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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 2): Die Ausstattung des Altars, Antependien, Velen, Leuchterbank, Stufen, Ciborium und Baldachin, Retabel, Reliquien- und Sakramentsaltar, Altarschranken — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2049#0201

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VIERTER ABSCHNITT

DAS ALTARCIBORIUM UND DER

ALTARBALDACHIN

ERSTES KAPITEL

ALLGEMEINES

I. KIRCHLICHE VORSCHRIFTEN. ZWECK DER ALTARÜBERDACHUNG
Nach dem Caeremonlale episcoporum soll über dem Hochaltar ein Bal-
dachin angebracht werden. Von quadratischer Form, soll er so groß sein,
daß er den Altar und die Altarstufen überdeckt, hinsichtlich der Farbe aber
sich nach der betreffenden liturgischen Tagesfarbe richten. Kein Baldachin
braucht über dem Altar aufgehängt zu werden, wenn über ihm ein festes
Ciborium erbaut ist1.

Daß auch die Seitenalläre und insbesondere der Sakramentsaltar mit einem
Baldachin auszustatten wären, wird weder ausdrücklich gesagt noch irgendwie an-
gedeutet. Wir dürfen also daraus die Folgerung ziehen, daß das Caeremoniale für
diese einen solchen nicht verlangt, auch wenn sie keinen Ciboriumüberbau haben. Eine
allere Entscheidung der Ritenkongregation hat freilich in einem partikulären Dekret
vom 27. Aprü 1697 erklärt, es müßten alle Altäre mit einem Baldachin versehen sein,
und zwar nicht bloß in Kathedral-, sondern in allen Kirchen', doch ist nicht zu er-
sehen, worauf sich diese Antwort gründet. In dem Caeremoniale hat sie jedenfalls
keine Stütze. Ein Dekret der Riten kongregation vom 23. Mai 1846, das jedoch eben-
falls nur eine Partikularentscheidung war, besagt, es müsse über dem Sakraments-
altar ein Baldachin autgehängt werden3, indem es sich dafür auf die Antwort vom
27. April 1697 beruft. Wie es sich übrigens auch mit der Begründung der beiden
Antworten verhält, beide hatten als partikuläre Dekrete keinen allgemeinen verbind-
lichen Charakter. Außerdem aber haben sie, wie die Herausgeber der Decreta
authentica zutreffend anmerken, die Geltung, welche sie allenfalls hatten, nachgerade
durch entgegenstehende Gewohnheit allenthalben verloren'. Denn die Anweisung
des Caeremoniale ging außerhalb Italiens fast gar nicht, in Italien aber, ja selbst zu
Rom, nur in sehr beschränktem Maße in die Praxis über.

Im Mittelalter sind allgemeinverbindliche Vorschriften, über den
Altären oder doch wenigstens über dem Hochaltar ein Ciborium zu errichten
oder einen Baldachin anzubringen, nie erlassen worden, partikularrechtliche
aber nur in sehr geringer Zahl.

Ein Edikt Karls d. Gr. vom Jahre 789 ordnet an, ut super altaria teguria fiant
vel laquearia. Teguria hat hier wohl die gleiche Bedeutung wie im Papsthuche, so daß
also die Verordnung besagt, es solle über den Altären entweder ein Ciborium oder eine

1 L. 1, c. 12, n. 13, 14. * Decret. aulh. 2912.

' Decreta auth. n. 1966. * Decrel. aulh. V, 35.
 
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