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Material. Mit dem wachsenden Verständnis für Bach-Musik wird die Ein-
reihung der Bach-Kantaten sich am leichtesten zum Brauch einer deutschen
Messe auswachsen.
Sehr beachtenswert scheint mir, daß gerade in einer Diakonissen-Anstalt
(Bad Kreuznach) schon die 4. deutsche Messe in Vorbereitung ist. Gerade
solche Heimstätten christlicher und sozialer Ausbilvung sind geeignet, ganz
im stillen, Bausteine zu dem neuen Werdenden zu liefern. Außer an die
Diakonissen-Anstalten möchte ich an die Theologischen Seminare, Prediger-
Seminare, Missions-Bildungsanstalten, auch an die Lehrer-Seminare
appellieren.
Dieser Gedanke zieht allerdings noch einen weiteren nach sich, der mir
schon lange am Herzen liegt. Ansere musikalische Vorbildung der
Theologen liegt im argen. Professor Or. Wurster-Tübingen ist schon vor
Jahren energisch dafür ein¬
getreten. Wenn ich mich
nicht täusche, ist die Sache
nicht weiter gegangen. Man
hat unsere Lehrer bislang
gezwungen, ohne Rücksicht
auf musikalische Begabung,
sich der Musik zu widmen.
Ich sehe nicht ein, warum
man die Theologen nicht
auch dazu zwingen soll.
Das Mindestmaß: die Kunst,
einen Ehoral zu spielen,
sollte von jedem Theologen
verlangt werden, aus nahe- Aus den Vorzugsdrucken des Kunstworts:
liegenden praktischen Cornelius, Apokalyptische Reiter
Gründen.
Die Einübung deutscher Messen an theologischen Seminaren gibt dem
Ordinarius für Liturgik beste Gelegenheit zu Abungen am Phantom, wenn
ich so kurz sagen darf.
Die neue deutsche Messe muß in unsrem Theologengeschlecht einen
Rhythmus erwecken für das Wesen der „schönen Gottesdienste", für den in
der mu8iLÄ sucra gegebenen gesteigerten Ausdruck der „anbetenden und sich
selbst als Einheit darstellenden Gemeinde".
Ich bin nicht so einseitig, von der bildenden Kunst in unsrer evangelischen
Kirche allzuviel Belebung zu erwarten. Hier handelt es sich mehr nur um
die Äberwindung barbarischer Zustände. Aber mit dem Begriff der deutschen
Messe — mit der Verfeinerung evangelisch-kirchenmusikalischen Lebens haben
wir ein verschleudertes reformatorisches Erbe neu zu erwerben, um es zu
besitzen als eine unsinnliche, im Gegensatz zur bildenden Kunst immaterielle
Macht der Erbauung nnd Anbetung, die gewiß lutherisch ist. Mag man
 
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