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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 2): Die Ausstattung des Altars, Antependien, Velen, Leuchterbank, Stufen, Ciborium und Baldachin, Retabel, Reliquien- und Sakramentsaltar, Altarschranken — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2049#0276

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260 Vierter Abschnitt. Das Altarciborhim und der Altarbaldachin

der Laterankirche (Tafel 169). Auf den vier Säulen, welche den Oberhau Stützen,
sitzt ein Gebälk, das unten zwischen den Kapiteilen der Säulen mit einer Art Hänge-
kamm, der sich aus drei zweigeteilten, mit Maßwerk gefüllten Bogen zusammensetzt,
ausgestattet ist. Es trägt einen kastenarligen Aufbau, der an den Ecken mit
Statuettchen und Baldachinchen, an den durch senkrecht verlaufende Leisten in drei
Felder geschiedenen Seiten aber mit Malereien geschmückt ist und mit gebälkartig
gegliedertem Sims abschließt. Über diesem Aufbau erhebt sich auf schlanken vier-
seitigen Pfeilern, die an den Leibungen mit gedrehten Säulchen besetzt und durch
Rundbogen verbunden sind, ein mächtiges Tabernakel, die Reliquienkammer. Seine
Seiten sind mit Giltern verschlossen; über seinen Ecken steigen schlanke Fialen
hoch hinauf; auf dem mit einem kräftigen, aus henasten Rundbogen bestehenden
Hängekamm geschmückten Bogen sitzt ein am First mit liegenden Krabben ver-
zierter, mit einer Kreuzblume endender Giebel. Als Dach hat das Tabernakel eine
vierseitige, auf den Kanten gleichfalls mit Blaltkrahben besetzte Pyramide. Das
Ciborium entstand 1367.

Ein zweites Reliquicnciborium, das vordem die Laterankirche zierte, ist noch
in reichlichen Bruchslücken vorhanden. Es überdachte den Magdalenenaltar der
Basilika. Laut einer Inschrift auf den zur Zeit im Kreuzgang der Kirche geborgenen
Resten war es ein Werk des Meisters Deodatus, jenes römischen Marmorarius, der
auch das Ciborium in S. Maria in Cosmedin schuf. Der zur Aufbewahrung der Re-
liquien der hl. Magdalena dienende, auf vier Säulen ruhende Oberbau bestand auch
hier aus einer vierseitigen tabernakelartigen Kammer mit Fialen über den Ecken,
Giebeln über den Bogen und Pyramiden dach, die reich mit Kosmatenmosaik ausge-
stattet und mit den Wappen der Colonna, Annibali und Gaffari verziert war. Um
seinen Fuß zog sich eine aus Holz gemachte, von besondern Säulen getragene Galerie,
von der herab die Reliquien gezeigt wurden1.

Das Hochaltar ciborium in S. Maria in Trastevere verlor in der zweiten Hälfte
des 19. Jahrhunderts seinen Charakter als Reliquien ciborium. Es hatte über dem
mächtigen Gebälk, das den vier Säulen, Resten eines mittelalterlichen Ciboriums,
auflag, eine Plattform, über deren Mitte sich ein achtseitiger barocker Tempietto.
die Reliquienkammer, erhob. An vier seiner Seiten mit einem Fenster versehen
und von niederem Dreieckgiebel bekrönt, war derselbe an den vier anderen mit
einer Muschelnische belebt. Als Dach hatte er eine achtseitige, auf niedrigem Tam-
bour sitzende Kuppel, die auf der Spitze eine Laterne trug. Ringsum war die Platt-
form von einer Dockenbalustrade abgeschlossen5.

Zwei frühere Reliquienciborien in S. Maria Maggiore lernen wir aus den Abbil-
dungen derselben kennen, die sich in des Paulus de Angelis Basilieae S. Mariae Ma-
joris descriptio3 finden. Das eine stand links vor dem Chor über dem Gregoriusaltar.
Es trug auf seinen vier Säulen eine Plattform, die an der Front so weit über die
vorderen Säulen vortrat, daß sie dort eine Art von Balkon hildete, der von einem
Eisengitter ringsum eingefaßt war. Die über ihr sich erhebende Reliquien kämm er
bestand aus einem kastenartigen, mit Pilastern besetzten vierseitigen Unterbau, einem
an den Ecken mit freistehenden gewundenen Säulchen besetzten Oberbau und
niedrigem, von vierseitiger Laterne bekröntem Zeltdach. Über den Ecken des Ober-
baues saßen Fialen, über dem Gebälk, mit dem oben seine Seiten abschlössen, ein
mit einem Vierpaß und mit Wappen geschmückter, auf den Firsten mit Krabben
verzierter Giebel, eine bloße, das Zelldach verdeckende Kulisse. Das Ciborium, das
die Reliquien der Krippe des Herrn enthielt, war wohl um den Beginn des 14. Jahr-
hunderts entstanden.

1 Onuphrii Panvinü, De praeeipuis urbis
Romae basüicls (Colon. 1584) 151; G. Rohault

de Fleury, Le Latran en moyen-age (Paris ,-„, , , __

1877) 193 343 und pl. IV und XXV. Romae MH' * B und "■
 
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