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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 2): Die Ausstattung des Altars, Antependien, Velen, Leuchterbank, Stufen, Ciborium und Baldachin, Retabel, Reliquien- und Sakramentsaltar, Altarschranken — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2049#0260

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244 Vierter Abschnitt. Das Allarciborium und der Altarbai dach in

einer kleinen Ädikula, einer miniaturartigen Nachahmung des Ciboriums, eine Sta-
tuette. Die Bogen sind mit einem Zackenkamm besetzt. Die am First mit Krabben
geschmückten, von einem mit Blattwerk verzierten Knauf bekrönten Giebel enthol-
ten zwischen flachen rosettenartigen Gebilden das Wappen der Dragomani. An den
Seiten des Ciboriums ist unten zwischen Wand und Säulensockel eine durchbrochene
Schranke eingeschaltet: über dem Steinbalken, der das Kapitell der Pfeiler mit der
ihm entsprechenden Wandkonsole verbindet, sitzt ein kleiner Bogen und über diesem
ein niedriger Giebel. Eingedeckt ist das Ciborium mit zwei spitzbogigen Tonnen.

Der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts mögen die beiden 1S09 mit Hilfe der
noch vorhandenen Reste wiederhergestellten Halbciborien in S. Francesco zu Arezzo
angehören, schlichte, aber ungemein zierliche Bauten. Sie haben ein rundbogiges
Tonnengewölbe, das auf zwei aus der Wand heraustretenden Steinbalken ruht, welche
vorne durch keck aufsteigende, dünne, von Ringen umgebene Säulchenbündel abge-
stützt werden. Bildlicher Schmuck fehlt den beiden Ciborien. Alles Ornament
beschränkt sich auf einen Zackenkamm, welcher die Öffnung des Tonnengewölbes
an der Front umzieht, auf Giebelblumen und auf niedrige Fialen an den Ecken des
Giebels.

Ein Gemisch von gotischen Erinnerungen und Elementen der Frührenaissance
ist ein hübsches Halbciborium an der Wand zur Rechten des Eingangs in S. Chiara
zu Neapel (Tafel 177). Es ist eine Nachbildung der von Donatello und Michelozzo
geschaffenen Grabkapelle des Kardinals Brancacci (f 1427) in S. Angelo a Nilo da-
selbst. Kannelierte, mit korinlhisierenden Kapitellen versehene Säulen tragen es an
der Front, gleichartige Pilasler stützen es an der Wand. Gebälk mit kräftig vor-
tretendem Sims verbindet die Säulen mit dem ihnen entsprechenden Pilaster. Der
von ihm an der Front über den Kapitellen aufsteigende Rundbogen ist mit feinen
Blattfriesen und einem Perlstäbchen belebt, seine Zwickel enthalten ein Wappen-
schild. Den Ecken des Oberbaues des Ciboriums ist ein schmaler Pilaster vorgelegt,
über dem sich das oberhalb des Bogens hinziehende, gebälkartig gegliederte Kranz-
gesims leicht verkröpft. Als Abschluß erhebt sich über dem Sims an der Front
ein gebrochen geschweifter Giebel, der auf dem First Blattkrabben trägt. Das
Giebelfeld enthält in der Mitte ein Rundmedaillon, das eine Halbfigur des ewigen
Vaters umschließt, seitlich je ein beflügeltes Engelsköpfchen. Die Statuetten, die ur-
sprünglich neben und oben auf dem Giebel gestanden haben dürften, sind nicht mehr
vorhanden. Im Innern hat das Ciborium heute ein flaches, gratiges Kreuzgewölbe,
das indessen nicht ursprünglich zu sein scheint. Ein zweites HaUtciborhim befindet
sich an der linken Eingangswand von S. Chiara. Im Aufbau seinem Gegenstück
gleichend, ist es stilistisch jedoch noch gotisch.

Kein förmliches Halbciborium, sondern nur eine Erinnerung an ein solches ist
der der Wand vorgelegte, in der Kehle mit Blattwerk bzw. Ranken, auf dem Rücken
mit Blattkrabbcn besetzte Bogen (Tafel 176), welcher, von freistehender spiralförmig
mit Bändern und Ronkenwerk verzierter Säule aufsteigend, die Altäre der Krypta
von S. Maria Maggiore zu Guardiagrele (Chieti) überspannt.

Ein edles Halbciborium im Stile der reinen Frührenaissance tritt uns auf
Tafel 182 entgegen. Es befindet sich in S. Francesco zu Brescia, das an Altarüber-
bauten dieser Art auffallend reich ist. Stehen doch in seinem rechten Seitenschiff
noch vier weitere der gleichen Art, die freilich ornamental etwas schlichter sind
als das abgebildete. Das Fußende des Schaffes der beiden Säulen, welche vorne
das Ciborium stützen, ist von einem Ring umgeben, der mit recht profanen Relief-
darsleliungen verziert ist, wilden Kämpfen von Meergöttern; oben ist der Schaft mit
reizenden Behängen geschmückt. Das Gebälk, das nicht nur die Säulen mit den der
Wand vorgestellten Pflastern, sondern diese letzteren auch untereinander verbindet,
ist am Fries mit prächtigem Rankenwerk ausgestattet. Der von ihm an der Front
des Ciboriums sich aufschwingende dreigegliederte Archivolt ist mit Perlstäbchen
besetzt. Die Leibung des Bogens ist mit Kassetten belebt, die Rosetten als Füllung
 
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