391 409
411 414 416 436 4« 443 451 462 472 493
498 500 506 530 542 5S3 592 612 446 (Duch. II,
8 10 12 14 26 27 29 30 35 57 59 63 75 79 96
108 109 111 122 128 153 158 166 194).
10 Vgl. z. B. die Inventare von Milze (ca. 800):
Cortinae 12 (Schannat, Corpus trad. Fuld.
[Lipsiae 1724] 69); von Marchiennes (9. Jahr-
hundert): Cortinae lineae 4, laneae 4; von Cen-
tula (831): Cortinae 3 (Hariuin Chron. Centul.
1. 3, c. 3 [M. 174, 1258]) und von St-Trond
(870): Cortinas lineas 6, laneas 2 (M. G. SS. X,
230) u. a.
11 Abb. der Miniatur bei Ron. I, TD. 6.
" Vgl. z. B. das Inventar der Kathedrale zu
Salisbury von 1222: Cortinae 2 in choro a
dextra parte et sinistra, cortinae 2 ad crucem
super principale altare, cortinae 2 ad crucem
versus novum ostium a parte australi, cor-
tinae 3 a parte aquilonali ante vestiarium, corti-
nae 2 magnac in corpore ecclesiae etc. (W. H.
Rieh. Jones, Vetus registrum Sarisber. II [Lon-
don 1884] 134) oder das Inventar von St-Mar-
tial zu Limoges von ca. 1230: 5 cortinae mag-
nae, 2 ponuntur in quadragesima ante cruci-
fixum s. Salvatoris, tertia super majus altare,
quarta ante crueifixum s. Crucis, quinta poni-
tur ante ostium chori, altera videlicet sexta
singulis noctibus super majus altare (Bibl. de
l'ficole des Charles le ser. I [1855] 34) u. a.
" N. Arch. XIII (1888) 569.
" Riant (de), Exuviae sacrae Constant. II
(Concvje 1S7G) 33.
" J. N. Dalton, Ordinale Exoniense II (Lon-
don 1909) 547.
Zweiter Abschnitt. Die Altarvelen
die Diener des Neuen Bundes hüten sollen, die denselben von Gott anvertrauten Tu-
genden der Weisheit, Gerechtigkeit, Starkmut und Mäßigung, er spricht also nicht
von einer den Diakonen obliegenden Verhüllung des Altares durch rings um ihn an-
gebrachte Velen, wie man irrtümlich gesagt hat.
Häufig werden die Altarvelen in den Vitae der Päpste: Leo III., Paschalis I.,
Gregor IV., Sergius II., Leo IV., Nikolaus I. und Stephan V. erwähnt», während
im Papstbuche bis dahin auffallenderweise nur wenige genannt werden. Dürfen wir
daraus schließen, daß sie erst um das 9. Jahrhundert zu Rom in ausgedehnterem
Maße gebräuchlich wurden?
Wie weit die Verwendung von Altarvelen im 8. und 9. Jahrhundert im
übrigen Abendlande verbreitet war, wissen wir nicht, da die Quellen darüber
keinen Aufschluß geben. Insbesondere gilt das von den Inventarcn jener Zeit. Wohl
verzeichnen dieselben oft genug neben den andern Paramenten auch cortinae'0 allein
ohne irgendeinen Zusatz, aus dem hervorginge, daß dieselben den Charakter von
Altarvelen hatten. Aus dem Namen cortina allein aber läßt sich dieser nicht er-
schließen, da man unter cortinae allgemein jeden Behang, z. B. auch Wandteppiche,
Türvelen und ähnliches verstand. Immerhin waren Altarvelen zur Karolingerzeit
diesseits der Alpen nichts Unbekanntes. Das zeigt eines der Deckelreliefs sowie eine
Miniatur des Sakramentars Drogos von Metz (f 855) in der Nationalbibliothek zu
Paris (Tafel 144), wenn auch beide Darstellungen im übrigen von Ungenauigkeiten
nicht frei sind".
Aus dem 10.—13. Jahrhundert haben wir nur sehr spärliche Belege für
den Gebrauch von Altarvelen. Insbesondere bleiben auch noch für diese Zeit die
Mitteilungen, welche wir über sie durch die Inventar« erhalten, sehr dürftig. Manche
cortinae, welche in ihnen vermerkt werden, werden ausdrücklich als Vorhänge für
die Wände, das Chorgestühl, als Fasten vorhänge für den Altar und das Kreuz und
ähnliches bezeichnet15. Bei andern fehlt entweder jede Angabe betreffs Ihres Charak-
ters oder es ist doch dieselbe keineswegs deutlich genug, um in den betreffenden
cortinae mit Bestimmtheit Altarvelen erkennen zu lassen. Altarvelen mögen gemeint
sein, wenn es in einem Inventar von Benediktbeuren aus dem 10. Jahrhundert heißt:
3 cortinas, quas Ratoldus presbyter dedit, . . . pendendum et duae circa altare
s. Benedict i", wenn das Verzeichnis der Gegenstände, die Bischof Konrad von Halber-
stadt 1208 aus dem Orient für seine Domkirche mitbrachte, unter anderm erwähnt
corünam egregiam de examito varii coloris circa majus altare1*, oder wenn das Re-
gistrum von Exeter als Gabe des Bischofs Walter (f 1280) notiert 2 pallae novae de
baudekyn. quae ponuntur circa majus altare in dupücibus festis et una in medio
altare cum majestatibus. Diese letzte Palla war wohl ein Antependium mit der
Darstellung der Majestas15.
• Vgl. z. E. L. P. n. 379 38! 385 390 391 409
411 414 416 436 4« 443 451 462 472 493
498 500 506 530 542 5S3 592 612 446 (Duch. II,
8 10 12 14 26 27 29 30 35 57 59 63 75 79 96
108 109 111 122 128 153 158 166 194).
10 Vgl. z. B. die Inventare von Milze (ca. 800):
Cortinae 12 (Schannat, Corpus trad. Fuld.
[Lipsiae 1724] 69); von Marchiennes (9. Jahr-
hundert): Cortinae lineae 4, laneae 4; von Cen-
tula (831): Cortinae 3 (Hariuin Chron. Centul.
1. 3, c. 3 [M. 174, 1258]) und von St-Trond
(870): Cortinas lineas 6, laneas 2 (M. G. SS. X,
230) u. a.
11 Abb. der Miniatur bei Ron. I, TD. 6.
" Vgl. z. B. das Inventar der Kathedrale zu
Salisbury von 1222: Cortinae 2 in choro a
dextra parte et sinistra, cortinae 2 ad crucem
super principale altare, cortinae 2 ad crucem
versus novum ostium a parte australi, cor-
tinae 3 a parte aquilonali ante vestiarium, corti-
nae 2 magnac in corpore ecclesiae etc. (W. H.
Rieh. Jones, Vetus registrum Sarisber. II [Lon-
don 1884] 134) oder das Inventar von St-Mar-
tial zu Limoges von ca. 1230: 5 cortinae mag-
nae, 2 ponuntur in quadragesima ante cruci-
fixum s. Salvatoris, tertia super majus altare,
quarta ante crueifixum s. Crucis, quinta poni-
tur ante ostium chori, altera videlicet sexta
singulis noctibus super majus altare (Bibl. de
l'ficole des Charles le ser. I [1855] 34) u. a.
" N. Arch. XIII (1888) 569.
" Riant (de), Exuviae sacrae Constant. II
(Concvje 1S7G) 33.
" J. N. Dalton, Ordinale Exoniense II (Lon-
don 1909) 547.