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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 6.1867

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https://doi.org/10.11588/diglit.7149#0037
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Chriſtliche

Kunſtblätter

Organ des chriſtlichen Knnſvereins der Erzdiöceſe Freiburg
(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 69.

Domine diloxi docorem domus tuae. Ps. 25, 8.

September 1867.

J. Bur bildlichen Darſtellung des Gerichtes

Die Darſtellungen in den Tympanen der drei
Domthüren zu Mainz.

Die Kunſtgeſchichte des Mainzer Doms hat bis jetzt trotz
ihrer hohen Bedeutung für die Univerſalkunſtgeſchichte eine nur
ſpärliche Bearbeitung gefunden, was ſich zum Theil aus der
Schwierigkeit des zu behandelnden Gegenſtandes erklären läßt,
da dieſes Denkmal den verſchiedenſten Bauperioden angehört,
und die Geſchichte nur Weniges über dasſelbe berichtet. Es
muß deshalb jeder den Mainzer Dom betreffende Beitrag, mag
er auch klein erſcheinen, willkommen ſein. Das Object folgen-
der Erörterung möge die bis jetzt nicht oder falſch gedeutete
Darſtellung in den Bogenfeldern der Eingänge zum Dome vom
Leichhofe (Weſt), Markte (Nord) und Liebfrauplatze, (Südoſt)
her ſein.

Jn den Ecken ſind Figuren angebracht, an den Kleidern als
Biſchöfe erkennbar, vermuthlich nur zur Ausfüllung des Raums.
Jn dem Bogenfelde der Marktthüre, an welcher die bekann-
ten Willigisthüren ſich befinden, ſitzt der Richter Chriſtus, die
Rechte erhoben, mit der Linken das Buch des Lebens haltend;
unter den Füßen des Heilandes krümmt ſich ein Ungehener.
Chriſtus thront in einer von Engeln gehaltenen Mandorla.
Ueber dem Haupte des Heilandes iſt eine Taube angebracht.
Eine Abbildung dieſer Thüre in H. Müller, Beiträge zur
deutſchen Kunſt und Geſchichtskunde; Stieglietz, Altd. Bau-
kunſt. Eine ganz verfehlte Erklärung der Darſtellung an der
Marktthüre gibt Stieglitz, Altdeutſche Baukunſt S. 96, welche
in dieſer merkwürdigen Bildhauerarbeit die Darſtellung der
Dreieinigkeit finden will. Gott den Vater erkennt er in den
zwei Löwen, welche auf den die Bogen tragenden Säulen ruhen.
Eine Correctur dieſer Erklärung gibt ſchon Wetter, Geſchichte
und Beſchreibung des Domes zu Mainz S. 99 Anm.
Alle Beachtung verdient dieſe der erſten Hälfte des 13.
Jahrhunderts angehörige Thüre wegen der noch vorhandenen
deutlichen Reſte ehemaliger Polychromirung. Die eine Säule
iſt von dunkelm Marmor; die andere iſt eine ſchwärzlich an-
getünchte Säule aus Sandſtein, als Erſatz der zerſtörten aus
Marmor.

Jn den genannten drei Bogenfeldern iſt mit mehr oder weni-
ger Genauigkeit das jüngſte Gericht dargeſtellt.
Jm Bogenfelde der Thüre am Eingange vom Liebfrauplatze
her ſitzt der Richter der Lebendigen und Todten, die Rechte er-
hoben ausgeſtreckt, während die Linke auf der Bruſt ruht. Zur
rechten Seite kniet Maria, die Hände zum thronenden Richter
erhoben; ihr gegenüber fleht Johannes der Täufer im Buß-
gewande zu Chriſtus. Maria, die Vertreterin des neuen Bun-
des, dankt dem Richter für die Zuwendung der ewigen Selig-
keit, für ſich wie für die, deren Stelle ſie vertritt; doch iſt
in ihrem Gebete nicht ausgeſchloſſen die Schaar der Sünder,
für welche ſie um ein mildes, wenn gleich gerechtes Urtheil
nachſucht. Auf größern Darſtellungen des Weltgerichts ſtehen
der Gottesmutter die Apoſtel zur Seite. Johannes d. T.,
Repräſentant des alten Teſtaments, weßhalb ihm öfters die Pro-
pheten beigegeben ſind, dankt auch für die, welche im A. T. ihre
Seele retteten, in der Vorhölle verharrten und durch die Auf-
erſtehung in den Himmel eingingen.
Das Tympanum vom Leichhofe her, faſt unbemerkt, weil
nicht frei ſtehend und ſehr hoch, zeigt die der vorigen ähnliche
Darſtellung in halberhabener Arbeit. Der Richter ſteht, ſowie
Maria und Johannes; jene verhüllt, dieſer im härenen Gewande.

Den ſicherſten Anhaltspunkt zur Erklärung dieſer Bildwerke
gibt die Darſtellung an der Jnnenſeite des Chores der Kirche
zu Pfaffen⸗Schwabenheim bei Kreuznach an der Nahe. An der
innern Chorwand laufen unter den hohen Fenſtern Bogenarka-
den in Kleeblattform hin: der mittlere Bogen hinter dem Altare
zeigt im obern Theile gleichfalls eine Darſtellung des jüngſten
Gerichts. Chriſtus ſitzend, mit dem Nimbus, erhebt die Rechte
während er mit der Linken das Buch hält. Rechts ſteht Maria
in deren Nimbus die Worte SCAMARIA zu leſen ſind; zur
Linken ſteht im Bußgewande, eine Palme (Erinnerung an die
Wüſte) haltend, der hl. Johannes, deſſen Nimbus die Worte
8. IOANNE8 BAP. trägt. An den Kapitälen der die
Bogen ſtützenden Säulen ſind Engelchen angebracht, Spruchzettel
haltend, auf einem iſt noch leſerlich: E0O SVM
Die Darſtellung des Weltgerichts an den Gotteshäuſern des
früheren Mittelalters iſt ſehr häufig; ſo auch an dem Freiburger
 
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