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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 6.1867

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https://doi.org/10.11588/diglit.7149#0009
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Chriſtliche

iunſtblätter

Organ des chriſtlichen Knnſtvereins der Erzdiöceſe reiburg.

(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 62.

Domine dlexi decorem domus tuae. Ps. 25, 8.

Februar 1867.

. Das Abendmahl von ſeonardo da Vinci
nebſt einer lithographirten Abbildung von Dr. Hefele.
Ueber das in Kupferſtichen und Lithographien weit ver-
breitete Abendmahl Leonardo's hat der rühmlichſt bekannte Kir-
chenhiſtoriker jüngſt in der Tüb. theol. Ouartalſchrift
Heft J. von 1867 und in Separatabdrücken eine Abhand-
lung veröffentlicht, welche wir unſern Leſern angelegentlich
empfehlen. Durch die beigefügte Abbildung wird jeder in den
Stand geſetzt den geiſtreichen Erörterungen des Herrn Verfaſſers
über die Compoſition dieſes unvergleichlichen Bildes und die
zum Theil neuen Deutungen der einzelnen Figuren zu folgen.
Dem Beſitzer eines Kupferſtiches oder einer Lithographie wird
das ewig ſchöne Bild nach den hier beigebrachten werthvollen
Details ſicher noch lieber werden.
Um das Jntereſſe für die vorſtehende Abhandlung noch
weiter anzuregen geben wir hier einige Mittheilungen aus der
Einleitung.
Die Blüthezeit der chriſtlichen Malerei in Jtalien beginnt
mit Leonardo da Vinei, der ähnlich wie Michelangelo
Maler, Bildhauer und Architekt, beſonders Jngenieur, aber auch
Muſiker und Jmproviſator war; einer der geiſtreichſten und
ſchönſten Männer ſeiner Zeit. Er war i. J. 1452 im Schloſſe
Vinci bei Florenz geboren, beſuchte die Schule des toskaniſchen
Meiſters Andrea Veroccchio, brachte viele Jahre ſeines Lebens
in Mailand zu und malte hier in einem Alter zwiſchen 30 bis
40 Jahren für das Refektorium der Dominikaner in Maria
delle grazie das weitaus berühmteſte aller ſeiner Werke, das hl.
Abendmahl. Man darf ſagen, wie das Buch von der Nach-
folge Chriſti alle andern Schriften des ſeligen Thomas von
Kempen unendlich übertrifft, ähnlich überragt auch das Abendmahl
weitaus alle andern Werke da Vinci's. Selbſt ſeine berühmte
Madonna unter dem Felſen im Louvre zu Paris (L. da Vinci
lebte ſpäter auch in Paris und ſtarb 1519 zu St. Cloud)
muß hiegegen weit zurückſtehen. — Das Abendmahl hat eine
Länge von 28 und eine Höhe von 18 Pariſer Schuhen und
jede der 13 Figuren mißt das anderthalbfache der Lebensgröße.
Es iſt nicht al fresco, ſondern mit Oelfarbe auf die Mauer-
tünche gemalt, denn Leonardo war kein Frennd der Fresco-
ma lerei, weil ſie keine Nachbeſſerung geſtattet, er aber — mit

ſeinen Leiſtungen niemals zufrieden — immer wieder und wie-
der verbeſſern wollte und faſt keines ſeiner Bilder für vollendet
erklärte; auch das bekannte Portrait der Mona Liſa nicht, ob-
gleich Vinci nicht weniger als vier Jahre daran gearbeitet hatte.
Um ſo lieber war ihm die Technik in Oel, weil ſie zu Nach-
beſſerungen die ausgedehnteſte Möglichkeit gab, und zugleich ge-
naueſte Ausführung des Einzelnen ſammt dem Schmucke der
Farbenpracht ermöglichte. Allein dieſe anfänglichen Vortheile
der Ausführung in Oel wurden weit überwogen durch den
Nachtheil, den ſie in der Zukunft brachte. Mit dem allmähligen
Vertrocknen des Oels bekam die Malerei Riſſe, während zu-
gleich die Feuchtigkeit in dem dumpfen, ſchlecht gebauten und
öfter überſchwemmten Lokal Moder an der Wand erzeugte, und
ſo dem Bilde ſehr viel Schaden zuging, nichts davon zu ſagen,
daß auch die tagtägliche Ausdünſtung des Speiſeſaals nachtheilig
wirkte. Schon um die Mitte des 16. Jahrhunderts ſagte darum
ein Reiſender, das Bild ſei ſehr verdorben. — Aber noch un-
endlich mehr verſchuldete die Verkehrtheit der Menſchen. Unter
dem Bild, das zehn Schuh vom Boden abſteht, befand ſich
eine Thüre, die das Refektorium mit den übrigen Kloſterräumen
verband. Dieſe Thüre ſchien nachmals den Mönchen zu klein,
und ſie ließen eine größere durchbrechen, wodurch ein ganzes
Stück des Gemäldes (namentlich die Füße Chriſti) abgeſchlagen
wurde. Andere Theile lösten ſich in Folge des Hämmerns
und Schlagens beim Thürbau von ſelbſt ab. Etwas ſpäter,
i. J. 1726, betrauten die Mönche den Maler Belloti mit
Renovation des Bildes. Er prahlte im Beſitze eines Arcanums
zu ſein, wodurch erloſchene Farben wieder aufgefriſcht würden.
Die Mönche glaubten dem Marktſchreier, und er — über-
malte das Meiſterwerk mit frecher Hand. Weniger bedeutend
war, was ein zweiter, unbekannter, Reſtaurator ſündigte; er
nahm zu ſeinen Uebermalungen nur Waſſerfarben, die ſich leicht
wieder entfernen ließen. Um ſo gründlicher handirte ein dritter
Vandale, der Reſtaurator Mazza i. J. 1770, der ſich nicht
blos Uebermalungen erlaubte, ſondern ſogar manche Stellen
im Original, die ihm nicht behagten, wegſchabte, ja ſelbſt an
den Köpfen manches änderte. Nur drei derſelben, die drei letzten
Köpfe links von Chriſtus und rechts vom Beſchauer (Matthäus,
Thaddäus und Simon), waren von ihm noch nicht in Angriff
 
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