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DAS ORNAMENT / VON HEINRICH
TESSENOW

Das Ornament oder das Ornamentale ist überall ■ aber
es ist um so besser, je weniger wir es wollen, oder ist
uns um so freundlicher, je gleichgültiger wir es behan-
deln ; es ist in unserem Arbeiten etwa das gleiche, was
in unserem Sprechen die Redensarten sind; sie sind
unvermeidlich, werden durch unser Zusammenleben
ganz notwendig herausgebildet, aber wir dürfen sie nicht
wichtig nehmen, oder ihr Witz geht in die Brüche.
Wir werden das Ornament notwendig um so mehr
bilden, je mehr wir die Vorraussetzungen erfüllen, die
ein bestes gemeinschaftliches Leben oder ein bestes ge-
werbliches Arbeiten fordert, zum Beispiel wenn wir iji
der Ordnung, im einfachen Fleiß, in der Hochschätzung
eines Einfach-Notwendigen usw. eine Ziegelsteinmauer
ausführen, so zeigt diese dann notwendig stark das Or-
namentale; aber wir haben es dort gebildet, ohne daß
wir es bilden wollten. Sozusagen : das Ornament über-
strahlt im besten Fall ein männliches Arbeiten mit einem
unwillkürlichen halben Lachen.
Das Ornament äußert auf unserem Lebens- und
Arbeitswege das Müde oder Resignierte, das immer in
uns ist; und so bekämpfen wir das Ornament mit der
gleichen Notwendigkeit, mit der wir alles Halbe oder
Müde, Resignierte oder Zufriedene bekämpfen.
Das Beste am Ornament ist das Abstrakte, das Dumme
oder das Unbegreifliche1. Das Ornament hat — ganz
1 Wir werden in Zeiten sehr reifen Arbeitens Naturmotive,
ornamental verwendet, entweder überhaupt nicht oder nur in
 
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