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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 2): Die Ausstattung des Altars, Antependien, Velen, Leuchterbank, Stufen, Ciborium und Baldachin, Retabel, Reliquien- und Sakramentsaltar, Altarschranken — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2049#0641

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Viertes Kapitel. Die Aufbewahrung des Allerheiligsten auf dem Altare 625

Die Tabernakel im Bargello zu Florenz, im Münchener Nationalmuseum und im
Prager Kunstgewerbemuseum haben ein einfaches Pyramidendach. Bei dem Mün-
chener (Tafel 345), das aus Schloß Tießling stammt, befinden sich die Scharniere des
Türchens heute an der Seite; ursprünglich war dieses jedoch auch hier, wie noch
heute bei den beiden andern sowie bei dem Tabernakel zu Barletta nach unten auf-
klappbar. Das Tabernakel im Bargello (Tafel 344) und im Kunstgewerbemuseum zu
Prag sind Gegenstücke. Auf der Vorderseite weisen sie eine Kreuzigungsdarstellung
auf, rechts die Szene der Frauen am Grabe, links die Figur der thronenden Jung-
frau, umgeben von den Halbfiguren von vier Engeln, auf dem Türchen an der Rück-
seite den hl. Petrus, der bei dem Florentiner Tabernakel die gewöhnliche Apostel-
tracht hat, während er beim Prager in einer mit Gabelkreuz verzierten Kasel
erscheint. Von den vier Flächen des Daches enthalten hei beiden Schreinen drei
die Halbßgur eines Engels in runder Einfassung; die vierte zeigt bei dem Prager
das Bild des stehenden Christus, der von zwei Engein begleitet ist, bei dem Floren-
tiner das des thronenden Erlösers.

Das Tabernakel im Nationalmuseum zu München hat an der Vorder- und Rück-
seite die gleichen Darstellungen wie die beiden anderen, rechts weist es in spitzovaler
Umrahmung die Figur des thronenden Gottmenschen auf, links die der thronenden
Gottesmutter mit dem Jesuskind. In den Zwickeln der Mandorla erblickt man rechts
die Evangelistensymbole, links Brustbilder von Engeln. Die vier Dachflächen ent-
halten je einen stehenden Engel.

"Was die Maßverhältnisse der Tabernakel anlangt, so hat das Floren-
tiner 15K cm im Geviert bei einer Höhe von 30 cm, das Münchener 15 cm im Ge-
viert, bei einer Höhe von 32 cm, das Prager 16 cm im Geviert bei einer Höhe von
32 cm. Auf den Ecken und der Spitze trugen alle drei ursprünglich als Aufsätze
Knäufchen. Bei dem Münchener sind noch über den Ecken die Holzzäpfchen vor-
handen, auf denen dieselben befestigt waren. Die Knäufchen, welche heute die Ecken
und die Spitze des Prager Tabernakels schmücken, sind nicht ursprünglich. Das
Innere ist beim Münchener Tabernakel blau angestrichen, beim Florentiner weiß.
Bei letzterem ist der dem Türchen gegenüber befindlichen Wand in roter Farbe ein
gleicharmiges Kreuzchen aufgemalt*.

Zwei dem 13. und 14. Jahrhundert entstammende Holzschreine, die einst zur
Aufbewahrung des All erheiligsten dienten, befinden sich im Bischöflichen Museum
zu Vieh. Der ältere der beiden ist 22 cm lang, 13*Ä cm tief und 22M cm hoch. Sein
satteldachförmiger, nach den Schmalseiten zu abgewalmter, oben aber abgeplatteter
Deckel trägt in der Mitte einen zapfenförmigen, mit Ringen verzierten Aufsatz von
9 cm Höhe. Der Boden des Schreines liegt über segmentförmigen Ausschnitten, mit
denen alle vier "Wände unten versehen sind, so daß er nicht unmittelbar den Altar
berührte. Das Ornament, mit dem der Schrein vorne und an den Seiten bemalt ist,
besteht aus einer mit schrägen Linien gemusterten Borte, womit alle Kanten ein-
gefaßt sind, aus romanischem Blattwerk und aus Vierpässen mit eingezeichnetem
Schild, welch letztere jedoch nur an der Vorderseite angebracht sind. Der zweite,
etwas jüngere Schrein ist 20H cm breit, 14 cm tief, 22'A cm hoch und mit einfachem
satteldachförmigem Deckel ausgestattet (Tafel 356). Seine Rückseite hat als Schmuck
gestielte weiße Blumenknospen auf rotem Grund. Die beiden Schmalseiten sind durch
Bänder, die sich durchflechten, in abwechselnd graugrün und rot bemalte viereckige

. * Auch in der Sammlung Spitzer befand der Rückseite zu einen Apostel. Rechts stan-
den ein solches Tabernakel; es maß jedoch den unter Rundbogenarkaden zwei weitere
nur 12}^ cm im Geviert, seine Höhe aber be- Apostel; das Dach zeigte über drei Seiten die
lr"g bloß 29 cm. Vorne war in vierpaßför- Halbfigur eines Engels. Das Türchen und die
roiger Umrahmung Maria, darüber auf der Dachfläche der Rückseite waren nur mit Ro-
''orderen Fläche des Zeltdaches der Hl. Geist sehen verziert. Wo das Tabernakel sich heute
Dargestellt. Links sah man unter rundbogigen befindet, kann ich nicht sagen. Abb. in Collec-
£rtaden nach der Vorderseite zu den Engel tion Spitzer I, Orfevrerie relig. n. 21, pl. VII.

anriel, den Boten der Verkündigung, nach
Braun. Der christliche Altar II. 40
 
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