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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 2): Die Ausstattung des Altars, Antependien, Velen, Leuchterbank, Stufen, Ciborium und Baldachin, Retabel, Reliquien- und Sakramentsaltar, Altarschranken — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2049#0174

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158 Zweiler Abschnitt. Die Altarvelen

Nur einige Jahre jünger ist das 5 m X 4,5 m große Hungertuch in der Stifts-
kirche zu Vreden. Es setzt sich aus elf Darstellungen zusammen. Die mittlere,
welche die doppelte Höhe der übrigen hat, besteht aus einer Kreuzigungsgruppe, die
zehn anderen, welche sich oben und an den Seiten um dieselbe herum anordnen,
geben das letzte Abendmahl, das Gebet im ölgarten, die Gefangennahme, das Verhör
vor Pilatus, die Geißelung, die Dornenkrönung, die Vorführung (Ecce homo), die
Kreuztragung und die Auferstehung wieder. Die Bilder sind durch dichte Leinen-
streifen getrennt, doch sind die Kreuzungsquadrate dieser Streifen gleichfalls in Filet-
arbeit ausgeführt. Sie enthalten die vier Evangelisten zeichen und sechzehn Wappen.
Unter der Kreuzigungsgruppe des Mittelfeldes ist eine Inschrift angebracht, welche
die Stifterinnen des Tuches und das Jahr seiner Herstellung (1619) nennt13.

Dem Jahre 1622 gehört laut Inschrift das Fastentuch aus der Pfarrkirche zu
Telgte hei Münster an (Tafel 147), das sich jetzt im Museum für Völkerkunde zu Ber-
lin befindet. Es ist 7,20 m X 4,20 m groß und besteht aus fi6 in sechs Reihen an-
geordneten quadratischen Feldern, die zur einen Hälfte aus dichtem Leinen, zur
anderen aus Netzarbeit bestehen und schachbrettartig angeordnet sind. Die in Netz-
werk ausgeführten Felder der vier oberen Reihen weisen Szenen aus dem Leiden
und der Verberrlichung Christi auf, diejenigen der fünften das Lamm Gottes und die
Evangelistensymbole, die der letzten den Sündenfall, vier alttestamentliche Vorbilder
(Arche, Isaaks Opferung, die eherne Schlange und die Kundschafter mit der Traube)
sowie die Widmungsinschriff: Ad passionis saluiiferae memoriam et ecclesiae Telge-
tensis ornamentum Anno Domini MDCXX1II acu pictum. Um das Tuch herum zieht
sich eine dichte, mit einem Spitzchen abgesetzte Borte".

Ein Hungertuch zu Freckenhorst wurde 1628 angefertigt. Es ist 6 m lang und
5 m hoch und besteht aus fünfzehn auf drei Reihen verteilten Feldern, die in der Art
des Vredener Tuches zusammengesetzt sind und Passionsszenen enthalten. Die
mittlere Darstellung der zweiten Reihe Christus am Kreuze mit Maria, Johannes,
Maria Magdalena und zwei Engeln ist. weil Hauptbild, etwas größer als die übrigen.
Auf den Kreuzungsstellen der die Bilder umfassenden Leinenstreifen sind in Filet-
arbeit die "Wappen der 1628 zum Stift gehörenden Kanonissen angebracht, in den
Ecken die Evangelisten Symbole15.

Nur fünf Felder weist ein kleines, bloß 2,59 X 2,10 m großes Fastentuch zu
Beifang bei Werne (Kr. Lüdinghausen) auf, ein großes Mittelfeld mit der Darstellung
des Gekreuzigten und je zwei kleinere Felder zur Rechten und Linken, die von
Strahlen und Engelköpfen umgebende Symbole enthalten (Name Jesu, Name Maria,
fünf Wunden, Lamm Gottes). Auch hier trennen und umgeben breite Streifen von
dichter Leinwand die Felder. Das Tuch trägt das eingestickte Datum 16591'.

Ganz in Netzarbeit hergestellt ist ein nicht datiertes, doch jedenfalls dem
17. Jahrhundert angehörendes Hungertuch von 3,40 m Höhe und 3,32 m Breite zu
Hellefeld bei Arnsberg. Figürliche Darstellungen fehlen auf ihm. Von den zwölf
Feldern, aus denen es gebildet ist, zeigt eines das Lamm Gottes, die übrigen sind mit
Ornament (Vasen, Blumen, Tieren u. a.) gefüllt. Um neun der Felder ziehen sich
Inschriften, ausgenommen diejenige, welche das Lamm Gottes umgibt, Psalmenverse,
welche Fastenstimmung zum Ausdruck bringen. Das Ganze umrahmt eine breite,
mit schönem barocken Pflanzenornament gefüllte, an den beiden Seiten von einer
Inschrift begleitete Borte. Die Inschrift gibt den Hymnus der Matutin des Fasten-
offlemms Ex more docti mystico wieder, ein weiterer Beweis, daß das Tuch ein wirk-
liches Fastenvelum ist'7 (Tafel 147).

'• Schemat. Skizze und teilw. Abb. in Kd. " Abb. in Kd. der Prov- Westf-, Kr. Ltiding-

der Prov. Westf-, Kr. Ahaus 88. hausen 113.

,J Zeitschrift VII (1894) 183 und Kd. der " Abb. in Kd. der Prov. Westf., Kr. Ams-

Prov. Wes«., Kr. Münster Land TU. 113. berg 73. Die beiden voiles de cardme, welche

,s Kd. der Prov. Westf., Kr. Warendorf 114. 1863 zu Mecheln ausgestellt waren (Beschrei-
 
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