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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 6.1867

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https://doi.org/10.11588/diglit.7149#0016
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— 60 —

Kaiſer Karl JV. angeordneten Hungersmauer,'' beide ſehr lebens-
volle, nach Cartons photographirte Darſtellungen. Ein großes
Altargemälde, ,,Chriſtus erſcheint den verſammelten Jüngern
und zeigt dem ungläubigen Thomas die Wundmale,'' zeichnet
ſich durch ſeine Charakteriſirung der Apoſtelköpfe aus, ein zwei-
tes Altarbild, ,,St. Martin'' durch kräftigen Vortrag. Vorzugs-
weiſe glücklich iſt Müller in Schilderungen einzelner Figuren
und in mittelgroßen Votivbildern, ,,wie die erſte Kommunion
des heiligen Wenzel,'' Nebenaltarbild zu Treboratic, ,,St. Lud-
milla mit ihrem Enkel vor dem Prieſter knieend'' und deſſen
Gegenſtück ,,Die Rückkehr des heiligen Adalbert nach Böhmen.''
Das letztgenannte Bild, welches den Heiligen darſtellt, wie er
mit ſeinen Begleitern die Höhen des Rieſengebirges überſchrei-
tet und von hier aus die vor ihm in der Tiefe ausgebreiteten
Lande ſegnet, darf unbedingt den bedeutenderen Schöpfungen
der Neuzeit beigezählt werden. Dieſen reihen ſich an: ein
Flügelaltar mit der Figur des ,,heiligen Joſeph,'' im Beſitz
Jhrer Majeſtät der Kaiſerin Maria Anna und ein Votivbild
im Hochaltar zu Roſetſch, ,,Die heilige Anna, umgeben von
St. Simon und Judas Thaddäus;'' ferner das Hauptaltarbild
zu Frauenberg, den ,,heiligen Nepomuk'' darſtellend, dann ,,St.
Aloys und die heilige Jungfrau,'' im Beſitz Jhrer Exc. der
Frau Gräfin Belcredi und mehrere Madonnenbilder, ſämmtlich
in lebensgroßen Figuren ausgeführt.
Die neueſten, erſt vor wenigen Wochen vollendeten Arbeiten
Müller's ſind zwei Altargemälde für die Kirche in Schippin,
von denen das rechtſeitige, ,,St. Joh. Nepomuk in ſeiner Haus-
kapelle betend,'' als das durchgebildetſte erſcheint. Gefühlstiefe
in der Compoſition und beſonders im Ausdruck, ſowie ſorgfäl-
tige Modellirung bilden Müller's Hauptſtärke, er ſteht in die-
ſer Hinſicht würdig ſeinem geiſtigen Freunde Ernſt Deger
zur Seite, und wir wünſchen ihm nur eine St. Apollinariskirche,
um ſich in einem größern Cyklus ausſprechen zu können. Ein
wunderliebliches Figürchen ,,Die heilige Eliſabeth von Thürin-
gen'' ſoll nicht mit Stillſchweigen übergegangen werden: die
Heilige iſt gedacht nach dem geſchehenen Roſenwunder, ſie ſteht
allein unter dem Burgthor, ſie betrachtet die in ihrer Schürze
liegenden Blumen, und zeigt eine ſo rührende Schönheit, daß
man hundertmal auf's Neue dieſem Bildchen ſich zuwenden
muß.

reits über 2000 Exemplare einer und derſelben allegoriſchen
Figur aus Stuck, Gyps oder Zink hervorgegangen ſind*)?
Der einzige Troſt gegenüber ſolcher Fluth von Schlechtem und
Mittelmäſſigen iſt, daß ſie bis zu einem gewiſſen Punkte geſtie-
gen, nothwendig Widerwillen erweken muß — oder doch min-
deſtens Langweile. Jn der That, an gar manchen Orten ſtellt
eine Gegenwirkung ſich bereits ein; die auf Spottwohlfeilheit
geſtützten Reklamen wollen nicht mehr ziehen, man ſieht ſich
nach Künſtlern um, die ächtes Material und tüchtige Arbeit lie-
fern, unbekümmert darum, ob irgend ein Backwaarenhändler
oder Zinkfabrikant oder eine Eiſengieſſerei etwas Aehnliches,
womit Krethi und Plethi ſich gern begnügen würde, um die
Hälfte des Preiſes abzulaſſen ſich erbietet. Namentlich aber
fällt der unverkennbare Aufſchwung, welchen unſere nationale
Architektur wieder nimmt, ſchwer ins Gewicht, da dieſelbe alle
anderen Künſte mit Nothwendigkeit allmählich nach ſich zieht.
Jn einem gothiſchen Bauwerke findet der moderne Allerwelts-
Plunder keine Stätte: die Herren Literaten mögen noch ſo
ſchöne Phraſen über Cultur, Fortſchritt, Zeitbewußtſein, Huma-
nität, Weltanſchauung u. ſ. w. drechſeln, ſo ein kunſtgerechter,
aus dem Marke des germaniſchen Stammes erwachſener Bau
ſtößt all das Schmarotzergewächs, wie immer es auch gleiſſen
und ſich aufblähen mag, unerbittlich von ſich ab. Es gilt da-
her, wie faſt auf allen Gebieten, durch die Marktſchreierei ſich
nicht beirren zu laſſen, vielmehr mit möglichſter Seelenruhe dem
modernen Schwindel entgegenzuarbeiten und an jene Tradition
wieder anzuknüpfen, welche nur deßhalb, Jahrhunderte überſprin-
gend, in unſern Tagen wieder lebendig geworden ſind, weil ſie,
wie in Bezug auf ihren geiſtigen Gehalt, ſo auch in Bezug
auf Geſetzmäſſigkeit, Gediegenheit und techniſche Vollendung
jeder Kritik, jeder Probe Stand halten.
Mögen ſonach alle Diejenigen, welchen es wahrhaft um die
Veredlung der Menſchen durch die Kunſt Ernſt iſt, von der
mechaniſchen Maſſenproduktion ſich abwenden und an dem alten
,,Multum sed non multa' feſthalten! Namentlich aber gilt
dies dann, wenn es ſich um gottesdienſtliche Zwecke handelt.
Reichen in ſolchem Falle die Mittel nicht aus, um Gediegenes
Kunſtgerechtes zu beſchaffen, ſo begnüge man ſich, falls länge-
res Warten nicht möglich iſt, lieber mit blos Zweckentſpre-
chendem, was gar keine künſtleriſche Prätention macht, als daß
man durch irgend ein Schein-Kunſtwerk den unkundigen Sinn
beſticht und in die Jrre leitet.

IIJ. Miscellen.

2. Jeruſalem. Man hat mit dem Baue der großen
Kuppel der Grabkirche nun wirklich begonnen. Die erſte Auf-
gabe war, ein Schutzdach herzuſtellen, damit die gottesdienſtli-
chen Verrichtungen in der Rotunda keine Unterbrechung erlei-
den. Sämmtliche Zimmerleute, welche an dem Schutzdache
unter der Leitung Herrn Eppinger's, des ruſſiſchen Architekten,
arbeiten, ſind Franzoſen, wie denn auch alles Holz dazu aus
Frankreich gekommen iſt. Der Umbau des Hospizes der Jo-
hanniter iſt vollendet. Das neuerbaute Haus der Ausſätzigen
wird eingeweiht werden, ſobald der aus Herrnhut berufene
Hausvater eingetroffen iſt.

IV. Correſpondenz

1) Prag. (Aus der Studienmappe von Rud. Müller.)
Da ſo ſelten etwas aus dem Czechenlande, wenigſtens ſoweit
es die deutſche Kunſt und deutſche Wiſſenſchaft betrifft, in's
übrige Deutſchland dringt, ſo werden Sie es geſtatten, daß ich
einmal auf einen Künſtler hinweiſe, der gar wenig auswärts
bekannt iſt und es doch in ſo hohem Maaße verdient. Jch
meine den Hiſtorienmaler Ru dolph Müller.
Es liegt eine mit Photographien gefüllte Mappe vor mir,
welche eine bunte Reihenfolge von Gemälden theils hiſtoriſchen
Jnhaltes, theils Portraits- und Trachtenbilder ſeiner Hand
enthält, den Früchten einer faſt zwanzigjährigen Thätigkeit. Es
befinden ſich darunter verſchiedene große Kompoſitionen, z. B.
,,Die Grundſteinlegung der karolinenthaler Kirche,' nach einem
im Beſitze des Herrn Cardinals Fürſten von Schwarzenberg
befindlichen, mit fünfzig Bildniſſen ausgeſtatteten Oelgemälde,
ferner ,,Chriſti Gefangennehmung'' und der ,,Bau der durch

Für den christlichen Knstverein sind weiter eingegangen: r. Dee
a as in Kronau ahresbeitrag 1 fl. 15 Xr.; Er. Dec. Bauer in Oden-
heim dto. 1 f1. 15 r.; Hr. Dec. Stratthaus in Stettfeld to.
11. 15 kr.; Er. Kammerer Kuhn in Mingolsheim dto. 1f. 15 r.;
Jr. Pfr. Oberle in Zeutern dto. 1 f. 15 kr.; Hr. Pfr. Sayer in
Leipferdingen dto. 1 A. 15 Xr.; Er. Pfr. Lumpꝑ in Munzingeu dto.
1 f. 15 r.; Er. Kirehsnbanmeister Fosder1e in Karlsruhe dto. 1 f.
15 r.; r. Stadtpfr. Zureich in Staufen to. 1 fl. 15 r. zusammen
11 . 15 kr. Hiezu dis in Nro. 61 verzeichneten 138 fl. ergibt die
Gosammtsumme von 149 fl. 15 Xr.

) Siehe die Deutſche Kunſtzeitung die Dioskuren, 1866 Nr. 43.

Verantwortliche Redaetion: Dr. Stephan Braun. — Druck und Verlag von J. Dilger in Freiburg
 
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