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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 2): Die Ausstattung des Altars, Antependien, Velen, Leuchterbank, Stufen, Ciborium und Baldachin, Retabel, Reliquien- und Sakramentsaltar, Altarschranken — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2049#0225

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Zweites Kapitel. Das Ciborium 209

Die frühen mittelalterlichen Pontifikalien enthalten aufler einer WeiheEormel
für das große Ciborium Wsweilen auch eine solche für die Segnung der kleinen
Ciborien, wie wir sie durch das Regensburger Ciborium kennenlernen. Sie heißen
in ihnen ciborium itinerarium, Reiseciborium, d.i. Ciborium für Mitnahme und zum
Gebrauch bei der Messe auf Reisen, und werden in dem Segensgebet als repositorium
sacris usibus praeparatum bezeichnet".

Die Bildwerke des 9. und 10. Jahrhunderts geben wenig Aufschluß über das
Altarciborium. Wahrscheinlich soll der Kuppelbau, der auf der Elfenbein tafel der
Frankfurter Stadibibliothek sich hinter dem Bischof und den ihm assistierenden
Diakonen erhebt, ein solches darstellen5-. Dafl hier der Altar mit der an ihm tätigen
Geistlichkeit seinen Platz vor dem Ciborium erhielt, dürfte im Interesse einer größeren
Durchsichtigkeit der Darstellung geschehen sein. Der Mangel an Perspektive im
Aufbau des Ciboriums erklärt sich zum Teil durch Mangel an Raum, doch war es
dem Künstler auch wohl nicht um perspektivische "Wirkung desselben zu lun. Die
muschelartig gerippte Kuppel ruht auf einem mit einem Akanthusfries reich ge-
schmückten Architrav, der auf vier mit korinthischen Kapitellen versehenen Säulen
liegt. Auf den beiden Ecken des Gebälks steht ein Engel, die Spitze der Kuppel
bekrönt ein von Akanthusblättern gebildeter Knauf.

Eine Miniatur des Sakramentars Drogos von Metz stellt einen Priester dar, der
in einer Kirche vor versammelten Gläubigen die Messe feiert. Altar und Priester
befinden sich unter einem Ciborium, dessen Säulen einen Dreiecksgiebel tragen.
Über dem Dach erhebt sich über Säulchen, die durch Bundbogen verbunden sind,
eine Kuppel, auf deren Scheitel eine Kugel mit lilienförmigcm Aufsatz als Abschluß sitzt.
Von dem Gebalk des Ciboriums hangen Velen herab, deren Enden um die Säulen ge-
schlungen sind, auf denen der Architrav ruht33. Ciborien des gleichen Typus sind
auch auf den E1 feubeinreliefs des Deckels, welche Szenen aus der Messe wieder-
geben, dargestellt, nur daß hier der laterncnarfige Aufsatz infolge Raummangels nicht
vollständig erscheint (Tafel 144). Inwieweit die Phantasie des Künstlers die Miniatur
und die.Reliefs heelnnuflt hat, ist nicht festzustellen, doch dürften diese immerhin
in den Hauptzügen Ciborien wiedergeben, wie sie in der ersten Hälfte des 9. Jahr-
hunderts im Frankenreich entstanden und dem Künstler wohl auch durch eigenen
Augenschein bekannt waren.

Auf den griechischen Bildwerken des 9. und 10. Jahrhunderts begegnen
uns drei Typen von Altarciborien. Bei allen sind die vier Säulen durch Bogen
^erb^mden. Verschieden sind die Typen nur in der Bildung der Decke. Beim
ersten ist zwischen die vier Bogen eine Ilängekuppel eingefügt, die auf der Spitze
ein Kreuz oder einen Knauf als Abschluß hat. Er ist am häufigsten auf den Bild-
werken vertreten. Beim zweiten liegt über den Bogen ein horizontales Gesims
und über diesem als Basis ein vierseitiges Zeltdach. Es kommt am seltensten vor.
Der dritte hat über den Bogen eine flache Decke, von der jedoch ein polygonaler
bald breiterer, bald schmälerer, höherer oder niedrigerer Helm emporwächst.
Tafel llß, 14G, 151 und 369 gehen Minaturen des Menologiums Basilius' II. in der Vaü-
cana wieder, auf denen uns die drei Typen in vortrefflichen Beispielen entgegen-
treten. Auf den berühmten Miniaturen der zwischen 867 und 886 geschriebenen
Sammlung der Homilicn Gregors von Nazianz in der Nationalbibliothek zu Paris
(Ms. grs. 510) begegnet uns nur der erste der drei Typen. Photius bezeichnet das
Dach des Ciboriums in der von Basilius I. (867—886) erbauten Nea zu Konstantinopel
als kegelförmig1'.

" Die Bedeutung von sacris usibus praepa- 4S Abb. in Braun, Die liturgische Gewan-

ralum erhell! aus der Präfation der Dedika- düng 167.
'ionsmesse des Gregorianums, die in den mit- iS ... .. R . . . „

Deprecamur, ut aliare hoe, sanetis usibus, d. i. " Mg. 102, 569: Kai airös ö xtövoetfys xal

für die Feier der Messe, praeparatum. rft &stq TQaxcZy bcattC/atiie • ■ • $(>o<pos-

Braun, Der christliche Altar It. I4
 
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