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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 6.1867

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https://doi.org/10.11588/diglit.7149#0041
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Chriſtliche

Kunſtblätter

Organ des chriſtlichen Knnſtvereins der Erzdiöceſe Freiburg.

(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 70.

Domine dlexi decorem domus tuae. Ps. 25, 8.

Oetober 1867.

J. Die diesjährige Pariſer Weltausſtellung und die
kirchliche Kunſt.

die über die Ausſtellungsgegenſtände aufgeſtellten Richter beti-
teln dieſe Arbeit als eine bêtise, d. i. ,,einfältiges Zeug.''
— Man redete und ſchrieb viel von der Pflege, welche die
Franzoſen in neueſter Zeit der kirchlichen Kunſt zukommen laſſen,
hiemit aber bekannten ſie es offen, welchen Begriff ſie von der-
ſelben haben. Wir wiederholen aber, daß dieſes Antipendium
in jeder Hinſicht ausgezeichnet zu nennen iſt und daher wollen
wir es auch etwas genauer beſchreiben.
Es mißt 60'' in die Länge und 30'' in die Höhe und iſt
in ſtreng romaniſchem Style von dem beſonders als Glasmaler
weithin rühmlich bekannten Wiener Künſtler Johann Klein
entworfen. Als Hauptvorſtellung erſcheint im mittleren der
drei Felder Gott Vater, eine höchſt ehrwürdige Geſtalt mit der
dreifachen Krone auf dem Haupte, den bereits geſtorbenen Er-
löſer am Kreuze vor ſich haltend, nebſt dem heiligen Geiſte, in
Geſtalt einer Taube auf der Bruſt des letzteren dargeſtellt; das
Ganze iſt eine Verſinnbildung der heil. Dreifaltigkeit, welcher
man bekanntlich öfter auf alten Gemälden und Skulpturwerken
begegnet. Jn den Kreistheilen des in die Höhe gezogenen, ge-
brochenen Virpaſſes, welcher mit einem reichen Blumenkranze
geziert iſt und als Umrahmung der ganzen Gruppe dient, ſind
die Sinnbilder der vier Evangeliſten angebracht. Eine weitere,
ähnlich reiche Umrahmung auf beiden Längeſeiten bilden zwei
ſchmale Streifen, in welchen ein mit Blüthen und Blumen
prächtig geſchmücktes Rankenwerk von Spruchbändern durchfloch-
ten, mit je drei Vorbildern des Erlöſungswerkes ſich zeigt.
Links oben 1 eine gekrönte ſitzende Jungfrau mit dem Einhorn;
darüber ein Spruchband mit der Jnſchrift: Monoceros formam
figurat Christi. Darunter auf einem andern Bande ſteht ge-
ſchrieben: De sanctissima virgine geniti. 2) Der gekrönte
König David mit der Harfe und der Umſchrift: Publicanus
formam significat Christi. 3) Der Pelikan, welcher die drei
Jungen mit ſeinem eigenen Blute tränkt, und darunter ſtehen
die Worte: Pro hominum salute passi. Zur rechten Seite
aber der Löwe, welcher ſein todtgeborenes Junge anhaucht, um
es wieder ins Leben zu rufen. Darüber die Jnſchrift: Leo
formam figurat Christi und unterhalb: tertia die de wmor-
tuis resuscitati, welche Worte ſich bereits auf das folgende
Bild beziehen, durch welches ein Prophet mit aufgeſchlagenem

Ein Kunſtkenner berichtet über dieſelbe den Vereinen für
chriſtliche Kunſt in Tirol und Vorarlberg: ,,Ein paar Wochen
nach Eröffnung der Ausſtellung fanden ſich kaum zwei Stücke
von nichtdeutſchen Arbeiten, welche an Styltreue unſeren dies-
ſeits des Rheins bereits gewahrten Grundſätzen und Anforde-
rungen zu entſprechen ſich anheiſchig machen könnten. Selbſt
England, welches heute bekanntlich viel im Style leiſten ſoll,
wie man uns oft wiederholt, hatte eine ärmliche Vertretung
eingeſendet, wahrſcheinlich wohl aus dem Grunde, weil es im
vorhinein wußte, daß die Franzoſen denſelben als Sache einer
Partei erklären und daher verwerfen würden. Die von uns
angeſtrebte Richtung iſt mehr als wir glauben, zunächſt auch
eine nationale, es iſt der Streit zwiſchen den deutſchen und
romaniſchen Stämmen. Dieſe uns bewußte Richtung wird aber
endlich doch ſiegen, wie überhaupt das verhältnißmäßig noch
weniger entartete Deutſchthum über die ſchwächlicheren Roma-
nen die Oberhand in dieſer Angelegenheit gewinnen wird. Wie
lange jedoch der Todeskampf der letzteren dauern wird, iſt eine
andere Frage. Selbſt wenn man in Paris keinen andern Nutzen
gewinnen könnte, als die Beſtätigung dieſer Anſicht, ſo hätte
Einer allen Grund, mit dem Ergebniß ſeiner Reiſe dahin zu-
frieden zu ſein. Franzoſen und Jtaliener werden noch lange,
wenn nicht immerfort, Nippſachen in ernſteſten Fragen liefern
und dürften kaum je im Stande ſein, die gehörige Gründlich-
keit und Wiſſenſchaftlichkeit ſich anzueignen, um dieſen ihren
großen Fehler zu verbeſſern. Daher wäre es wahrhaft Schade
um jedes Wort, in einem Streite über chriſtliche Kunſt dieſen
Leuten gegenüber auftreten zu wollen. Eine tröſtliche Aus-
nahme über alles Andere hinaus machte aber unter anderen
deutſchen Leiſtungen das herrliche, gewebte Antipendium des
Herrn Carl Giani in Wien.
Wir glauben ohne Selbſtüberhebung behaupten zu können,
daß es einzig daſtand, zieht man, mit welch immer einer Leiſtung
auf dem Gebiete der Paramentik einen Vergleich. Und doch, es
iſt nicht zu glauben, nicht allein gemeine Leute von den blind-
lings in ihrer Leichtfertigkeit verrannten Franzoſen, ſondern ſelbſt
 
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