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war die Hoffnung immer noch nicht ganz geschwunden, es möchte sich ein
reicher Kunstfreund oder eine Galerie die ganze Kollektion sichern; damit
wären die sämtlichen Einzelverkäufe, wie vertraglich festgelegt war, in die
Brüche gegangen und der evangelischen Volkskunst eine Bildersammlung von
seltener Einheit erhalten geblieben. Das hat nicht sein sollen. Mit dem
neuen Jahr traten die Käufer in den Besitz ihrer Bilder ein. Ein Rest nur
ist übriggeblieben. Das Beste davon wird voraussichtlich an der Christ-
lichen Kunstausstellung Düsseldorf 1909 zu sehen sein, in dem Saal, der
Bnrnand neben seinen Fachgenossen Gebhardt, Steinhausen, Uhde ein-
geräumt wird.
Aber ob auch die Originale zerstreut werden, die Bilder sind als Ge-
samtheit nicht verloren. Die Originale waren nicht Selbstzweck, sondern
Mittel zum Zweck: zur Herausgabe eines Prachtwerkes, um dessen Zustande-
kommen das Haus Berger-Levrault L Lo. in Nancy und Paris sich ver-
dient gemacht hat. Die ?urubole8 sind eine Tat, auf die der französische
Protestantismus stolz sein darf. Und daß die Subskription auf die 150 Franken
kostende Mappe — ganz abgesehen von den Luxusausgaben von 350 bis
1200 Franken — einen durchschlagenden Erfolg hatte, nötigt uns Hochachtung
ab für das „Volk der Sparer", das Ersparnisse für die Anschaffung solch
kostbarer Dinge macht. Freilich auch in anderen Ländern hat das Werk
Beachtung gefunden. Ziemlich gleichzeitig mit der französischen erschien eine
englische, eine schwedische, eine dänische und eine — deutschkatholische Aus-
gabe, letztere „mit Unterstützung des österreichischen Klerus". Daß die ernst-
haften Unterhandlungen für eine deutschprotestantische Ausgabe sich zer-
schlugen, ist angesichts dieserTatsache um so mehr zubedauern. Nun dürfen aber
die Freunde und Träger evangelischer Echtkunst in unseren Landen ja keine
Chauvinisten sein und um des französischen Textes willen dem Werk die Tür nicht
verschließen, wenn anders der Beutel die Anschaffung erlaubt. Vor allem
sollen Kirchen- und Schulvorstände ermuntert werden, die Mappe zu kaufen;
sie wird für den Unterricht und für Vereinsabende eine Quelle reichster
Anregung werden. Es handelt sich ja nur um zwei Vorreden, die übrigens
des Interessanten genug bieten: wie der gelehrte Pariser Kunsthistoriker
Professor Andre Michel und der katholische Akademiker Vicomte Eugene-
Melchior de Vogüe, gewiß zwei vorurteilsfreie Zeugen, das Werk beurteilen.
Der des Französischen Unkundige überschlage sie; den schlichten Btbeltext
der Gleichnisse kann sich jeder aus den französischen Lettern in seinem lieben
Deutsch herauslesen. Im Grunde genommen: das französische Wort hat
hier seinen besonderen Reiz, es stimmt so wunderbar zu den provenzalischen
und waadtländischen Landschaften und Typen. Und es ist Meister Bur-
nands Muttersprache, so gut deutsch er selber spricht und so liebevolles
Interesse er für deutsche Art, für deutsche Kunst hat. Zweimal innert kurzer
Zeit hat er unfern Rhein bereist und zumal an seinem Untertans, wo das
Land weit wird und die großen Siedelungen der Menschen stehen, die
Zentren alter und junger Kultur, großes Wohlgefallen gefunden. Summa,
 
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